Missachtung der Verschwiegenheitspflicht kann den Job kosten!
Missachtung der Verschwiegenheitspflicht kann den Job kosten!


Bestimmte Berufsgruppen unterliegen einer Verschwiegenheitspflicht. Dies bedeutet, dass sie ihnen anvertraute Geheimnisse nicht an Dritte weitergeben dürfen. In dem vom Landesarbeitsgericht (LAG) Baden-Württemberg entschiedenen Fall wurde die
Klägerin ausdrücklich auf ihre Verschwiegenheitspflicht hingewiesen. Sie verpflichtete sich
 
„alle Praxisvorgänge sowie die Namen aller Patienten geheim zu halten und ihm/ihr überlassene Geschäftsunterlagen bei Ausscheiden wieder zurückzugeben“.
 
Überdies wurde die Klägerin im Rahmen des Arbeitsvertrags darüber belehrt, dass die Verletzung der Schweigepflicht strafrechtliche Konsequenzen nach sich zieht und diese Schweigepflicht auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses fortbesteht.:k
 
Seit Juli 2012 arbeitete die 52 jährige Klägerin als medizinische Fachangestellte in einer radiologischen Praxis.

Am 22. Oktober 2015 sagte eine Patientin, die sowohl der Klägerin, als auch ihrer Tochter persönlich bekannt war, einen vereinbarten Untersuchungstermin ab.

Um dies zu dokumentieren, rief die Klägerin auf ihrem Rechner ein Terminblatt auf, auf dem der Name und Geburtstag der Patientin sowie deren zu untersuchender Körperbereich und das dafür zu verwendende Gerät vermerkt wurde.
 

Abfotografiertes Terminblatt per WhatsApp an Tochter verschickt


Mit ihrem Smartphone fertigte die Klägerin ein Foto von dem Terminblatt und sandte es mit folgender Anmerkung „Mal sehen, was die schon wieder hat…“ an ihre Tochter. Die zeigte das Bild weiter, was der Patientin nicht verborgen blieb.

Der Vater der betroffenen Patientin war verärgert und brachte dies in einem Telefongespräch mit der Praxis zum Ausdruck.
 

Nach Anhörung der Klägerin kündigt der Arbeitgeber fristlos


Nachdem der Arbeitgeber von der Verschwiegenheitspflichtverletzung erfahren hatte, hörte er die Klägerin an. Sie begründete ihr Fehlverhalten damit, dass sie nicht gewusst habe, derartige Daten nicht an direkte Verwandte weiterleiten zu dürfen. Darüber sei sie nicht aufgeklärt worden. Ihre Tat allerdings bereue sie.

Die Argumente der Klägerin ließ der Arbeitgeber nicht gelten. Er verwies auf die ihr bekannte Geheimhaltungspflicht im Arbeitsvertrag und kündigte fristlos. Die Klägerin erhob hieraufhin Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht, die erfolglos blieb.
 

Kündigung wirksam - Unbefugte Weitergabe vertraulicher Daten


Mit Urteil vom 11.11.2016 bestätigte das LAG die Entscheidung des Arbeitsgerichts und wies die Berufung der Klägerin zurück.

Die fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber war nach Auffassung der Richter*innen der 12. Kammer des LAG Baden-Württemberg gerechtfertigt, weil die Klägerin gegen ihre Verschwiegenheitspflicht verstoßen habe. Denn sie habe vertrauliche Patientendaten an einen Dritten, nämlich ihre Tochter, verschickt.

Ihre Einlassung, wonach sie von der Verschwiegenheitspflicht nichts gewusst habe, ließ das Berufungsgericht nicht gelten. Denn schließlich wüssten heutzutage selbst Laien, dass Patientennamen und Daten nicht weitergegeben werden dürfen.


Hier geht es zur Entscheidung vom LAG Baden-Württemberg vom 11.11.2016:

Das sagen wir dazu:

Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist vor Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung grundsätzlich eine Abmahnung notwendig. Wird eine außerordentliche Kündigung mit einer Störung im Vertrauensbereich begründet, so kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts dann von einer Abmahnung abgesehen werden, wenn das zerstörte Vertrauen durch die Abmahnung nicht wieder hergestellt werden kann.

