Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist unwirksam, wenn sie sozialwidrig ist. So bestimmt es das Kündigungsschutzgesetz. Das gilt allerding nicht in Kleinbetrieben und auch nicht, wenn das Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung noch nicht länger als sechs Monate bestanden hat. Gilt das Kündigungsschutzgesetz nicht, ist die Kündigung nur unwirksam, wenn der Arbeitgeber sein Kündigungsrecht sitten- oder treuwidrig ausgeübt hat.

Die Arbeitsvertragsparteien können die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes durch Vereinbarung abkürzen

Sinn und Zweck dieser "Wartezeit" ist gemäß der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG), den Parteien des Arbeitsverhältnisses für eine gewisse Zeit die Prüfung zu ermöglichen, ob sie sich auf Dauer binden wollen. Das BAG vertritt daher  - zu Recht - die Auffassung, dass die Wartezeit durch einzelvertragliche oder kollektivrechtliche Vereinbarungen verkürzt werden kann. Das kann sogar stillschweigend durch konkludentes Verhalten geschehen. Das wäre etwa dann der Fall, wenn das Verhalten von altem und neuem Arbeitgeber den Eindruck entstehen lassen konnte, beide Beschäftigungsverhältnisse stünden trotz des Wechsels der Vertragsarbeitgeber in einem inneren Zusammenhang.

 

Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hatte jetzt über die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses zu entscheiden, das noch keine sechs Monate bestanden hatte. 

 

Eine Sozialversicherungsfachangestellte hatte in den 90er Jahren bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRV) ihre Ausbildung absolviert. Im Anschluss übernahm sie die DRV in ein Anstellungsverhältnis. Das Ganze hatte allerdings einen Haken: der Arbeitsplatz war etwa 160 km von ihrem Wohnort entfernt. Weil die Angestellte zwei minderjährige Kinder hat, kann sie auch nicht so einfach ihren Wohnort wechseln.

Im August 2019 beantragte die Arbeitgeberin beim Personalrat die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung

Ende 2018 wurde dann bei einem anderen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung eine Stelle frei, auf die die Fachangestellte sich auch bewarb. Nach einem Vorstellungsgespräch im Dezember 2018 erhielt sie die Einstellungszusage. Sodann schloss sie mit ihrer neuen Arbeitgeberin einen Arbeitsvertrag, in dem u.a. eine Probezeit von sechs Monaten vereinbart war. 

 

Im August 2019 beantragte die Arbeitgeberin beim Personalrat die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung der Angestellten. In dem Schreiben heißt es:

 

„Nach vorliegender Einschätzung / Anlassbeurteilung durch den Fachbereich vom 22.08.2019 erfüllt Frau A. zwar die fachlichen Anforderungen der Stelle, allerdings bestehen erhebliche Defizite an der persönlichen Eignung (Teamfähigkeit, Leistungsbereitschaft, Fähigkeit zum selbstständigen Arbeiten).

 

Seitens des Fachbereiches wurden während der Probezeit mehrere Gespräche mit der Mitarbeiterin geführt. Eine Verbesserung war nicht festzustellen.

 

Das Beschäftigungsverhältnis soll daher zum 30.09.2019 gemäß § 34 Abs. 1 TV-TgDRV wegen Nichtbestehens der Probezeit gekündigt werden.“

 

Mit Schreiben vom 16. September 2019 kündigte die Arbeitgeber in das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 30. September 2019.

Die Angestellte meint, die Kündigung sei unwirksam, weil sie mit der Arbeitgeberin eine Probezeit nur „pro forma“ vereinbart hätte

Gegen die Kündigung klagte die Sozialversicherungsfachangestellte vor dem Arbeitsgericht Stralsund, das allerdings der Arbeitgeberin Recht gab und die Klage abwies. Das LAG wies jetzt die Berufung der Angestellten zurück. Sie hat die Auffassung vertreten, dass die Kündigung wegen Verstoßes gegen das Kündigungsschutzgesetz unwirksam sei, da ihr Beschäftigungsverhältnis durchgängig seit 1998 bestehe. Es sei von einem einheitlichen Arbeitsverhältnis auszugehen.

 

Die Vereinbarung einer Probezeit sei deshalb unzulässig. Abgesehen davon sei die Kündigung aber auch sittenwidrig und verstoße gegen Treu und Glauben. Schon im Vorstellungsgespräch hätten die Personalverantwortlichen im Beisein der Personalratsvorsitzenden erklärt, dass eine Probezeit allenfalls „pro forma“ in den Vertrag aufgenommen und die Arbeitgeberin angesichts ihrer Qualitäten und ihrer Berufserfahrung davon keinen Gebrauch machen werde. 

