Ein Fehlverhalten des Ehegatten einer Arbeitnehmerin rechtfertigt deren Kündigung nicht.
Ein Fehlverhalten des Ehegatten einer Arbeitnehmerin rechtfertigt deren Kündigung nicht.

Seit dem 01.04.2014 war die Klägerin als teilzeitbeschäftigte Arzthelferin in der Praxis eines Orthopäden beschäftigt, der mit deren Leistungen durchaus zufrieden war. Dies brachte der Beklagte auch verschiedentlich zum Ausdruck. In der Praxis des Beklagten sind weniger als 10 Arbeitnehmer*innen beschäftigt. Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) findet demnach keine Anwendung.

Streit um Werklohn zwischen  Ehemann der Klägerin und Beklagten 

Zwischen dem Ehemann der Klägerin und dem Beklagten kam es am 17.03.2015 zu einem heftigen Streit. Es ging um die Abrechnung für Umbauarbeiten, die der Ehemann der Klägerin im Rahmen eines Werkvertrags für den Beklagten in dessen Praxis und Privathaus erbracht hatte. 

Gegenüber Dritten gab der Beklagte an, dass er von dem Ehemann fast bis zur Bewusstlosigkeit gewürgt, geschlagen und getreten worden sei. Beweis hierfür hat er jedoch nicht angeboten.

Offensichtlich fanden die Streitigkeiten wegen des Werklohns am 17.03.2015 ihren Höhepunkt. 

Dies ergibt sich daraus, dass der beklagte Orthopäde die Kündigung der Klägerin bereits vorgefertigt hatte und dem Ehemann der Klägerin übergeben wollte. Da die beabsichtigte Übergabe des Kündigungsschreibens misslang, warf der Beklagte das Schreiben in den Hausbriefkasten der Klägerin.

Kündigung aus sachfremden Gründen

Da sich die Klägerin den Rausschmiss nicht gefallen lassen wollte, zog sie vor Gericht und begründete dies damit, dass die Kündigung ausschließlich aus sachfremden Gründen erfolgt sei, nämlich wegen der Unstimmigkeiten im Werkvertragsverhältnis zwischen ihrem Arbeitgeber und ihrem Ehemann.

Beklagter bestreitet sachfremde Gründe, räumt dann aber ein, dass er mit der Klägerin wegen des Zerwürfnisses mit deren Ehemann nicht weiter arbeiten will

Der Beklagte behauptete, die Kündigung beruhe nicht auf sachfremden Gründen wie etwa den Vorkommnissen um den Ehemann der Klägerin. Doch selbst wenn dem so wäre, sei dies ohne Belang, da die Klägerin von allen Mitarbeitern zuletzt im Betrieb eingestellt worden sei. 

Hinzu komme, dass der Beklagte den begründeten Verdacht habe, die Klägerin habe ihn zu Unrecht wegen Abrechnungsbetrugs bei der kassenärztlichen Vereinigung angezeigt. 

Letztlich räumte der Beklagte ausdrücklich ein, dass die Auseinandersetzung mit dem Ehemann der Klägerin für die ausgesprochene Kündigung insoweit eine Rolle gespielt habe, als dass der Beklagte wegen des völligen Zerwürfnisses mit dem Ehemann der Klägerin mit dieser nicht weiter zusammen arbeiten wollte.

Beklagter verstößt gegen Treu und Glauben. Kündigung unwirksam obwohl des KSchG keine Anwendung findet

In seiner Entscheidung kam das Arbeitsgericht Aachen zu dem Ergebnis, dass die der Klägerin ausgesprochene Kündigung unwirksam ist. Da das KSchG keine Anwendung auf das Arbeitsverhältnis der streitenden Parteien finde, bedürfe die streitgegenständliche Kündigung nicht der sozialen Rechtfertigung. 

Bei Arbeitsverhältnissen, die nicht dem Schutz des KSchG unterliegen, habe der Arbeitgeber bei seiner Kündigung aber wenigstens die Grundsätze von Treu und Glauben beachten. Eben gegen diese Grundsätze habe der Beklagte verstoßen. Zu diesem Ergebnis kam das ArbGer, da der Beklagte einräumte, dass die Auseinandersetzung mit dem Ehemann der Klägerin für die ausgesprochene Kündigung insoweit eine Rolle spiele, als dass der Beklagte wegen des völligen Zerwürfnisses mit dem Ehemann der Klägerin mit dieser nicht weiter arbeiten möchte. 

Daher habe er die Kündigung mit Umständen begründet, die ausschließlich in der Person des Ehemannes der Klägerin liegen. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten sind solche Gründe nicht automatisch auch Gründe, die in der Person der Klägerin liegen, da beide Rechtssphären getrennt voneinander zu betrachten sein. 

Das Fehlverhalten des Ehemannes einer Arbeitnehmerin gegenüber dem Arbeitgeber könne dieser kündigungsrechtlich nicht zugerechnet werden. Kündige der Arbeitgeber gleichwohl, erfolge die Kündigung aus sachwidrigen Gründen und habe sich als unwirksam zu erweisen Auch habe der Beklagte keine anderweitigen Gründe in schlüssiger Weise angeführt, auf die er eine Kündigung berechtigterweise stützen konnte. 

Anmerkung: Keine Sippenhaft

Zutreffend kam das Aachner Arbeitsgericht zu dem Ergebnis, dass das Fehlverhalten des Ehegatten einer Arbeitnehmerin gegenüber dem Arbeitgeber nicht als Kündigungsgrund herhalten kann. Das Verhalten von Eheleuten ist immer getrennt voneinander zu betrachten. Würde man das Fehlverhalten eines Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber des Ehepartners als Kündigungsgrund anerkennen, so würde dies einer Sippenhaft gleichkommen.

Gegen Kündigungen, die aus sach- und/oder treuwidrigen Gründen ausgesprochen werden, wie dies in der vom ArbGer Aachen entschiedenen Sache der Fall war, sind Arbeitnehmer*innen auch dann geschützt wenn die Bestimmungen des KSchG außer Betracht zu bleiben haben, etwa weil der Betrieb weniger als 10 Mitarbeiter*innen hat oder der Beschäftigte noch kein halbes Jahr beschäftigt ist.

Das vollständige Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 30. September 2015, Az. 2 Ca 1170/15 können sie hier nachlesen.


Im Praxistipp: Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 242 Leistung nach Treu und Glauben

Rechtliche Grundlagen

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) § 242 Leistung nach Treu und Glauben

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 242 Leistung nach Treu und Glauben

Der Schuldner ist verpflichtet, die Leistung so zu bewirken, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.