Aus der Sicht des LAG Baden-Württemberg konnte der Arbeitgeber ohne vorherige Abmahnung der Klägerin außerordentlich fristlos kündigen. Denn bei dem Bruch der Verschwiegenheitspflicht handelte es sich um eine derart schwere Pflichtverletzung, vor deren Ausspruch es keiner Abmahnung bedurfte. Als erschwerend wertete das Berufungsgericht, dass die Klägerin sich nicht mehr daran erinnern konnte oder wollte, dass sie eine Verschwiegenheitsklausel im Arbeitsvertrag unterschrieben hatte und die Daten einer ihr bekannten Patientin an ihre Tochter weitergab.

Im Ergebnis erscheint die Entscheidung des LAG kaum zu beanstanden. Hierbei mag auch die relativ kurze Beschäftigungszeit eine Rolle gespielt haben. In einem langjährigen und bisher ungestörten Arbeitsverhältnis hätte man auch zu dem Ergebnis kommen können, dass vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre, um Wiederholungen eines solch sinnlosen Vorgangs zu vermeiden.

Grundsätzlich gilt:
Wenn ein Arbeitnehmer gegen seine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht verstößt, kann dies die fristlose Beendigung des Arbeitsverhältnisses bedeuten.

Rechtliche Grundlagen

§ 203 Strafgesetzbuch-Verletzung von Privatgeheimnissen

Strafgesetzbuch (StGB)

§ 203 Verletzung von Privatgeheimnissen

(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1. Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert,

2. Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung,

3. Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten oder Organ oder Mitglied eines Organs einer Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft,

4. Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist,

4a. Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes,

5. staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder

6. Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft.

(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als

1. Amtsträger,

2. für den öffentlichen Dienst besonders Verpflichteten,

3. Person, die Aufgaben oder Befugnisse nach dem Personalvertretungsrecht wahrnimmt,

4. Mitglied eines für ein Gesetzgebungsorgan des Bundes oder eines Landes tätigen Untersuchungsausschusses, sonstigen Ausschusses oder Rates, das nicht selbst Mitglied des Gesetzgebungsorgans ist, oder als Hilfskraft eines solchen Ausschusses oder Rates,

5. öffentlich bestelltem Sachverständigen, der auf die gewissenhafte Erfüllung seiner Obliegenheiten auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist, oder

6. Person, die auf die gewissenhafte Erfüllung ihrer Geheimhaltungspflicht bei der Durchführung wissenschaftlicher Forschungsvorhaben auf Grund eines Gesetzes förmlich verpflichtet worden ist,
anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist. Einem Geheimnis im Sinne des Satzes 1 stehen Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse eines anderen gleich, die für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung erfaßt worden sind; Satz 1 ist jedoch nicht anzuwenden, soweit solche Einzelangaben anderen Behörden oder sonstigen Stellen für Aufgaben der öffentlichen Verwaltung bekanntgegeben werden und das Gesetz dies nicht untersagt.

(2a) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn ein Beauftragter für den Datenschutz unbefugt ein fremdes Geheimnis im Sinne dieser Vorschriften offenbart, das einem in den Absätzen 1 und 2 Genannten in dessen beruflicher Eigenschaft anvertraut worden oder sonst bekannt geworden ist und von dem er bei der Erfüllung seiner Aufgaben als Beauftragter für den Datenschutz Kenntnis erlangt hat.

(3) Einem in Absatz 1 Nr. 3 genannten Rechtsanwalt stehen andere Mitglieder einer Rechtsanwaltskammer gleich. Den in Absatz 1 und Satz 1 Genannten stehen ihre berufsmäßig tätigen Gehilfen und die Personen gleich, die bei ihnen zur Vorbereitung auf den Beruf tätig sind. Den in Absatz 1 und den in Satz 1 und 2 Genannten steht nach dem Tod des zur Wahrung des Geheimnisses Verpflichteten ferner gleich, wer das Geheimnis von dem Verstorbenen oder aus dessen Nachlaß erlangt hat.

(4) Die Absätze 1 bis 3 sind auch anzuwenden, wenn der Täter das fremde Geheimnis nach dem Tod des Betroffenen unbefugt offenbart.

(5) Handelt der Täter gegen Entgelt oder in der Absicht, sich oder einen anderen zu bereichern oder einen anderen zu schädigen, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder Geldstrafe.