 

Als sie ihre neue Stelle angetreten habe, habe sie ihre Vorgesetzte erneut auf die Probezeit angesprochen. Diese habe noch einmal versichert, eine Kündigung allenfalls bei dauerhafter Erkrankung oder im Falle eines Diebstahls in Betracht zu ziehen.

Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht halten die Kündigung für rechtmäßig

Zudem bestritt die Angestellte, dass ihre Arbeitgeberin den Personalrat ordnungsgemäß angehört habe. Sie habe ihm schon nicht die persönlichen Grunddaten wie Alter, Unterhaltspflichten, langjährige Vorbeschäftigung bei der Deutschen Rentenversicherung Bund usw. mitgeteilt.

 

Das LAG ließ sich indessen vom Vortrag der Sozialversicherungsfachangestellten nicht überzeugen.  Ein einheitliches Arbeitsverhältnis bestünde nicht. Sie habe vielmehr im April 2019 ein neues Arbeitsverhältnis mit ihrer jetzigen Arbeitgeberin begründet. Ihr vorangegangenes Arbeitsverhältnis mit der Deutschen Rentenversicherung Bund habe sie dementsprechend beendet.

 

Die Parteien hätten keine Vereinbarung geschlossen, nach der die Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes abgekürzt oder aufgehoben werde, so das Gericht. Ebenso wenig habe sich die Arbeitgeberin der Angestellten gegenüber rechtsverbindlich verpflichtet, von der vereinfachten Kündigungsmöglichkeit in der Warte- bzw. Probezeit keinen Gebrauch zu machen. Eine solche rechtsgeschäftliche Willenserklärung habe die Arbeitgeberin weder im Vorstellungsgespräch noch bei Arbeitsantritt ihr gegenüber abgegeben.

 

Ob eine Äußerung oder ein bestimmtes Verhalten als Willenserklärung zu verstehen sei, müsse das Gericht auslegen. Nach dem Gesetz sei entscheidend, wie die Parteien sie nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte verstehen mussten, wobei vom Wortlaut auszugehen sei. Gemäß der Rechtsprechung des BAG seien Umstände einzubeziehen, die außerhalb der Vereinbarung lägen, um den wirklichen Willen der Parteien zu ermitteln, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zuließen.

Die  Äußerung der Arbeitgeberin, die Probezeit sei nur „pro forma“, bedeutet keinen rechtsverbindlichen Verzicht auf arbeitgeberseitige Rechte

Vor allem seien die bestehende Interessenlage und der mit dem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck zu berücksichtigen. Im Zweifel sei der Auslegung der Vorzug zu geben, die zu einem vernünftigen und widerspruchsfreien Ergebnis führe, das den Interessen beider Vertragspartner gerecht werde. 

 

Selbst wenn zwei Mitarbeiterinnen der Arbeitgeberin beim Vorstellungsgespräch sich dahingehend geäußert haben sollten, dass eine Probezeit allenfalls „pro forma“ in den Vertrag aufgenommen werde und die Arbeitgeberin angesichts der klägerischen Qualitäten und ihrer Berufserfahrung davon keinen Gebrauch machen werde, ließe sich daraus kein rechtsverbindlicher Verzicht auf arbeitgeberseitige Rechte herleiten. Hierfür gebe es nach der Interessenlage keinerlei Anlass. 

 

Die Arbeitgeberin habe die Klägerin nicht veranlasst, den Job zu wechseln. Insbesondere habe sie die Angestellte nicht abgeworben. Vielmehr sei die Initiative von der Sozialversicherungsfachangestellten selbst ausgegangen, die aus persönlichen Gründen den Arbeitsort habe wechseln wollen.

 

Die Äußerungen der beiden Mitarbeiterinnen hätten lediglich die Erwartungshaltung der Arbeitgeberin ausgedrückt. Sie habe gerade nicht zugesichert, keine Probezeit in den Vertrag aufzunehmen oder auf eine Probezeit zu verzichten. Vielmehr habe sie bereits im Vorstellungsgespräch auf der Vereinbarung einer Probezeit bestanden, und sei es "pro forma". Aus dem diesem Zusatz ließe sich lediglich entnehmen, dass die Arbeitgeberin zum damaligen Zeitpunkt keinerlei Zweifel an einem erfolgreichen Verlauf der Probezeit gehabt hätte, weil sie die notwendigen Fachkenntnisse bei der Klägerin als gegeben angesehen habe. Bezogen auf die Fachkenntnisse sei die Arbeitgeberin davon ausgegangen, die Probezeit nur "pro forma“ zu benötigen.

