Auch ohne Regelung im Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag steht Beschäftigten ein Anspruch auf mindestens 25 % bei Nachtarbeit zu. Das Bundesarbeitsgericht sieht hierin einen angemessenen Ausgleich für die bestehenden Nachteile.

Was ist ein „angemessener“ Ausgleich für Nachtarbeit?

Die gesetzliche Vergütungs-Regelung für Nachtarbeit ist ziemlich unbestimmt formuliert: So ist im Arbeitszeitgesetz lediglich geregelt, dass Nachtarbeit mit einem „angemessenen“ Zuschlag zu bezahlen ist oder eine „angemessene“ Anzahl freier Tage als Ausgleich zu gewähren ist. Nachtarbeit ist dabei die Zeit zwischen 23 Uhr und 6 Uhr.


Was in diesem Sinne angemessen ist, lässt das Gesetz offen. In der Regel finden sich in Tarifverträgen Ausgleichsregelungen für Nachtarbeit mit entsprechenden Zuschlägen oder Ausgleichstagen. Wenn aber keine tariflichen Regelungen bestehen, müssen sich immer wieder die Arbeitsgerichte mit der Frage beschäftigen, was ein angemessener Zuschlag für die Nachtarbeit ist.


Hierzu hat das Bundesarbeitsgericht jetzt klare Vorgaben gemacht: nach einem aktuellen Urteil ist mindestens ein Zuschlag von 25 % bzw. bei Dauernachtarbeit von 30 % in der Regel als angemessen anzusehen.

Gericht nimmt die Belastung durch Nachtarbeit ernst

Geklagt hatte ein LKW-Fahrer, der zwischen 20 Uhr und 6 Uhr Pakete transportiert. Dafür erhielt er während der Zeiten zwischen 21 Uhr und 6 Uhr einen Nachtzuschlag in Höhe von zuletzt 20 %. Das Landesarbeitsgericht Hamburg hatte einen Zuschlag in Höhe von 25 % als angemessen angesehen.


Dies erachtet das Bundesarbeitsgericht aber zumindest für Arbeitnehmer*innen, die Dauernachtarbeit leisten, für nicht ausreichend. Es hat den Arbeitgeber dazu verurteilt, dem Kläger einen Nachtzuschlag von 30 % zu zahlen.


Dies stellt eine deutliche Verbesserung gegenüber der bisherigen Rechtsprechung dar. In der vorhergehenden Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts hierzu aus dem Jahr 2009 wurde für die Branche des Bewachungsgewerbes ein Zuschlag von 12 % für ausreichend und angemessen angesehen.

„In der Regel“ heißt: „es gibt Ausnahmen“ 

Das Urteil stellt keine absolute Grenze für Nachtarbeitszuschläge auf, sondern entscheidet nur den konkreten Einzelfall. Wenn das Bundesarbeitsgericht aber ausdrücklich darauf hinweist, dass einen Zuschlag von 25 % „in der Regel“ für angemessen ansieht, heißt das: wenn Arbeitgeber davon nach unten abweichen wollen, müssen sie das schon gut begründen können. 


Eine solche Abweichung nach unten könnte etwa in Betracht kommen, wenn während der Nachtzeit durch Arbeitsbereitschaft oder Bereitschaftsdienst eine deutlich geringere Belastung entsteht.


Umgekehrt können aber durchaus auch höhere Zuschläge beansprucht werden, wenn die Nachtarbeit mit deutlich erhöhten Belastungen verbunden ist. Ein Beispiel hierfür ist die Dauernachtarbeit, für die das Gericht einen Zuschlag von 30 % als erforderlich ansieht.

Anmerkung der Redaktion

Der wesentliche Punkt der Entscheidung ist dieser: Auch wenn die Angemessenheit des Zuschlags immer eine Einzelfallfrage bleibt, kann sich jede/r Arbeitnehmer*in auf dieses Urteil beziehen und zumindest einen Nachtzuschlag von 25 % einfordern. 


Ob dieser dann rechtlich durchsetzbar ist, sollte dann fachlich geprüft werden, zum Beispiel durch die zuständige Gewerkschaft. Diese hilft auch dabei, den Anspruch gegebenenfalls durchzusetzen.

  • Wichtig: Die Vorgabe des Bundesarbeitsgerichts gilt nur für die Arbeitszeiten während der gesetzlichen Nachtarbeitszeit zwischen 23 Uhr und 6 Uhr.

Zur Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts

Das vollständige Urteil des Bundesarbeitsgerichts kann hier nachgelesen werden.


Weitere interessante Artikel zum Thema Nachtarbeit finden sie hier

Nachts, wenn der Betriebsrat tagt – Zuschläge sind steuerfrei

Anrechenbarkeit von Zahlungen beim Mindestlohn

Landesarbeitsgericht Köln: Auch ohne Nachtarbeit Anspruch auf Nachtzuschläge möglich