Geplante fristlose Kündigung eines Betriebsratsvorsitzenden geht ins Leere!
Geplante fristlose Kündigung eines Betriebsratsvorsitzenden geht ins Leere!

Die Arbeitgeberin, die eine Gießerei mit ca. 1.050 Beschäftigten betreibt, versuchte sich von ihrem für die Betriebsratstätigkeit freigestellten Betriebsratsvorsitzenden durch fristlose Kündigung zu trennen, da dieser einen zweitägigen Urlaub zwecks Besuchs einer gewerkschaftlichen Schulungsmaßnahme eigenmächtig angetreten habe.

Urlaub eigenmächtig angetreten?

Die Bewilligung zweier unbezahlter Urlaubstage sei vorher mehrfach ausdrücklich von dem zuständigen Personalleiter wegen dringend zu erledigender Aufgaben und aufgrund der Kurzfristigkeit des Urlaubsbegehrens abgelehnt worden.

Nachdem der Betriebsrat dem Antrag auf Zustimmung der fristlosen Kündigung des Vorsitzenden nicht zugestimmt hatte, hat die Arbeitgeberin daraufhin beim Arbeitsgericht die Ersetzung der vor Ausspruch einer fristlosen Kündigung erforderlichen Zustimmung des Betriebsrats beantragt.

Hilfsweise hat sie den Ausschluss des Vorsitzenden aus dem Betriebsrat beantragt, da er quasi "im Alleingang" immer wieder Beteiligungsrechte missbräuchlich ausnutze. So sei zum Beispiel über einen Antrag auf Mehrarbeit nicht entschieden worden, um den Arbeitgeber zu einem Verzicht auf Ausschlussfristen zu bewegen.

Angeblich hat ein Mitglied der Geschäftsleitung Urlaub vorab bewilligt

Der Betriebsrat und der Betriebsratsvorsitzende vertraten im Rahmen des Zustimmungsersetzungsverfahrens die Auffassung, dass ein Mitglied der Geschäftsleitung den Urlaub vorab bewilligt habe.

Im Übrigen könne der Vorsitzende die Lage seiner Arbeitszeit nach pflichtgemäßem Ermessen bestimmen. Ein Ausschluss aus dem Betriebsratsgremium komme nicht in Betracht, da nicht er sondern der Betriebsrat als solcher die Entscheidungen treffe.

Arbeitsgericht: Betriebsratsvorsitzender seit 15 Jahren abmahnungsfrei beschäftigt

Das Arbeitsgericht Düsseldorf wies die Anträge der Arbeitgeberin zurück. Zwar sei der eigenmächtige Urlaubsantritt eine Pflichtverletzung, doch aufgrund der erforderlichen Interessenabwägung genüge diese Pflichtverletzung nicht als Grund für eine fristlose Kündigung.

Bei der Entscheidungsfindung sei zu Gunsten des Betriebsratsvorsitzenden zu berücksichtigen, dass dieser seit 15 Jahren abmahnungsfrei beschäftigt sei. Die Anforderungen an die fristlose Kündigung seien sehr hoch, da der Vorwurf mit der Betriebsratstätigkeit zusammenhänge.

Hilfsweise geltend gemachter Ausschluss der Betriebsratsvorsitzenden geht in´s Leere

Der hilfsweise geltend gemachte Ausschluss des Vorsitzenden aus dem Betriebsrat scheitere bereits daran, dass die dargelegten Pflichtverletzungen, zum  Beispiel unzulässige Koppelungsgeschäfte, jeweils vom gesamten Betriebsrat beschlossen worden waren.

Gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.3.2016 kann die Arbeitgeberin Beschwerde beim Landesarbeitsgericht einlegen.

Anmerkung:

Sicherlich wäre es sinnvoller gewesen, wenn der Betriebsratsvorsitzende nicht zwei Tage unbezahlten Urlaub in Anspruch genommen hätte, ohne diese genehmigen zu lassen, wovon das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung ausgeht.

Andererseits mutet es schon befremdlich an, wenn ein Arbeitgeber einen Arbeitnehmer, egal ob Betriebsratsmitglied oder nicht, meint, sich von diesem nach 15 Jahren abmahnungsfreier Mitarbeit in einem solchen Fall durch fristlose Kündigung trennen zu müssen. Hier wäre eine Abmahnung ausreichend gewesen, sofern die Annahme des Arbeitsgerichts zutreffend sein sollte, wonach der Betriebsratsvorsitzende eigenmächtig zwei unbezahlte Urlaubstage in Anspruch genommen hat.

Denn, so weit ersichtlich, ist das Arbeitsgericht dem Vortrag des Betriebsrats und dessen Vorsitzenden überhaupt nicht nachgegangen, wonach ein Mitglied der Geschäftsleitung den Urlaub vorab bewilligt habe. Dies wurde offenkundig nicht für notwendig erachtet, da man schon bei Unterstellung der Richtigkeit des Vortrags der Arbeitgeberin zu dem Ergebnis kam, dass der Arbeitgeberin die Zustimmung zur fristlosen Kündigung des Betriebsratsvorsitzenden nicht zu erteilen war.

 

Hier gelangen Sie zur Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 10.03.2016. 

 

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Rechtliche Grundlagen

§ 103 BetrVG

Betriebsverfassungsgesetz
§ 103 Außerordentliche Kündigung und Versetzung in besonderen Fällen
(1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern des Betriebsrats, der Jugend- und Auszubildendenvertretung, der Bordvertretung und des Seebetriebsrats, des Wahlvorstands sowie von Wahlbewerbern bedarf der Zustimmung des Betriebsrats.
(2) Verweigert der Betriebsrat seine Zustimmung, so kann das Arbeitsgericht sie auf Antrag des Arbeitgebers ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Arbeitsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter.
(3) Die Versetzung der in Absatz 1 genannten Personen, die zu einem Verlust des Amtes oder der Wählbarkeit führen würde, bedarf der Zustimmung des Betriebsrats; dies gilt nicht, wenn der betroffene Arbeitnehmer mit der Versetzung einverstanden ist. Absatz 2 gilt entsprechend mit der Maßgabe, dass das Arbeitsgericht die Zustimmung zu der Versetzung ersetzen kann, wenn diese auch unter Berücksichtigung der betriebsverfassungsrechtlichen Stellung des betroffenen Arbeitnehmers aus dringenden betrieblichen Gründen notwendig ist.