Demokratie und Freiheit, Gleichheit und Gerechtigkeit, Solidarität und Toleranz leiten traditionell das Handeln der Gewerkschaften.
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Was war passiert? Ein Unternehmen der chemischen Industrie kündigte das Arbeitsverhältnis eines Mitarbeiters, nachdem beleidigende und rassistische Äußerungen bekannt wurden. So gab dieser Mitarbeiter auf die Frage, was er zu Weihnachten geschenkt bekommen habe, diese Antwort:
„Ich habe mir eine Gaskammer gewünscht, diese aber nicht erhalten. Die Türken soll man ins Feuer werfen und ihnen den Kopf abschlagen.“
 
Der Arbeitgeber fragte nach und musste feststellen, dass diese Bemerkung mit nationalsozialistischem Bezug nicht das Einzige war, was der Mitarbeiter in dieser Hinsicht von sich gegeben hatte. Schon zuvor soll er Kollegen als „Ölaugen“, „Nigger“ oder „meine Untertanen“ bezeichnet haben. Die Betroffenen hatten nichts dazu gesagt, da sie den Mitarbeiter aufgrund seiner Schwerbehinderung für unantastbar hielten.
 

Sonderkündigungsschutz ist nicht gleich unkündbar

Arbeitnehmer*innen können per Gesetz besonders vor einer Kündigung durch den Arbeitgeber geschützt sein. So ist z.B. die Kündigung eines schwerbehinderten Menschen unwirksam, wenn sie ohne Zustimmung des Integrationsamts erfolgt. Doch ein besonderer Kündigungsschutz bedeutet nicht, dass man unkündbar ist.
 
In dem Fall, über den das Landesarbeitsgericht (LAG) zu entscheiden hatte, lag die erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes vor. Die Richter*innen mussten - wie bei jedem anderen Arbeitnehmer auch - prüfen, ob der Kläger sich so verhalten hat, dass die Kündigung durch den Arbeitgeber gerechtfertigt ist.
 

Das Gericht wägt ab: Die Kündigung ist sozial gerechtfertigt

Es gab einige Punkte, die der Kläger für sich ins Rennen werfen konnte: 55 Jahre alt, unterhaltspflichtig für Frau und Kinder und seit 38 Jahren im Unternehmen. All das bezog das Gericht in seine Überlegungen ein. Die Abwägung der Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer fiel dennoch zu Lasten des Klägers aus.  
 
Die Richter*innen berücksichtigten dabei auch, dass der Kläger schon zuvor andere Mitarbeiter wiederholt erheblich beleidigt hat. Zudem soll er seinen sozialen Besitzstand dazu ausgenutzt haben, sich als unangreifbar darzustellen.
Am schwersten wog für das LAG die menschenverachtende Äußerung des Klägers über die türkischstämmigen Arbeitskollegen. Der Kläger habe damit Menschen auf lebensunwerte Wesen reduziert und einen unmittelbaren Bezug zu den nationalsozialistischen Gräueltaten hergestellt. Angesichts der Schwere des Fehlverhaltens habe der Arbeitgeber auch nicht zuvor eine Abmahnung erteilen müssen.
 
Das LAG wies  - ebenso wie das Arbeitsgericht Oberhausen als erste Instanz  - die Kündigungsschutzklage des Klägers zurück. Das Arbeitsverhältnis ist beendet.
 
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht hat das LAG nicht zugelassen.
 
 
LINKS:
Hier geht es zur Pressemitteilung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf

Das sagen wir dazu:

Die Äußerung mit der Gaskammer war nicht die einzige, aber für sich allein genommen schon folgenschwer genug. Und, was das LAG zu Recht auch berücksichtigt: Sie kam völlig aus dem Nichts. Es gab keinen Streit, der Kläger wurde nicht provoziert. Ein Kollege fragte einfach nur nach Weihnachtsgeschenken.

Für Zusammenhalt, gegen Rassismus und Diskriminierung

Es ist entsetzlich, mit welcher Leichtfertigkeit der Kläger sich hier derart abwertend über Kollegen geäußert hat. Mit Konsequenzen hat er offenbar nicht gerechnet. Vielleicht war er der Ansicht, so etwas könne man ruhig mal sagen. Oder aber er fühlte sich tatsächlich durch den besonderen Kündigungsschutz unangreifbar. Doch ohne jeglichen Zweifel hat er mit seiner Äußerung eine Grenze überschritten und muss die Konsequenzen tragen. Weder eine sehr lange Beschäftigungsdauer noch schlechte Chancen auf dem Arbeitsmarkt können ein anderes Ergebnis rechtfertigen.