Eine Kündigung in der Wartezeit ist nicht sitten- oder treuwidrig, weil ein Kündigungsgrund fehlt

Nach Auffassung des LAG war die Kündigung auch nicht sitten- oder treuwidrig. Das Gericht wies darauf hin, dass das Vertrauen des Arbeitnehmers in den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses während der Wartezeit dadurch beschränkt sei, dass er mit einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses ohne den Nachweis von Gründen rechnen müsse. Der Arbeitgeber habe bei der Einstellung eines Arbeitnehmers regelmäßig ein berechtigtes Interesse daran, prüfen zu können, ob der neue Mitarbeiter seinen Vorstellungen entspräche. 

 

Die Arbeitnehmerin habe keine Tatsachen dargelegt, die auf eine missbräuchliche Nutzung des Kündigungsrechts durch die Arbeitgeberin hindeuten würden. Das Fehlen eines Kündigungsgrundes sei kein Anzeichen für einen Rechtsmissbrauch, da ein solcher Grund in der Wartezeit gerade nicht erforderlich sei. Die Arbeitgeberin habe sich nicht widersprüchlich verhalten. Sie habe bei der Angestellten kein schutzwürdiges Vertrauen geweckt, dass sie von der erleichterten Kündigungsmöglichkeit in der Wartezeit keinen Gebrauch machen werde.

 

Das LAG hielt zudem auch die Anhörung des Personalrates für ausreichend. Die Arbeitgeberin habe den Personalrat nicht über den Tatsachenkern ihres Werturteils informieren müssen, das Arbeitsverhältnis nicht fortsetzen zu wollen. Es genüge bei einer Kündigung in der Wartezeit, wenn sie lediglich das Werturteil selbst als das Ergebnis ihres Entscheidungsprozesses mitteile. Der erst nach Ablauf der Wartezeit eintretende Kündigungsschutz dürfe nicht durch die Anforderungen vorverlagert werden, die an eine Anhörung des Personalrats gestellt würden.

Hier geht es zur Entscheidung des LAG Mecklenburg-Vorpommern: (Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 5. Oktober 2021 - 5 Sa 22/21PDF)

Das sagen wir dazu:

Die Entscheidung ist nicht zwangsläufig richtig (im juristischen Sinne), auch wenn sie nicht überrascht, sondern weitestgehend mit der Rechtsprechung deutscher Obergerichte korrespondiert. Die Klägerin im vorliegenden Verfahren hatte behauptet, die Arbeitgeberin hätte mehrfach darauf hingewiesen, dass die Probezeit nur „pro forma“ sei. Nach dem Duden kann „pro forma“ zwei Bedeutungen haben: zum einen bedeutet es „der Form halber, der Form wegen; um einer Vorschrift zu genügen“. Ein Beispiel wäre etwa, dass ein Formular „pro forma“ unterschrieben wird.

 

Weitaus häufiger wird der Ausdruck aber in seiner zweiten Bedeutung gebraucht: im Sinn von „nur zum Schein“. Beispiel wären etwa Ehen, die die Beteiligten nur schließen, damit sie einen Aufenthaltsstatus begründen.

 

„Pro forma“ in Bezug auf eine Probezeit kann ein/e Arbeitnehmer*in eigentlich nur im zweiten Sinne verstehen. Ganz offensichtlich hatte die Arbeitnehmerin das Thema „Probezeit“ als wichtig für ihre Entscheidung angenommen, den Arbeitsplatz zu wechseln. Schließlich hatte sie einen sicheren Arbeitsplatz bei der DRV, also im öffentlichen Dienst.

 

Allerdings unterscheidet das Gesetz schon zwischen Probezeit und Wartezeit in Bezug auf arbeitgeberseitigen Kündigungen. Auch wenn eine kürzere Probezeit vereinbart wird, ist das Kündigungsschutzgesetz doch erst nach Ablauf der Wartezeit anwendbar. Dem LAG ist also darin zuzustimmen, dass die Wartezeit durch die fragliche Äußerung der Mitarbeiterin des Arbeitgebers nicht verlängert wird.

 

Bei diesen Mitarbeiterinnen hat es sich aber immerhin um diejenigen gehandelt, die das Vorstellungsgespräch geführt und auch über die Einstellung entschieden haben. Insoweit darf nicht ohne Belang sein, wie die Sozialversicherungsfachangestellte die Äußerung verstanden hat bzw. wie sie sie aus Sicht verständiger Personalverantwortlicher verstanden haben muss.

 

Es hat sich doch offensichtlich so verhalten, dass die Angestellte ihre Entscheidung, eine sichere Anstellung im öffentlichen Dienst aufzugeben davon abhängig machen wollte, dass sie kündigungsschutzrechtlich nicht zurückfällt.

