Mit Hilfe von Rechtsschutzsekretärin Mine Takkaci-Gros von der DGB Rechtsschutz GmbH Büro Koblenz konnte ein Kollege seinen Anspruch auf eine Sozialplanabfindung in Höhe von 14.780,19 € vor dem Arbeitsgericht Koblenz durchsetzen.

Sozialplan nach Beschluss, den Geschäftsbetrieb einzustellen

Sowohl der Kollege als auch sein Sohn arbeiteten bei einer Arbeitgeberin, die beschloss, den Geschäftsbetrieb zum 30.04 2016 endgültig einzustellen. Am 09.12.2015 vereinbarten der Betriebsrat und die Arbeitgeberin einen Sozialplan. Danach sollten auch diejenigen Arbeitnehmer*innen eine Abfindung erhalten, die „ … aufgrund des angekündigten Arbeitsplatzverlustes …“ selbst kündigen „…um ein neues Arbeitsverhältnis aufzunehmen …“

Information durch den Betriebsrat

Am 14.10.2015 informierte der Betriebsrat die Belegschaft darüber, dass die Arbeitgeberin den Betrieb schließen und alle Mitarbeiter*innen entlassen werde. Noch am selben Tag schickte der Kollege eine E-Mail an einen früheren Arbeitgeber. Darin berichtete der Kollege von der geplanten Betriebsschließung und erkundigte sich nach einer Beschäftigungsmöglichkeit.

Eigenkündigung des Kollegen

Am 23.10.2015 kündigte die Arbeitgeberin dem Sohn des Kollegen innerhalb der Probezeit. Fünf Tage später kündigte der Kollege sein Arbeitsverhältnis. Danach arbeitete er dann aufgrund eines Arbeitsvertrages vom 22.10.2015 bei seinem früheren Arbeitgeber.

Argumentation der beklagten Arbeitgeberin

Nach Auffassung der beklagten Arbeitgeberin sei der Grund für die Kündigung des Kollegen nicht die geplante Stilllegung des Betriebs, sondern der Ärger des Kollegen darüber, dass sein Sohn eine Kündigung erhalten hatte.
Außerdem habe der Kollege nicht gekündigt, um ein neues Arbeitsverhältnis aufzunehmen. Schließlich sei die E-Mail vom 14.10.2015 keine vollständige Bewerbung.
Darüber hinaus sei fraglich, ob ein eventueller Arbeitsvertrag zwischen dem Kollegen und seinem ehemaligen Arbeitgeber am 22.10.2015 überhaupt wirksam zustande gekommen sei.

Voraussetzungen für den Anspruch auf die Sozialplan-Abfindung

Damit ein Abfindungsanspruch besteht, müssen zwei Voraussetzungen erfüllt sein:
Die Eigenkündigung des Kollegen muss erfolgt sein

 

  • aufgrund des angekündigten Arbeitsplatzverlustes

und

  • um ein neues Arbeitsverhältnis aufzunehmen.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts zum Grund für die Eigenkündigung

Nach Auffassung des Arbeitsgerichts Koblenz besteht der Zweck einer Regelung in einem Sozialplan wie im vorliegenden Fall darin, die mit der Stilllegung des Betriebs verbundenen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer*innen abzumildern und auszugleichen. Daraus folgt nach dem Arbeitsgericht Koblenz, dass es unschädlich ist, wenn es neben der Motivation, der Arbeitgeberkündigung zuvorzukommen, noch eine weitere Motivation für die Eigenkündigung gibt. Etwas anderes gilt nur, wenn es f: ausschließlich :f persönliche Motive sind, die den Entschluss zur Eigenkündigung bestimmen und der Kündigungsentschluss dadurch seinen Bezug zur Stilllegung des Betriebes verliert.

Auch wenn der Ärger des Kollegen über die Kündigung, die seinen Sohn getroffen hat, ein weiteres Motiv für die Eigenkündigung des Kollegen gewesen sein sollte, hat der beklagte Arbeitgeberin keinerlei Argumente dafür vorgetragen, dass dieser Ärger das alleinige Motiv für die Eigenkündigung des Kollegen war. Deshalb ging das Arbeitsgericht zutreffend davon aus, dass die Eigenkündigung aufgrund des angekündigten Arbeitsplatzverlustes erfolgt ist.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts zum neuen Arbeitsverhältnis

In diesem Zusammenhang reicht es nach Auffassung des Gerichts aus, wenn die Eigenkündigung erfolgte, um seine Arbeitskraft anderweitig auf dem Arbeitsmarkt anzubieten. Aus der E-Mail des Kollegen an seinen ehemaligen Arbeitgeber schließt das Gericht, dass der Kollege sich um eine neue Arbeitsstelle bemüht hat. Nicht erforderlich ist dagegen, dass tatsächlich ein neuer Arbeitsvertrag zustande kommt. Deshalb spielt es keine Rolle, ob der neue Arbeitsvertrag des Kollegen möglicherweise unwirksam war. Ebenso unerheblich ist, ob die E-Mail an den ehemaligen Arbeitgeber eine formvollendete Bewerbung darstellt, denn auch dies ist für ein Bemühen um einen neuen Arbeitsplatz nicht erforderlich.

Ergebnis

Da der Kollege alle Voraussetzungen für den Abfindungsanspruch erfüllt, verurteilte das Arbeitsgericht die beklagte Arbeitgeberin, 14.780,19 € an ihn zu bezahlen.


Hier geht es zum Urteil des Arbeitsgericht Koblenz v. 24.11.2016, 7 Ca 657/16