

Nach den Bestimmungen des Arbeitsgerichtsgesetzes sind Verfahren in Rechtsstreitigkeiten über das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses vorrangig zu erledigen.
Wegen des Verdachts, eine Straftat begangen zu haben, wurde einem Arbeitnehmer 2018 fristlos gekündigt. Hintergrund dieser Kündigung war die Dieselaffäre. Dem Arbeitnehmer wurde vorgeworfen, an der Implantierung der Manipulationssoftware mitgewirkt zu haben. Gegen die Kündigung erhob der Arbeitnehmer beim Arbeitsgericht Braunschweig
Kündigungsschutzklage. Im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens beantragte die Beklagte die Aussetzung des Verfahrens bis zur Entscheidung über das ebenfalls
anhängige Strafverfahren. Sie begründete die damit, dass das Arbeitsverhältnis zwischenzeitlich durch den Renteneintritt des Arbeitnehmers beendet worden sei.
Arbeitsgericht gibt Aussetzungsantrag nicht statt
Das Arbeitsgericht Braunschweig wies den Aussetzungsantrag zurück. Nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts stehe der Aussetzung die besonderen Prozessförderungspflichten in einem Kündigungsverfahren entgegen. Gegen diese Entscheidung legte die Arbeitgeberin sofortige Beschwerde beim Landesarbeitsgericht (LAG) Niedersachsen ein.
LAG bejaht Aussetzung des Kündigungsverfahrens
Das LAG kippte die Entscheidung des Braunschweiger Arbeitsgerichts und gab dem Aussetzungsantrag der Beklagten statt. Die Voraussetzungen für eine Aussetzung seien
gegeben. Dies, so die Richter*innen des Beschwerdegerichts, ergebe sich aus der Zivilprozessprozessordnung, wonach die Aussetzung eines Verfahrens dann möglich sei, wenn der Verdacht einer Straftat bestehe. Die gesetzlich vorgesehene besondere Prozessförderung im Kündigungsschutzverfahren könne im vorliegenden Fall außer Betracht bleiben.
Es sei zu auch beachten, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien inzwischen durch den Renteneintritt des Arbeitnehmers geendet habe. Wenn nur über den Bestand des Arbeitsverhältnisses in der Vergangenheit gestritten werde, so bestehe kein Anlass zur Annahme einer besonderen Beschleunigungspflicht.
Rechtsbeschwerde möglich
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung entscheidungserheblicher Rechtsfragen ließ das LAG die Rechtsbeschwerde zum Bundesarbeitsgericht zu. Es ist zu hoffen, dass der Kläger die fragwürdige Entscheidung des LAG überprüfen lässt. Denn es ist nicht ersichtlich, warum gegen eine Kündigung klagende Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis wegen Renteneintritts beendet wurde, keinen Anspruch darauf haben sollen, dass zeitnah über die ihnen ausgesprochene Kündigung entschieden wird.
Hier finden Sie den Beschluss des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen vom 24.9.2020 - 10 Ta 114/20