Fristlose Kündigung wegen Mitnahme des Bürostuhls ins Homeoffice. © Adobe-Stock - Von Joerg Sabel
Fristlose Kündigung wegen Mitnahme des Bürostuhls ins Homeoffice. © Adobe-Stock - Von Joerg Sabel

Die Klägerin ist seit dem Jahr 2008 beim Erzbistum Köln als Justitiarin und Leiterin der Stabsabteilung Recht beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden beamtenrechtliche Regelungen Anwendung.

Mit ihrer Klage wendet sich die Klägerin gegen die Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses unter anderem durch eine außerordentliche Kündigung vom 22. Juli 2021. Das Erzbistum Köln, dem der seit Monaten in einer "geistlichen Auszeit" weilende Erzbischof Rainer Maria Woelki vorsteht, begründet die Kündigung mit der rechtswidrigen Mitnahme eines Bürostuhls.

Mitnahme eines Bürostuhls für das Homeoffice begründet keine Kündigung

Zu der Mitnahme des Bürostuhls in das Homeoffice der Klägerin erklärte der Anwalt des Erzbistums in der im Jahr 2020 durchgeführten Güteverhandlung, dass es bei dem Bürostuhl um einen "Gegenstand von durchaus erheblichem Wert" gehe und die Mitnahme somit "illegal" gewesen sei. Um die "Rechtswidrigkeit" deutlich zu machen, erklärte er des Weiteren: Es gibt keinen einzigen Bürostuhl, der in Corona-Zeiten mit nach Hause genommen werden durfte." Überdies habe sich die Klägerin kurz danach krank gemeldet. Diese schon als seltsam anmutende Begründung für eine fristlose Kündigung vermochte nicht zu verfangen, weshalb es nicht verwundern kann, dass die Kölner Richter*innen die der Klägerin ausgesprochene Kündigung für unwirksam erachteten. In ihrer Entscheidung vom 18. Januar 2022 kamen die Kölner Arbeitsrichter*innen zu dem Ergebnis, dass die unabgesprochene Mitnahme von Eigentum des Arbeitgebers zwar grundsätzlich eine Pflichtverletzung darstelle, die an sich eine Kündigung begründen könne. Im konkreten Fall reiche jedoch die Mitnahme des Bürostuhls nicht aus, um die außerordentliche Kündigung zu begründen. Dies ergebe sich schon daraus, da das Erzbistum kurz vor Ostern 2020 der Tätigkeit im Homeoffice generell Vorrang vor der Präsenztätigkeit eingeräumt, jedoch der Klägerin die dafür notwendige Ausstattung nicht zur Verfügung gestellt habe.

Erzbistum unternimmt zweiten Anlauf, um sich von der Klägerin zu trennen

Offenkundig um sicher zu gehen sich von der Klägerin trennen zu können, machte das Kölner Erzbistum Gebrauch von der Anwendung der arbeitsvertraglich vereinbarten beamtenrechtlichen Regelungen, die u.a. die "Versetzung in den Ruhestand" von Arbeitnehmer*innen der Diözese ermöglichen.

Versetzung in den Ruhestand unwirksam

Mit der Begründung, dass die Klägerin dauerhaft dienstunfähig sei, wurde sie am 28. Juli 2021, also nur sechs Tage nach Ausspruch der außerordentlichen Kündigung, in den Ruhestand versetzt. Aber auch dieser Versuch, sich der Klägerin zu entledigen, scheiterte. Denn die dafür notwendige Prognose, so das Gericht, dass die Klägerin ihre Dienstfähigkeit auch in den nächsten sechs Monaten nicht wiedererlangen werde, sei nicht schon allein aufgrund der vertrauensärztlichen Stellungnahme vom Januar 2021 und der seither fortdauernden Dienstunfähigkeit gerechtfertigt gewesen.

Schadensersatzklage der Klägerin abgewiesen

Wegen unzureichender Schulung und Supervision in Zusammenhang mit der Aufarbeitung von Missbrauchsfällen, verlangte die Klägerin Schmerzensgeld von mindestens 50.000 Euro. Sie begründete dies damit, dass das Erzbistum seiner Fürsorgepflicht als Arbeitgeber ihr gegenüber nicht hinreichend nachgekommen sei.

Dieser Argumentation Klägerin folgte das Arbeitsgericht nicht. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle notwendig gewesen sei und die damit verbundenen Belastungen für die betrauten Arbeitnehmer unvermeidbar. Der Klägerin als Leiterin der Stabsabteilung Recht sei es zumutbar gewesen, selbst um für sie notwendige Unterstützung durch das Erzbistum nachzusuchen.

Gegen das Urteil kann Berufung beim Landesarbeitsgericht Köln eingelegt werden.

Hier finden Sie die Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Köln:

 

 

Rechtliche Grundlagen