 

Bei der Prüfung gemäß 242 BGB muss dieser Umstand eine gewichtige Rolle spielen. Und zwar gemäß dem Rechtsgedanken des „venire contra factum proprium“, wie Jurist*innen ein Verhalten nennen, dass im Widerspruch zu einem ursprünglichen Verhalten steht. Jetzt ist es nicht so, dass unsere Rechtsordnung widersprüchliches Verhalten unbedingt verbietet. Während eines Dauerschuldverhältnisses können sich Rechtsauffassungen durchaus ändern.

 

Jeder Partei steht es in der Regel auch frei, sich auf die Nichtigkeit der von ihr abgegebenen Erklärung zu berufen. Das entspricht der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH). Widersprüchliches Verhalten ist gemäß der Rechtsprechung erst dann rechtsmissbräuchlich, wenn dadurch für den anderen Teil ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden ist oder wenn andere besondere Umstände die Rechtsausübung als treuwidrig erscheinen lassen.

 

Und genau das ist hier der Punkt. Wir kennen den konkreten Vortrag der Fachangestellten nicht. Es verhält sich aber ganz offensichtlich so, dass sie Ihre Entscheidung, den Arbeitsplatz zu wechseln, nicht getroffen hätte, wäre sie davon ausgegangen, dass die neue Arbeitgeberin ohne Grund das Arbeitsverhältnis kündigen kann. Damit hätte die Arbeitgeberin aber mit der Versicherung, die Probezeit sei „pro forma“ durchaus einen Vertrauenstatbestand geschaffen, den die Arbeitnehmerin dazu veranlasst hat, ein sicheres Arbeitsverhältnis aufzugeben. Zumindest wäre die Rechtsauffassung hier nicht falsch, dass die Kündigung treuwidrig ist und damit rechtswidrig, auch wenn das Kündigungsschutzgesetz nicht anzuwenden ist.

Rechtliche Grundlagen

§ 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)

§ 1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
Sozial ungerechtfertigte Kündigungen

(1) Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber einem Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis in demselben Betrieb oder Unternehmen ohne Unterbrechung länger als sechs Monate bestanden hat, ist rechtsunwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt ist.
(2) Sozial ungerechtfertigt ist die Kündigung, wenn sie nicht durch Gründe, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, oder durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers in diesem Betrieb entgegenstehen, bedingt ist. Die Kündigung ist auch sozial ungerechtfertigt, wenn
1.
in Betrieben des privaten Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in demselben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann
und der Betriebsrat oder eine andere nach dem Betriebsverfassungsgesetz insoweit zuständige Vertretung der Arbeitnehmer aus einem dieser Gründe der Kündigung innerhalb der Frist des § 102 Abs. 2 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes schriftlich widersprochen hat,
2.
in Betrieben und Verwaltungen des öffentlichen Rechts
a)
die Kündigung gegen eine Richtlinie über die personelle Auswahl bei Kündigungen verstößt,
b)
der Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz in derselben Dienststelle oder in einer anderen Dienststelle desselben Verwaltungszweigs an demselben Dienstort einschließlich seines Einzugsgebiets weiterbeschäftigt werden kann
und die zuständige Personalvertretung aus einem dieser Gründe fristgerecht gegen die Kündigung Einwendungen erhoben hat, es sei denn, daß die Stufenvertretung in der Verhandlung mit der übergeordneten Dienststelle die Einwendungen nicht aufrechterhalten hat.
Satz 2 gilt entsprechend, wenn die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen oder eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat. Der Arbeitgeber hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung bedingen.
(3) Ist einem Arbeitnehmer aus dringenden betrieblichen Erfordernissen im Sinne des Absatzes 2 gekündigt worden, so ist die Kündigung trotzdem sozial ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat; auf Verlangen des Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Gründe anzugeben, die zu der getroffenen sozialen Auswahl geführt haben. In die soziale Auswahl nach Satz 1 sind Arbeitnehmer nicht einzubeziehen, deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Der Arbeitnehmer hat die Tatsachen zu beweisen, die die Kündigung als sozial ungerechtfertigt im Sinne des Satzes 1 erscheinen lassen.
(4) Ist in einem Tarifvertrag, in einer Betriebsvereinbarung nach § 95 des Betriebsverfassungsgesetzes oder in einer entsprechenden Richtlinie nach den Personalvertretungsgesetzen festgelegt, wie die sozialen Gesichtspunkte nach Absatz 3 Satz 1 im Verhältnis zueinander zu bewerten sind, so kann die Bewertung nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.
(5) Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht, soweit sich die Sachlage nach Zustandekommen des Interessenausgleichs wesentlich geändert hat. Der Interessenausgleich nach Satz 1 ersetzt die Stellungnahme des Betriebsrates nach § 17 Abs. 3 Satz 2.