Fristlose Verdachtskündigung beendet über 3 Jahrzehnte bestehendes Arbeitsverhältnis. Copyright by fovito/Fotolia
Fristlose Verdachtskündigung beendet über 3 Jahrzehnte bestehendes Arbeitsverhältnis. Copyright by fovito/Fotolia

Der bei dem beklagten Land seit über 30 Jahren beschäftigte Kläger war zuletzt als Pförtner bei einer Polizeidienstelle eingesetzt.

Am 22.12.2017 teilte eine dem Kläger nicht bekannte Frau mit, dass sie einen 100-Euro-Schein gefunden habe. Ob der Kläger den Geldschein angenommen hat, ist zwischen den Parteien streitig. Weder in den Asservatenschränken noch im Vorgangsbearbeitungssystem konnte ein Eingang der Fundsache vermerkt werden.

Noch am gleichen Tag sandte die Finderin eine E-Mail an die Poststelle des beklagten Landes. Sie teilte darin mit, dass sie einen 100-Euroschein gefunden und diesen an der Pforte der Polizeidienststelle abgegeben habe. Dass sie keine Angaben zum Fundort und zu ihren Personalien machen musste, sei ihr seltsam vorgekommen. Sie wollte wissen, was denn nun mit dem Geld passiert.

Gegen den Kläger wurde daraufhin ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren wegen Unterschlagung eingeleitet. Im Rahmen dieses Verfahrens behauptete der Kläger, er habe den Geldschein nicht angenommen. Vielmehr habe er der Finderin mitgeteilt, dass er nicht befugt sei, diesen anzunehmen und sie an eine andere, zuständige Dienstelle verwiesen.
Bei einer anschließenden sogenannten Wahllichtbildvorlage am 08.5.2018, bei der der Finderin mehrere Bilder vorgelegt wurden, unter denen sich auch eins des Klägers befand, sah die Finderin eine Ähnlichkeit zu der Person, der sie den 100-Euroschein anvertraut habe.

Nach Beteiligung des Personalrats kündigte das beklagte Land das Arbeitsverhältnis im Rahmen einer Verdachtskündigung fristlos.
 

Dringender Tatverdacht

In seiner Entscheidung geht das Landesarbeitsgericht (LAG) davon aus, dass der für die ausgesprochene Verdachtskündigung erforderliche dringende Tatverdacht gegeben sei. Auch in Ansehung der bestandenen Beschäftigungsdauer über drei Jahrzehnte sei die fristlose Kündigung gerechtfertigt. Das Ergebnis der Vernehmung der Finderin habe die Kammer überzeugt, dass diese den 100-Euro -Schein gefunden und bei dem Kläger abgegeben hat.
 

Gründe des Klägers überzeugen nicht

Einen plausiblen Grund für die die Version des Klägers vermochten die Berufungsrichter*innen nicht erkennen. Denn, so das LAG, wenn die Finderin den 100-Euro-Schein wieder mitgenommen hätte, wäre kein Motiv ersichtlich, warum sie sich mit einer E-Mail an die Polizei gewandt und den Kläger im rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahren und auch in der Vernehmung vor dem LAG belastet hat.
 
Hier finden Sie die Pressemitteilung Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 28.6.2019

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