Nach der Schließung von Hotels, Schulen etc. gab es in der Reinigungsbranche viele voreilige Kündigungen. Copyright by Adobe Stock/Alexander Limbach
Nach der Schließung von Hotels, Schulen etc. gab es in der Reinigungsbranche viele voreilige Kündigungen. Copyright by Adobe Stock/Alexander Limbach

Ein Unternehmen für Hoteldienstleistungen sprach Reinigungskräften betriebsbedingte Kündigungen zu Ende März 2020 aus. In den Schreiben findet sich dieser Satz:
 
Wenn sich die marktwirtschaftliche Situation verändert, die durch den Covid-19 entstanden ist,  und das Hotel unsere Dienstleistung wieder in Anspruch nehmen möchte, würden wir den Kontakt
zu Ihnen wieder aufnehmen und Sie nach Möglichkeit wieder einstellen.

 

Mitteilung zur Kurzarbeit in der Zeit vom 17. bis 31. März 2020

Unter dem gleichen Datum wie die Kündigung gab es ein weiteres Schreiben des Unternehmens an seine Beschäftigten. Darin heißt es: 

Unsere Kündigung bleibt aufrechterhalten, wenn Sie Ihre unterschriebene Einverständniserklärung bis zum 23.03.2020 uns nicht zurückschicken oder wenn die Bundesagentur für Arbeit unseren Antrag auf Kurzarbeit nicht bewilligt.

 
Für die betroffenen Mitarbeiter*innen dürften sich hier viele Fragen gestellt haben. Eine wird sein, ob noch etwas zu unternehmen ist, wenn man der Kurzarbeit zugestimmt hat. Die Antwort ist: Ja! Die Kündigung wird durch das Einverständnis zur Kurzarbeit nicht hinfällig. Sie muss innerhalb von drei Wochen mit einer Klage beim Arbeitsgericht angegriffen werden.
 

Betriebsbedingte Kündigung trotz Kurzarbeit?

Eine betriebsbedingte Kündigung ist nur dann sozial gerechtfertigt, wenn dringende betriebliche Erfordernisse vorliegen. Dafür muss der Beschäftigungsbedarf der Arbeitnehmer*innen dauerhaft entfallen. An diesem Erfordernis fehlt es zumeist bei Kurzarbeit.
 
Eine betriebsbedingte Kündigung kann nur ausnahmsweise trotz Kurzarbeit wirksam sein, wenn über die Gründe hinaus, die zur Einführung der Kurzarbeit geführt haben, weitergehende Umstände vorliegen. Ist die Kurzarbeit noch nicht eingeführt, schließen sich Kurzarbeit und eine betriebsbedingte Kündigung aus.
 
Einige Tarifverträge regeln, dass betriebsbedingte Kündigungen während der Kurzarbeit ausgeschlossen sind. Der allgemeinverbindliche Rahmentarifvertrag der Gebäudereinigung enthält eine solche Regelung nicht.
 

Eine Kündigung darf nicht unter eine Bedingung gestellt werden

Als einseitiges Rechtsgeschäft ist die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses grundsätzlich bedingungsfeindlich. Die Wirksamkeit einer Kündigung darf nur ausnahmsweise vom Eintritt einer Bedingung abhängig sein, wenn der Arbeitnehmer es selbst in der Hand hat, ob die Bedingung eintritt. So ist es bei der Änderungskündigung.  
 
Ob die Ablehnung von Kurzarbeit eine solche Ausnahme sein kann, ist zu bezweifeln. Hier kommt dazu, dass die Kündigung alternativ von einer weiteren Bedingung abhängig gemacht wird, die der Arbeitnehmer nicht beeinflussen kann. Die Kündigung ist mit einer auflösenden Bedingung versehen und damit nicht ausreichend klar und bestimmt.
 
Eine betriebsbedingte Kündigung verbunden mit der Einführung von Kurzarbeit  - wie in unserem Beispiel  - ist unwirksam.
 

Kann ich auf eine Wiedereinstellung vertrauen?

Auch diese Frage wird für die Betroffenen wichtig sein. Hier ist die Antwort. Nein! Die Mitteilung des Unternehmens ist keine Zusage. Es gibt viele Unwägbarkeiten. Zunächst die Entwicklung der wirtschaftlichen Lage, bedingt durch den Covid 19-Virus. Ist diese gut, steht noch nicht fest, ob das Hotel die Dienstleistungen wieder in Anspruch nimmt. Und selbst wenn auch das passiert, gibt es eine weitere Einschränkung: Die Wiedereinstellung müsste möglich sein. Was auch immer das bedeuten mag. Das Unternehmen öffnet sich hier Tür und Tor für allerhand Gründe, einen Mitarbeiter nicht wiedereinzustellen.
 
In einem solchen oder ähnlichen Fall sollten Betroffene besser nicht hoffen und warten, sondern beim Arbeitsgericht Kündigungsschutzklage erheben. Hält der Arbeitgeber dann tatsächlich nicht an seiner Kündigung fest, kann man die Klage wieder zurücknehmen.
 

Kündigungen für Reinigungskräfte in Schulen

Eine andere Gebäudereinigungsgesellschaft kündigt am 9. April zum 24. April 2020 Mitarbeiterinnen, die für die Reinigung in Kitas und Schulen in Nordrhein-Westfalen (NRW) eingesetzt sind. In der Kündigung heißt es:
 
Aufgrund der Corona bedingten Auftragsverluste und Schließungen der Schulen und Kindergärten
müssen wir Ihnen hiermit betriebsbedingt kündigen. Sollte sich in den nächsten Tagen oder
Wochen die Lage ändern, würden wir gerne auf Sie zurückkommen.

 
Hier geht die Arbeitgeberin selbst davon aus, dass sich die Lage schon kurzfristig ändern kann. Vielleicht sogar schon in Tagen. Eindeutig entfällt der Beschäftigungsbedarf nicht auf Dauer.
 

Schulbetrieb wird irgendwann irgendwie weitergehen

In NRW ging für einige Schüler, die vor Prüfungen stehen, der Unterricht in der Schule bereits am 23. April auf freiwilliger Basis wieder los. Ab dem 4. Mai wird der Schulbetrieb schrittweise wiederaufgenommen. Auch wenn nicht alle Schüler*innen wieder in der Schule sein werden, besteht schon wegen der besonderen Hygienemaßnahmen ein Bedarf an Reinigung.
 
Man möchte hoffen, dass die Schulträger nicht wirklich wegen der vorübergehenden Schließungen Reinigungsaufträge gekündigt haben. Es rechtfertigte zumindest diese Kündigungen nicht, wenn das Unternehmen während der Schulschließungen kein Geld von den Auftraggebern erhält.
 

Nur eine Kündigungsschutzklage kann Rechtssicherheit schaffen

Wenn der Arbeitgeber hier schreibt, er werde je nach Änderung der Lage auf die Gekündigten zurückkommen, ist dies ebenfalls keine rechtsverbindliche Zusage auf eine Wiedereinstellung. Auf Nummer sicher gehen können Betroffene in einem solchen Fall auch nur, wenn sie innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist die Kündigung angreifen bzw. angreifen lassen, etwa über den gewerkschaftlichen Rechtsschutz.