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Der Kläger hat nach dem Abschluss eines Studiums des Wirtschaftsingenieurwesens berufsbegleitend den Studiengang Master in Logistics absolviert. Zum 1. August 2017 ging er ein Arbeitsverhältnis mit der Beklagten als „Prozessmanager Automotive“ zu einem Bruttomonatsentgelt von 6.250,00 Euro ein.
 
Im April 2018 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich.
 
Gegen diese Kündigung erhob der Kläger Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Heilbronn.
 
Während des laufenden Kündigungsschutzverfahrens vereinbarten die Parteien eine
Prozessbeschäftigung mit folgendem Inhalt
 
           Präambel
 
Der Arbeitnehmer hat gegen die ihm am 24.04.2018 zugestellte Kündigung vom
23.04.2018 zum 31.05.2018 ausgesprochene Kündigung vor dem Arbeitsgericht Heilbronn,
AZ 1 Ca 173/18 Kündigungsschutzklage erhoben. Zugleich hat er beantragt, ihn über das Beendigungsdatum 31.05.2018 hinaus zu unveränderten Bedingungen weiter zu beschäftigen.
 
Vor diesem Hintergrund wird zwischen den Parteien das Folgende vereinbart:
 

  1. Der Arbeitgeber bietet dem Arbeitnehmer eine durch die rechtskräftige Feststellung der Wirksamkeit der Kündigung auflösend bedingte Fortsetzung seines Arbeitsverhältnisses zu den bisherigen Bedingungen im Arbeitsvertrag vom 14.07.2014 geregelten Bedingungen als Prozessmanager in Du. ab dem 05.09.2018 an.

  2. Der Arbeitnehmer nimmt das Angebot auf Prozessbeschäftigung an.

  3. Der Arbeitgeber hält an der Wirksamkeit der ausgesprochenen Kündigung vom 23.04.2018 fest und    vergibt sich mit dieser Vereinbarung keinerlei Rechte.

  4. Änderungen oder Ergänzungen dieser Vereinbarung bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform, es sei denn, sie beruhen auf einer ausdrücklichen oder individuellen Vertragsabrede im Sinne von § 305b BGB. Auch die Aufhebung dieses Schriftformerfordernisses bedarf der Schriftform.

  5. Sollte eine dieser Bestimmungen dieses Vertrags unwirksam sein, so wird die Wirksamkeit der übrigen Bestimmungen nicht berührt. Anstelle der unwirksamen Bestimmung soll diejenige rechtlich zulässige Regelung gelten, die der Absicht der Vertragspartner am nächsten kommt.

 

Kläger beantragt Urlaub

Im März 2019 beantragte der Kläger Urlaub für einen Monat. Er bat die Arbeitgeberin um schriftliche Genehmigung. Für den Fall der Ablehnung des begehrten Urlaubs bat er um Angabe der Gründe.
 

Arbeitgeberin kündigt fristlos

Ohne die Antwort seiner Arbeitgeberin abzuwarten, trat der Kläger drei Tage nach seiner Antragstellung den Urlaub eigenmächtig an. Die Arbeitgeberin nahm dies zum Anlass, das Arbeitsverhältnis erneut, dieses Mal fristlos zu kündigen.
 

Arbeitsgericht gibt Klage statt

Gegen die fristlose Kündigung erhob der Kläger Klage. Das Arbeitsgericht Heilbronn hielt die fristlose Kündigung für unwirksam. Die Arbeitgeberin legte Berufung gegen diese Entscheidung beim Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg ein.
 

Landesarbeitsgericht kippt erstinstanzliche Entscheidung

Unter Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung entschied des LAG zu Gunsten der Arbeitgeberin. Denn, so das Berufungsgericht, der eigenmächtige Urlaubsantritt rechtfertige den Ausspruch einer fristlosen Kündigung, weil dies eine Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten darstelle. Dies gelte auch, wenn die Selbstbeurlaubung während eines Kündigungsschutzverfahrens im Rahmen eines Prozessarbeitsverhältnisses vorgenommen werde. Einer Abmahnung habe es nicht bedurft, da kein Arbeitnehmer erwarten könne, dass der Arbeitgeber eigenmächtigen Urlaubsantritt billige.
 

Revision zugelassen

Für  den Kläger hat das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zugelassen, da der Frage, ob bzw. inwieweit eine Selbstbeurlaubung im Rahmen einer Prozessbeschäftigung eine Kündigung rechtfertigt, grundsätzliche Bedeutung beizumessen ist. Zwischenzeitlich wurde die Revision beim BAG, unter dem Aktenzeichen 2 AZR 457/20, anhängig gemacht. Über den weiteren Verlauf der Sache werden wir berichten.
 
 
Hier finden Sie das vollständige Urteil des Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 01.10.2020 - 17 Sa 1/20 -