Hans-Martin Wischnath
Hans-Martin Wischnath

„Arbeitgeber dürfen Weihnachtsgeld-Zahlungen nicht von einem ungekündigten Arbeitsverhältnis am Jahresende abhängig machen. Das gilt nach einer aktuellen Entscheidung des BAG zumindest für sog. Sonderzahlungen mit Mischcharakter“.

 

Mit der vorweihnachtlichen Entscheidung stellte das BAG, unter Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen, klar, dass Stichtagsregelungen mit Mischcharakter unzulässig sind und sprach dem Kläger, der sein Arbeitsverhältnis zum 30. September 2010 kündigte, die anteilige Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2010 zu.

Eine Gratifikation, so das BAG, die sowohl die Betriebstreue des Arbeitnehmers belohnen als auch die im Laufe des Jahres geleistete Arbeit vergüten soll, kann nicht vom Bestand des Arbeitsverhältnisses am Jahresende abhängig gemacht werden. Eine solche Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen benachteiligt unterjährig ausscheidende Arbeitnehmer unangemessen und ist unwirksam. Betroffene Arbeitnehmer haben daher einen Anspruch auf anteilige Zahlung.

Sachverhalt:

Seit 2006 war der Kläger bei der Beklagten als Controller beschäftigt. Alljährlich erhielt er mit dem Novembergehalt eine Sonderzahlung in Höhe eines Monatsgehalts. Bis 2006 wurde diese Sonderzahlung als "Gratifikation" und ab 2007 als "Weihnachtsgratifikation" bezeichnet. Im Herbst eines jeden Jahres gab die Beklagte ein Schreiben mit den sog. "Richtlinien" für die Sonderzahlung an alle Beschäftigten bekannt. In dem Schreiben für das Jahr 2010 maßgebenden Schreiben war u.a. geregelt, dassdie Zahlung an Verlagsangehörige erfolgt, die sich am 31.12.2010 in einem ungekündigten Arbeitsverhältnis befinden, Verlagsangehörige für jeden Kalendermonat mit einer bezahlten Arbeitsleistung 1/12 des Bruttomonatsgehalts bekommen und im Lauf des Jahres eintretende Arbeitnehmer die Sonderzahlung anteilig erhalten. Nachdem der Kläger das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2010 kündigte verlangte er von der Beklagten die anteilige Weihnachtsgratifikation für das Jahr 2010. Arbeitsgericht und LAG wiesen die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Revision des Klägers hatte vor dem BAG Erfolg.

Gründe:

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der anteiligen Weihnachtsgratifikation, bei der es sich um eine sog. Sonderzahlung mit Mischcharakter handelte. Die Zahlung der sog. Sonderzahlung sollte nach den “Richtlinien“ einerseits den Arbeitnehmer über das Jahresende hinaus an das Unternehmen binden und damit die Betriebstreue belohnen, andererseits sollte sie aber zugleich Vergütung für die im Laufe des Jahres geleistete Arbeit sein. In solchen Fällen sind Stichtagsregelungen nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, da die Klausel den Kläger unangemessen benachteiligt. Die Klausel steht im Widerspruch zum Grundgedanken des § 611 Abs. 1 BGB, weil sie dem Arbeitnehmer bereits erarbeiteten Lohn vorenthält. Nach den „Richtlinien“ wurde der Vergütungsanspruch monatlich anteilig erworben. Anhaltspunkte dafür, dass die Sonderzahlung in erster Linie Gegenleistung für Zeiten nach dem Ausscheiden des Klägers oder für besondere - vom Kläger nicht erbrachte - Arbeitsleistungen sein sollte, sind nicht ersichtlich.

 

 

Hans-Martin Wischnath