Touristenfreundlicher? Busfahrer: „You don`t need a ticket“. Copyright by Syda Productions/fotolia
Touristenfreundlicher? Busfahrer: „You don`t need a ticket“. Copyright by Syda Productions/fotolia

Nach Feststellungen des Landesarbeitsgerichts (LAG) Berlin-Brandenburg hat der auf einer für Touristen wichtigen Buslinie eingesetzte Busfahrer der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) von auswärtigen Fahrgästen Geld entgegengenommen, aber keine Fahrscheine ausgedruckt.

Fahrgast meldet Auffälligkeiten beim Abkassieren 

Diese Form des „Nebenverdienstes“ fiel einem Kunden auf, der sich bei der BVG beschwerte. Er teilte der Arbeitgeberin mit, das der Busfahrer den Fahrpreis vereinnahmt habe, ein Ticket nicht ausgedruckt wurde und er diesem mitteilte „You don`t need a ticket“ („Sie brauchen kein Ticket“).

Arbeitgeber veranlasst Überprüfung des Busfahrers

Hieraufhin veranlasste die Arbeitgeberin des Klägers eine Sonderprüfung. Ein von der BVG beauftragter Prüfer beobachtete den Busfahrer. Als Zeuge bestätige er, dass der Busfahrer 

innerhalb kurzer Zeit Geld für insgesamt vier Tickets von auswärtigen Fahrgästen entgegennahm. In keinem der vier beobachteten Fälle wurden Tickets ausgedruckt. Die Kunden wurden nach Zahlung des Fahrpreises durchgewinkt. 

Einwendungen des Busfahrers überzeugen nicht

Der Einwand des Busfahrers, wonach er alle zahlenden Fahrgästen ein Ticket ausgehändigt habe, vermochte das Gericht  nicht zu überzeugen nach dem sich aus den Videoaufzeichnungen aus dem Bus ergab, dass in mehreren Fällen zwar Zahlungen erfolgten, aber Tickets nicht ausgehändigt wurden. 

Das LAG Berlin-Brandenburg bestätigte die erstinstanzliche Entscheidung des Berliner Arbeitsgerichts, das die fristlose Kündigung für gerechtfertigt hielt. Einer vorherigen Abmahnung vor Ausspruch der fristlosen Kündigung, bedurfte es nach Auffassung Richter*innen der  10. Kammer des LAG, aufgrund der Schwere des Vergehens nicht.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht hat das LAG nicht zugelassen.

Hier geht es zur Pressemitteilung des LAG Berlin-Brandenburg vom 16.08.2018:

Das sagen wir dazu:

Abmahnung notwendig?

Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung eine Abmahnung notwendig. Beabsichtigt ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer zum Beispiel eine fristlose Kündigung wegen wiederholtem  Zuspätkommen auszusprechen, so bedarf es zunächst einer Abmahnung, um dem Arbeitnehmer erkennen zu geben, dass weitere vergleichbare Fehlverhalten nicht mehr hingenommen werden und im Wiederholungsfall mit einer (fristlosen) Kündigung gerechnet werden muss.

Störungen im Vertrauensbereich

Wenn es sich jedoch um Störungen im Vertrauensbereich handelt, so kann in Ausnahmefällen von einer Abmahnung abgesehen werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn davon auszugehen ist, dass das zerstörte Vertrauen durch die Abmahnung nicht wieder hergestellt werden kann. 

Hiervon geht die Rechtsprechung zum Beispiel dann aus, wenn es sich um Diebstahl von Firmeneigentum, Verrat von Geschäfts- Betriebsgeheimnissen, Unterschlagung oder auch um grobe Beleidigungen von Vorgesetzten handelt. 

Interessenabwägung vor Kündigungsausspruch!

Nicht außer Betracht zu bleiben hat, dass sich darüber hinaus, im Rahmen einer  umfassenden Interessenabwägung, zu ergeben hat, dass das Beendigungsinteresse des Arbeitgebers im Verhältnis zu dem Bestandsschutzinteresse des Arbeitnehmers überwiegt. Zu berücksichtigen sind bei einer Interessenabwägung, die Dauer des Arbeitsverhältnisses, das Gewicht und die Auswirkungen der Pflichtverletzung sowie eine mögliche Wiederholungsgefahr und der Grad des Verschuldens. Zu überprüfen  ist auch, ob die weitere Zusammenarbeit unzumutbar ist.

Rechtliche Grundlagen

§ 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)


§ 626 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.