Übernimmt der entleihende Betrieb einen Leiharbeiter in ein reguläres Arbeitsverhältnis, so wird die Zeit der Beschäftigung als Leiharbeitnehmer nicht auf die Wartefrist des KSchG angerechnet. Das LAG Niedersachsen stützt seine Entscheidung auch auf die sich durch die Übernahme wandelnden Perspektiven der Beteiligten.

Der Fall:

Ein Fertigungsplaner war zunächst über ein Jahr von einem Leiharbeitsunternehmen (Personal-Service) verliehen worden. Als der entleihende Betrieb ihn direkt im Anschluss in ein reguläres Arbeitsverhältnis übernahm, setzte dieser ihn weiterhin auf genau demselben Arbeitsplatz ein.
Vor Ablauf der mit dem (neuen) Arbeitgeber vereinbarten Probezeit wurde ihm trotz des Widerspruchs des Betriebsrats gekündigt. Der Fertigungsgplaner wehrte sich mit einer Kündigungsschutzklage.
Er argumentiert, dass das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) ohne Weiteres anwendbar sei. Insbesondere sei die sechsmonatige Wartefrist nach § 1 Abs. 1 KSchG erfüllt, denn tatsächlich habe er viel länger bei der Firma gearbeitet.
Die vorgeschaltete Beschäftigung als Leiharbeiter sei de facto die Probezeit gewesen. Auch habe er während dieser Vorbeschäftigungszeit ein günstiges Zwischenzeugnis erhalten.

Die Entscheidung:

Die Richter des Landesarbeitsgerichts (LAG) Niedersachsen entschieden zu Ungunsten des Arbeitnehmers.

Vor allem zwei Erwägungen sollen dieses Ergebnis stützen:

  • Der Wortlaut von § 1 Abs.1 Satz 1 KSchG: »…dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb (...) länger als sechs Monate bestanden hat«
  • Der Entleiher lerne den Arbeitnehmer zunächst nur aus der Perspektive eines Kunden kennen und erst ab der Übernahme als eigenen Mitarbeiter.

Mit der Übernahme werde die Zusammenarbeit dann aber auf eine völlig neue Grundlage gestellt. Daher beginne die die sechsmonatige Wartefrist nach § 1 Abs. 1 KSchG im Verhältnis zum (neuen) Vertragsarbeitgeber erst zu diesem Zeitpunkt.

Lesetipp der Online-Redaktion:

»Leiharbeit und kein Ende« von Andreas Priebe und Nadine Zeibig in »Arbeitsrecht im Betrieb (AiB)« Ausgabe 5/2013, S. 281 - 285

 


Das Urteil des LAG Niedersachsen vom 05.04.2013, 12 Sa 50/13