

Ver.di-Mitglied streitet um die Weitergabe der Tariferhöhungen und Verzugspauschale
Das war keine gute Nachricht für den Arbeitgeber. Er hatte sich im Jahre 2017 geweigert, die Tariferhöhungen im Öffentlichen Dienst an die Beschäftigten weiterzugeben, obwohl ihnen dies im Rahmen einer sogenannten Gesamtzusage des Arbeitgebers versprochen wurde. Daraufhin klagte eine Arbeitnehmerin mit Hilfe der DGB Rechtsschutz GmbH die Entgelterhöhungen für 12 Monate gerichtlich ein. Zusätzlich forderte sie 12 Schadensersatzpauschalen á 40 Euro.
Nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven vom 13.11.2018 kann sich das Mitglied der Gewerkschaft ver.di nicht nur auf die Lohnnachzahlung, sondern auch auf einen weiteren Betrag in Höhe von 480,00 Euro netto freuen.
Arbeitsgericht widerspricht höchstrichterlicher Entscheidung
Mit dieser Entscheidung des Bremer Gerichts war nicht unbedingt zu rechnen. Denn nachdem nahezu sämtliche Landesarbeitsgerichte die Anwendbarkeit des § 288 Abs. 5 Satz 1 BGB im Arbeitsverhältnis bislang bejaht hatten, entschied der 8. Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG) mit Urteil vom 25.09.2018, dass die Verzugspauschale von 40,00 Euro pro Monat im Arbeitsverhältnis keine Anwendung findet.
DGB Rechtsschutz war erfolgreich
Das ver.di-Mitglied wurde im Verfahren vor dem Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven von Thomas Schlingmann, Rechtsschutzsekretär im Bremer Büro der DGB Rechtsschutz GmbH, vertreten. Er verfolgte das Ziel, dass der Arbeitgeber zur Zahlung der Verzugspauschale verurteilt wird, weiter.
Der Jurist verwies in dem von ihm geführten Verfahren auf den Zweck der Verzugspauschale:
„Die Verzugspauschale ist geeignet, den Druck auf den Schuldner zu erhöhen, Zahlungen pünktlich und vollständig zu erbringen. Dieser Gedanke ist besonders im Arbeitsverhältnis relevant. Die Arbeitnehmer haben ein großes Interesse daran, ihren Lohn pünktlich und vollständig zu erhalten.“
Mit dem Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven hat sich ein weiteres Gericht ausdrücklich gegen die Ansicht des BAG gewandt und entschieden, dass § 288 Abs. 5 BGB auch im Arbeitsverhältnis anzuwenden ist.
Kritik an der Entscheidung des BAG
Die Entscheidung des BAG wurde von Arbeitnehmern und Gewerkschaften heftig kritisiert. Denn die Verweigerung des Kostenerstattungsanspruchs sei in Fällen der verspäteten Lohnzahlung nicht akzeptabel.
Es ist zwar richtig, dass die Parteien eines Rechtsstreits im Arbeitsrecht erstinstanzlich keine Erstattung ihrer Rechtsverfolgungskosten verlangen können, jedoch geht es darum, dass Arbeitnehmer im Verzugsfall wenigstens die Entschädigung erhalten. Die Verzugspauschale stellt eine pauschale Entschädigung des Gläubigers für seine internen Betreibungs- und Mahnkosten dar. Ansonsten gibt es für säumige Arbeitgeber nur wenig Sanktionsmöglichkeiten, da der Zinsanspruch aufgrund der geringen Höhe zu vernachlässigen ist.
Des Weiteren ist von den Arbeitsgerichten zu berücksichtigen, dass der deutsche Gesetzgeber bei der Umsetzung der europäischen Zahlungsverzugsrichtlinie bewusst die Anwendbarkeit der Verzugspauschale auch auf Ansprüche des Verbrauchers gegen Unternehmer erweitert hat. Hauptanwendungsfall für Ansprüche eines Verbrauchers gegen einen Unternehmer ist der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers gegen seinen Arbeitgeber.
Die Durchsetzung der Verzugspauschale bleibt das Ziel
Die Auffassung, dass auch Arbeitnehmer*innen die Verzugspauschale gegen einen säumigen Arbeitgeber beanspruchen können, wurde bisher mehrheitlich auch von den erstinstanzlichen Gerichten vertreten. Die Arbeitsgerichte in Dortmund und Bremen haben sich von der Entscheidung des BAG nicht beirren lassen. Es bleibt zu hoffen, dass weitere erstinstanzliche Arbeitsgerichte diesem Beispiel folgen. Denn was gestern richtig war, kann heute nicht falsch sein.
Im Übrigen ist es nicht ausgeschlossen, dass andere Senate des BAG von der Rechtsprechung des 8. Senats abweichen und deshalb den Großen Senat anrufen werden.
Die schriftliche Begründung der Entscheidung des Arbeitsgerichts Bremen-Bremerhaven liegt noch nicht vor. Über den weiteren Verlauf der Sache werden wir berichten, da davon auszugehen ist, dass der Arbeitgeber Berufung einlegen wird.
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