Verdachtskündigung unwirksam bei zu kurzer Anhörungsfrist
Verdachtskündigung unwirksam bei zu kurzer Anhörungsfrist

Will ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer gegenüber eine Kündigung aussprechen, die nicht auf Tatsachen, sondern auf einem Verdacht beruht, kann diese bei hinreichend schwerem Verdacht rechtlich wirksam sein. Vor Ausspruch einer Verdachtskündigung muss aber der Arbeitgeber den betroffenen Mitarbeiter vorher zu den Vorwürfen anhören. Dem Mitarbeiter ist eine angemessene Zeit für die Antwort einzuräumen. 

Anhörungsfrist muss lang genug sein

Setzt der Arbeitgeber dagegen eine zu kurze Frist und kündigt dem Arbeitnehmer nach deren Ablauf, ohne dass die Stellungnahme des Betroffenen vorliegt, so kann die Kündigung als Verdachtskündigung rechtsunwirksam sein.

Der als Entwicklungsingenieur beschäftigte Kläger stritt sich mit seinem Arbeitgeber, schon mehrfach bis vor das Landesarbeitsgericht (LAG) über die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses. In dem am 21. März 2018 entschiedenen Fall ging es neben einer Versetzung und einer Änderungskündigung um eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung vom 12. August 2016.

Begründet wurde diese unter anderem mit dem Verdacht von Straftaten. Im Zuge der im Rechtsstreit ebenfalls streitigen Versetzung des Klägers von der Entwicklungsabteilung in den Außendienst händigte der Arbeitgeber dem Kläger im Juni 2016 einen Laptop aus. Seitdem war er durchgehend arbeitsunfähig erkrankt. 

Frist zur Stellungnahme von nicht einmal zwei vollen Arbeitstagen ist unangemessen kurz

Da der Kläger größere Datenmengen über den Laptop heruntergeladen hatte, verlangte der Arbeitgeber die Herausgabe des Laptops. Am 3. August 2016 übersandte der Kläger der Beklagten einen anderen Laptop. Ob dies versehentlich erfolgte, ist zwischen den Parteien streitig.

Mit Schreiben von Donnerstag, 4. August 2016, im Briefkasten des Klägers frühestens am Abend eingegangen, gab der Arbeitgeber Gelegenheit zur Stellungnahme bis Montag, 8. August 2016, 13 Uhr. Nach Ablauf der Frist brachte die Beklagte die außerordentliche Verdachtskündigung auf den Weg.

Das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein hielt - angesichts des Umstands, dass sich die streitenden Parteien in vertraglichen und gerichtlichen Auseinandersetzungen befanden - die Frist zur Stellungnahme von nicht einmal zwei Arbeitstagen für unangemessen kurz.

Dies auch vor dem Hintergrund, dass der Kläger sich stets anwaltlich vertreten ließ. Die Richter*innen des LAG Schleswig-Holstein vertraten diese Auffassung auch deshalb, weil der Arbeitgeber das Anhörungsschreiben nicht auch dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zusandte, was zum Beispiel per Fax unschwer möglich gewesen wäre.

Da dem Arbeitgeber bekannt war, dass der der Kläger arbeitsunfähig krank war, hätte er auch nicht damit rechnen dürfen, dass dieser sich durchgängig zu Hause aufhält.

Hier geht es zum Urteil des Landesarbeitsgerichts Schleswig-Holstein vom 21.3.2018, Az: 3 Sa 398/17

 

Hier geht es zu weiteren Beiträgen zum Thema „Verdachtskündigung“

1. „Was ist eine Verdachtskündigung?“

2. „Die Verdachtskündigung“