Arbeitgeberverhalten verhindert fristlose Kündigung. Copyright by Dan Race/fotolia
Arbeitgeberverhalten verhindert fristlose Kündigung. Copyright by Dan Race/fotolia

Müssen Arbeitsrichter*innen über die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung entscheiden, sind - neben anderen - zwei Fragen von entscheidender Bedeutung:

  • Liegt ein Grund vor, der an sich geeignet ist, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen?
  • Ist dem Arbeitgeber zuzumuten, dass das Arbeitsverhältnis bis zu Ablauf der Kündigungsfrist weiter besteht?

Falsche Dokumentation von Arbeitszeiten

Eine Mitarbeiterin, die für die Reisekostenabrechnungen zuständig war, vermerkte ihre Arbeitszeiten täglich in einer Exel-Tabelle. Diese Tabelle war die Grundlage für die Berechnung ihrer Vergütung. An insgesamt vier Tagen trug sie einen Arbeitsbeginn ein, der deutlich vor ihrer tatsächlichen Arbeitsaufnahme lag.

Der Arbeitgeber kündigte außerordentlich fristlos. Die Mitarbeiterin klagte gegen die Kündigung.

Arbeitgeber zeigt andere Möglichkeiten auf

Der Arbeitgeber hörte die Klägerin vor der Kündigung zu den Vorwürfen an. Denn er wollte hilfsweise auch eine Verdachtskündigung aussprechen. 

Zu dieser Anhörung gibt es  einen schriftlichen Gesprächsvermerk. Darin heißt es unter anderem:

„Daher würde nur eine außerordentliche Kündigung in Frage kommen. Der Ausstieg könne aber in Interessenabwägung so gestaltet werden, dass der Schaden begrenzt wird. Z.B. könne das Arbeitsverhältnis bis Ende des Jahres bestehen bleiben, damit Frau L. ausreichend Zeit habe, sich eine neue Beschäftigung zu suchen und sie die Jahressonderzahlung erhalte.“ 

Vergleiche zur Verdachtskündigung:

Was ist eine Verdachtskündigung?

Entscheidung das Arbeitsgerichts

Das Arbeitsgericht kam zu dem Ergebnis, dass das Verhalten der Klägerin an sich ein wichtiger Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung darstelle. Überdies sei dem Arbeitgeber nicht zuzumuten, die Klägerin bis zum Ablauf ihrer Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen.

Entscheidung des Landesarbeitsgerichts

Auch das Landesarbeitsgericht ist der Meinung, dass das Verhalten der Klägerin an sich einen wichtigen Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung darstellt. Aber es wies dann darauf hin, dass Arbeitsgerichte bei der Prüfung der Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung immer alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen haben. Dazu gehöre auch das eigene Verhalten des Arbeitgebers. 

Wer - wie im vorliegenden Fall - Arbeitnehmer*innen in Aussicht stellt, sie bis zum Ablauf der Kündigungsfrist weiter zu beschäftigen, könne sich nicht darauf berufen, dass ihm die Konsequenzen seines eigenen Angebots nicht zuzumuten seien. Damit könne die außerordentliche fristlose Kündigung keinen Bestand haben.

Umdeutung nicht möglich

Auch eine Umdeutung in eine ordentliche Kündigung scheidet nach dem Urteil des Landesarbeitsgerichts aus. Der Grund dafür sei, dass der Arbeitgeber den Personalrat ausschließlich zu einer außerordentlichen fristlosen Kündigung angehört habe. Eine zusätzliche Anhörung zu einer ordentlichen Kündigung sei allenfalls entbehrlich, 

„ …wenn der Betriebsrat ausdrücklich und vorbehaltlos der außerordentlichen Kündigung zugestimmt hat und einer ordentlichen Kündigung erkennbar nicht entgegentreten wäre …“ 

Dies war bei der Klägerin nicht der Fall, denn der Personalrat hatte der außerordentlichen fristlosen Kündigung sogar widersprochen.

Damit war die Klägerin noch einmal mit einem blauen Auge davon gekommen.

Hier finden Sie das vollständige Urteil: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg vom 14.06.2018, Az: 15 Sa 214/18