Ob eine Änderungskündigung mangels Beteiligung des Betriebsrats unwirksam ist, hängt davon ab, ob diese nicht bereits "überflüssig" ist, weil die damit beabsichtigte Arbeitszeitänderung bereits durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt wird.

Welcher Sachverhalt lag dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts zu Grunde?


Die Klägerin, die Ersatzmitglied im Betriebsrat ist, war im Möbelhaus der Beklagten als Verkäuferin beschäftigt und in der zentral organisierten "Preisauszeichnung" eingesetzt. In einer zwischen den Parteien vereinbarten "Arbeitszeitänderung" waren als Arbeitstage Montag bis Freitag aufgeführt.

Die Beklagte beschloss die Preisauszeichnung zu dezentralisieren; sie kündigte daher das Arbeitsverhältnis der Klägerin außerordentlich und bot ihr eine Fortsetzung im Verkauf an. Diese nahm das Änderungsangebot unter Vorbehalt an.

Die Klägerin meint, die Änderungskündigung sei wegen nicht ordnungsgemäßer Anhörung des Betriebsrats unwirksam. Diesem sei nicht mitgeteilt worden, dass sie im Verkaufsbereich nun an sechs Tagen unter Einschluss des Samstags tätig werden solle. Auch für eine solche Änderung der Lage der Arbeitszeit habe es einer Änderungskündigung bedurft.

Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?


Das BAG hat die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das LAG zurück verwiesen.  

Das LAG durfte die außerordentliche Änderungskündigung nicht nach § 102 Abs. 1 Satz 3 BetrVG für unwirksam halten. Denn es steht nicht fest, ob es überhaupt einer Anhörung des Betriebsrats bedurfte. Das wäre nicht der Fall, wenn die Versetzung mit geänderten Arbeitszeiten schon ohne Änderungskündigung per Direktionsrecht vorgenommen werden konnte, die Änderungskündigung demnach "überflüssig" war.

Für die Tätigkeitszuweisung selbst bedurfte es keiner Änderungskündigung. Im Streit steht jedoch, ob die Verteilung der wöchentlichen Arbeitszeit vertraglich vereinbart wurde. Das LAG hat dahinstehen lassen, ob die Vereinbarung in der "Arbeitszeitänderung" Vertragsbestandteil geworden ist.

Sollte das LAG zu dem Ergebnis kommen, es habe für die Änderung der Lage der Arbeitszeit einer Änderungskündigung bedurft, folgt eine Unwirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung, anders als es angenommen hat, nicht aus einem Verstoß gegen § 102 Abs. 1 BetrVG. Denn der Betriebsrat war über die Tätigkeitsänderung unterrichtet; damit verbundene Einsatzzeiten mussten ihm nicht ausdrücklich mitgeteilt werden.

Hätte es einer Änderungskündigung bedurft, wird das LAG dagegen prüfen müssen, ob diese wegen § 15 Abs. 1 KSchG unwirksam war, weil die Zustimmung des Betriebsrats nach § 103 BetrVG nicht vorgelegen hat. Das kommt deshalb in Betracht, weil die Klägerin Ersatzmitglied des Betriebsrats und bei Kündigungszugang möglicherweise gemäß § 25 Abs. 1 Satz 2 BetrVG nachgerückt war.

War die Änderungskündigung erforderlich und nicht schon "aus einem anderen Grund" i.S.v. § 4 Satz 2 KSchG unwirksam, wird das LAG prüfen müssen, ob die Änderung der bisherigen Vertragsbestimmungen wegen eines wichtigen Grundes i.S.v. § 626 Abs. 1 BGB berechtigt ist. Es hat dies bislang nicht geprüft.

Auswirkungen der Entscheidung auf die Praxis:

Der Arbeitgeber kann wesentliche Bedingungen des Arbeitsverhältnisses festlegen, ihm steht das sogenannte Weisungsrecht zu. Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung kann der Arbeitgeber bestimmen oder ändern – es sei denn: diese Punkte sind im Arbeitsvertrag fest vereinbart. Ist dies so und der Arbeitgeber will dann diesen Punkt ändern, so muss er eine Änderungskündigung aussprechen.

Vorliegend hat der Arbeitgeber den Arbeitsbereich und die Arbeitszeiten mittels einer Änderungskündigung geändert.
Das Arbeitsgericht und das Landesarbeitsgericht hatten der Änderungsschutzklage stattgegeben wegen angeblicher Verstöße gegen Beteiligungsrechte des Betriebsrates.

Die Instanzgerichte hätten aber – so das BAG – erst einmal klären müssen, ob zu den geänderten Arbeitsbedingungen Regelungen im Arbeitsvertrag enthalten waren. Nur dann wäre eine Änderungskündigung überhaupt erforderlich gewesen. Wären die Bedingungen nicht ausdrücklich geregelt, so hätte der Arbeitgeber mittels Direktionsrecht einseitig Arbeitszeit und Arbeitsbereich ändern können. Eine Änderungsschutzklage hiergegen wäre unbegründet.

Nur wenn eine Änderungskündigung erforderlich ist, werden auch die Beteiligungsrechte des Betriebsrates wie Anhörungspflicht und – im Falle von Betriebsratsmitgliedern – Zustimmungspflicht aktiv.

Es ist daher stets zu prüfen, was konkret zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber im Arbeitsvertrag geregelt ist. Je detaillierter die dortigen Vereinbarungen sind, desto schwieriger ist es für den Arbeitgeber einseitig eine Änderung durchzusetzen.

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 19.07.2012, 2 AZR 25/11