Mit dem Wechsel in eine Transfergesellschaft ging die Kürzung der Klageverzichtsprämie einher. 
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Mit dem Wechsel in eine Transfergesellschaft ging die Kürzung der Klageverzichtsprämie einher. © Adobe Stock - MQ-Illustrations

Neumanns Aufhebungsvertrag (und der einiger Kollegen) regelt eine Abfindung sowie die Zusage, dass, wenn die Sozialplanabfindung höher ausfallen sollte, die höhere Summe gezahlt wird. Eine solche Regelung ist wichtig, damit die, die als erstes unterschreiben, nicht nachher das Nachsehen haben.

Die Prämie von drei Monatslöhnen würde auf jeden Fall zusätzlich gezahlt, sie sei nicht auf die Sozialplanabfindung anrechenbar. Neumann und einige Kollegen unterschreiben.

 

Sozialplan sieht Transfergesellschaft vor

 

Es dauert etwas, dann können sich Arbeitgeber und Betriebsrat auf einen Sozialplan und Interessenausgleich einigen. Auch darin war eine Klageverzichtsprämie ausgelobt für diejenigen, die gekündigt werden und keine Klage erheben.

 

Weiter wurde eine Transfergesellschaft gegründet. Alle Gekündigten, nicht diejenigen mit dem Aufhebungsverträgen, erhielten ein Angebot dorthin zu wechseln. Damit einher ging aber, dass die normale Abfindung aus dem Sozialplan nicht erhöht wird.

 

Vorteile bei Wechsel in die Transfergesellschaft

 

Beim Wechsel in die Transfergesellschaft wird ein befristetes Arbeitsverhältnis für eine bestimmte Zeit mit der Transfergesellschaft geschlossen. Oft erhöht sich dadurch der Zeitraum bis zur Arbeitslosigkeit um mehrere Monate. Meist wird die Vergütung auf ca. 70-80 Prozent der Nettovergütung gesenkt. Wenn die Arbeitslosigkeit nach hinten geschoben werden kann, ist das ein großer Vorteil für die Arbeitnehmer:innen. Bestenfalls kann von der Beratung in der Transfergesellschaft profitiert und von dort aus quasi aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis in einen neuen Job gewechselt werden.

 

Neumann erhält nachträglich Transferangebot

 

Neumann erhält im Nachhinein das Angebot in die Transfergesellschaft zu wechseln. Dazu soll er einen sogenannten dreiseitigen Vertrag unterzeichnen und einen Monat eher in die Transfergesellschaft wechseln. Der Vertrag regelt nur den Wechsel und nichts zur Abfindungshöhe.

Gleichzeitig erhält er vom Arbeitgeber ein Schreiben mit dem Hinweis, wenn er in die Transfergesellschaft wechsele, würde seine Klageverzichtsprämie um zwei Löhne auf ein Monatsentgelt gekürzt. Das wurde nicht als Vertrag aufgesetzt, den er unterschreiben sollte, sondern nur als Begleitschreiben versendet.

 

Klage auf volle Prämie

 

Neumann unterschreibt den dreiseitigen Vertrag. Er sieht aber nicht ein, warum er auf die Prämie in Höhe von zwei Monatslöhnen verzichten sollte. So einfach kann sich doch der Arbeitgeber nicht davon lossagen. Einige Kollegen meinen das auch und klagen auf die volle Prämie.

 

Ein Arbeitskollege von Neumann erhält sie tatsächlich, denn er erhielt nur ein Anschreiben, dass er in die Transfergesellschaft wechseln könne, aber ohne Kürzungsankündigung. Ein angebliches Korrekturschreiben erreichte ihn nicht und da es genau um diese Zeit die schlimme Flut unmöglich machte, auf evtl. Beweise zurückzugreifen, hat hier die Firma eingelenkt.

 

Arbeitsgericht weist Klagen ab

 

Die Klagen landen bei unterschiedlichen Kammern des Arbeitsgerichts Aachen. Alle Klagen wurden abgewiesen. Die jeweilige Ausscheidensvereinbarung sei nachträglich auf Grundlage des arbeitgeberseitigen Schreibens abgeändert worden und auch aus dem Sozialplan könne keine höhere Abfindung hergeleitet werden.

 

Neumann und seine Kollegen gehen in die Berufung.

 

Viele Argumente im Berufungsverfahren

 

Es wird gerügt, dass das Kürzungsschreiben einen Datumsfehler enthielt und sich die Arbeitsverhältnisse des alten Arbeitgebers und der Transfergesellschaft danach quasi überschnitten. Im dreiseitigen Vertrag waren dann die richtigen Daten enthalten. Dies benachteilige Neumann unangemessen, denn es sei nicht klar und unmissverständlich formuliert. Neumann habe daher also quasi ein neues Angebot gemacht, was Beklagte und Transfergesellschaft angenommen hätten. Und da in diesem Vertrag nichts von Kürzung stehe, dürfe sie auch nicht vorgenommen werden.

Aufhebungsverträge müssen zudem die Schriftform einhalten. Mit einem nur vom Arbeitgeber unterzeichneten Schreiben sei das nicht erfüllt.

Der Zweck des frühen Ausscheidensvertrags müsse auch berücksichtigt werden, dies war ein eindeutiger Vorteil für den Arbeitgeber, früh planen zu können.

Schließlich sei eine Betriebsratsbeteiligung nicht erfolgt, obwohl es doch um Lohngestaltung handele, wenn aus einem Topf Abfindung gekürzt werden.

Auch ergebe sich der Anspruch aus der Sozialplanformulierung.

 

Argumente ziehen nicht

 

Das Landesarbeitsgericht Köln hat die Berufungen zurückgewiesen. Die Änderung der Aufhebungsvereinbarung sei wirksam durch die Unterschrift unter dem dreiseitigen Vertrag erfolgt. Der Datumsfehler sei unbeachtlich, da in diesem dreiseitigen Vertrag die Daten klar und unmissverständlich benannt worden sind. Es sei keine neue Regelung angeboten und die Änderung der Prämie bedurfte auch als reine Abwicklungsvereinbarung nicht der Schriftform.

 

Verstoß gegen Treu und Glauben

 

Das LAG sieht im Verhalten von Neumann und seinen Kollegen aber auch noch einen Verstoß gegen § 242 BGB - Treu und Glauben -. Es sei widersprüchlich, wenn Neumann auf der einen Seite an der Wirksamkeit des Vertrages zur Transfergesellschaft festhalten und auf der anderen Seite aber die Reduzierung der Klageverzichtsprämie nicht hinnehmen will. Der Sozialplan gäbe auch keine Anspruchsgrundlage her. Und ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats sei nicht gegeben, denn dieses beträfe nur die Wirksamkeit des Sozialplans, nicht wie hier eine einzelvertragliche Regelung.

Das sagen wir dazu:

Die Firma hatte sicherlich einen Grund dafür, Neumann und den Kollegen noch den Wechsel in die Transfergesellschaft anzubieten, auch wenn die Motive unklar blieben. Das Vertragswerk - dreiseitiger Vertrag -  wollte man von Arbeitgeberseite wohl auf keinen Fall ändern. Sauber wäre es gewesen, das Einvernehmen von Neumann mit der Kürzung einzuholen. Die rein einseitige Erklärung hat zwar letztlich gereicht, aber zu viel Unmut geführt.