Diebstahl von Desinfektionsmittel kann Job kosten. Copyright by Adobe Stock/ Christine
Diebstahl von Desinfektionsmittel kann Job kosten. Copyright by Adobe Stock/ Christine

Seit 2004 war der Kläger bei einem Paketzustellerunternehmen als Be- und Entlader sowie Wäscher für die Fahrzeuge beschäftigt. Mit sechs bis sieben Kollegen erfolgte die Wäsche der Wagen in Nachtschicht. Seinen PKW stellte der Kläger in der Nähe des Arbeitsplatzes ab. Nach Beendigung der Nachtschicht wurde am 23. März 2020 gegen 7:50 Uhr eine stichprobenartige Ausfahrkontrolle durchgeführt. Hierbei fand der Werkschutz im Kofferraum des Klägers eine nicht angebrochene Plastikflasche mit einem Liter Desinfektionsmittel und eine Handtuchrolle. Zum damaligen Zeitpunkt betrug der Wert des Desinfektionsmittels ca. 40 Euro. Bei der Beklagten kam es immer wieder vor, dass Desinfektionsmittel aus den Waschräumen entwendet wurden.
 

Fristlose Kündigung - Kläger erhebt Kündigungsschutzklage

Nach vorheriger Befragung von Zeugen stimmte der Personalausschuss des Betriebsrats am 24. März 2020 dem Antrag des Arbeitgebers auf Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Klägers zu. Am 25. März 2020 kündigte die Beklagte fristlos. Gegen diese Kündigung erhob der Kläger Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Mönchengladbach.

Der Kläger begründete seine Klage damit, dass er sich während der Arbeit stündlich zu seinem Fahrzeug begeben habe, um die Hände zu desinfizieren und abzutrocknen. Das Desinfektionsmittel habe er für sich und eventuell seine Kollegen verwenden wollen, da dieses in den Waschräumen nicht immer verfügbar gewesen sei. Bei der Ausfahrt habe er an die Sachen im Kofferraum nicht mehr gedacht. Im Übrigen habe er kein Desinfektionsmittel stehlen wollen, da seine Frau in der Pflege arbeite und die Familie über sie ausreichend versorgt sei. Die Beklagte wies darauf hin, dass der Kläger dem Werkschutz gesagt habe, dass er das Desinfektionsmittel habe mitnehmen dürfen, um sich unterwegs die Hände zu desinfizieren. Auch habe sie mit Aushängen im Sanitärbereich darauf hingewiesen, dass das Mitnehmen von Desinfektionsmitteln eine fristlose Kündigung und Anzeige zur Folge habe.

Die Begründung des Klägers vermochte das Arbeitsgericht nicht zu überzeugen. Die Klage wurde abgewiesen. Gegen die für den Kläger negative Entscheidung legte dieser Berufung beim Düsseldorfer Landesarbeitsgericht (LAG) ein.
 

Landesarbeitsgericht überprüft Entscheidung des Arbeitsgerichts

Die 5. Kammer des LAG kam wie das erstinstanzliche Gericht zu dem Ergebnis, dass ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung vorliege, da die Einlassungen des Klägers nicht glaubhaft seien. Das Berufungsgericht geht in seiner Entscheidung davon aus, dass der Kläger sich das Desinfektionsmittel zugeeignet habe, um es selbst zu verbrauchen. Nahe gelegen hätte es vielmehr, das Desinfektionsmittel auf den Materialwagen am Arbeitsplatz zu stellen, um es auch seinen Kollegen zugänglich zu machen. Schon hieraus ergebe sich, dass er das Desinfektionsmittel für sich und seine Kollegen verwenden wollte nicht zutreffend sein könne. Schließlich sei die bei der Ausfahrkontrolle aufgefundene Flasche auch nicht angebrochen gewesen.
 

Abmahnung nicht erforderlich

Auch unter Berücksichtigung der langen Beschäftigungszeit, so das Gericht, sei eine vorherige Abmahnung nicht erforderlich gewesen. Denn der Kläger habe in einer Zeit der Pandemie, als Desinfektionsmittel Mangelware war, und in Kenntnis davon, dass auch die Beklagte mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hatte, eine nicht geringe Menge Desinfektionsmittel entwendet. Damit habe er zugleich in Kauf genommen, dass seine Kollegen leer ausgingen. Ihm hätte klar sein müssen, dass er mit der Entwendung von einem Liter Desinfektionsmittel den Bestand seines Arbeitsverhältnisses gefährdet. Die Interessenabwägung habe angesichts dieser Umstände zu Lasten des Klägers ausfallen müssen.
Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wurde vom LAG nicht zugelassen.
 
Hier finden Sie die Pressemitteilung des Landesarbeitsgericht Düsseldorf vom 14.1.2021