Weil er die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung nicht darlegte, scheiterte ein Arbeitgeber mit seiner Kündigung vor Gericht.
Weil er die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung nicht darlegte, scheiterte ein Arbeitgeber mit seiner Kündigung vor Gericht.

Dies hat jetzt das Arbeitsgericht Iserlohn in einer Entscheidung bekräftigt.

Rüge der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung

Der gegen seine Kündigung klagende Arbeitnehmer bestritt im Verfahren, dass der Betriebsrat vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß gehört wurde. Vertreten wurde er vom Hagener Büro der DGB Rechtschutz GmbH.

Der Prozessvertreter des Arbeitgebers machte es sich daraufhin einfach: Er legte dem Arbeitsgericht lediglich das Anhörungsschreiben vor, verbunden mit der Behauptung, dieses Schreiben sei dem Betriebsrat von der Personalleitung übergeben worden und die Kündigung sei nach Ablauf der Anhörungsfrist ausgesprochen worden.

Nur der Verweis auf beigefügte Betriebsratsanhörung reicht nicht

Dies genügte dem Gericht nicht:
Rügt der Arbeitnehmer im Kündigungsschutzprozess nämlich die ordnungsgemäße Betriebsratsanhörung, hat der Arbeitgeber darzulegen, wann und unter Mitteilung welcher Tatsachen der Betriebsrat zu der beabsichtigten Kündigung angehört wurde, wann dem Betriebsrat das Anhörungsschreiben zugegangen ist und gegebenenfalls wann und wie der Betriebsrat reagiert hat.

Wichtig ist dabei: Das gilt auch dann, wenn sich diese Infos aus dem Anhörungsschreiben ergeben.

Kündigungsschutzklage in erster Instanz erfolgreich

Da der Arbeitgeber hier seiner Darlegungslast nicht nachgekommen war, gingen die Iserlohner Richter davon aus, dass die Betriebsratsanhörung nicht ordnungsgemäß erfolgt war. Sie gaben der Kündigungsschutzklage statt. Das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn ist noch nicht rechtskräftig. Ob diese Entscheidung in einer möglichen Berufung -auch zur Frage der Darlegung der Betriebsratsanhörung- Bestand haben wird, bleibt abzuwarten. In einem Berufungsverfahren haben Arbeitgeber ebenso wie die Arbeitnehmerseite die Möglichkeit, versäumten Vortrag nachzuholen. Dennoch kann die Rüge der ordnungsgemäßen Betriebsratsanhörung eine Möglichkeit sein, seine Verhandlungsposition in einem Kündigungsschutzprozess zu stärken.

Das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 29.9.2016, 4 Ca 945/16 kann hier nachgelesen werden.

 

Einen weiteren Fall zur Frage der Betriebsratsanhörung können Sie hier nachlesen:Betriebsratsanhörung bei Kündigung in der Probezeit

Allgemeine Fragen zur Kündigung beantworten wir in unserem Ratgeber Kündigung.

Unseren Flyer zum Thema Kündigung können Sie hier runterladen.

Rechtliche Grundlagen

§ 102 BetrVG: Mitbestimmung bei Kündigungen

§ 102 Betriebsverfassungsgesetz
(1) Der Betriebsrat ist vor jeder Kündigung zu hören. Der Arbeitgeber hat ihm die Gründe für die Kündigung mitzuteilen. Eine ohne Anhörung des Betriebsrats ausgesprochene Kündigung ist unwirksam.
(2) Hat der Betriebsrat gegen eine ordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber spätestens innerhalb einer Woche schriftlich mitzuteilen. Äußert er sich innerhalb dieser Frist nicht, gilt seine Zustimmung zur Kündigung als erteilt. Hat der Betriebsrat gegen eine außerordentliche Kündigung Bedenken, so hat er diese unter Angabe der Gründe dem Arbeitgeber unverzüglich, spätestens jedoch innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Der Betriebsrat soll, soweit dies erforderlich erscheint, vor seiner Stellungnahme den betroffenen Arbeitnehmer hören. § 99 Abs. 1 Satz 3 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat kann innerhalb der Frist des Absatzes 2 Satz 1 der ordentlichen Kündigung widersprechen, wenn
1.
der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers soziale Gesichtspunkte nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat,
2.
die Kündigung gegen eine Richtlinie nach § 95 verstößt,
3.
der zu kündigende Arbeitnehmer an einem anderen Arbeitsplatz im selben Betrieb oder in einem anderen Betrieb des Unternehmens weiterbeschäftigt werden kann,
4.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers nach zumutbaren Umschulungs- oder Fortbildungsmaßnahmen möglich ist oder
5.
eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers unter geänderten Vertragsbedingungen möglich ist und der Arbeitnehmer sein Einverständnis hiermit erklärt hat.
(4) Kündigt der Arbeitgeber, obwohl der Betriebsrat nach Absatz 3 der Kündigung widersprochen hat, so hat er dem Arbeitnehmer mit der Kündigung eine Abschrift der Stellungnahme des Betriebsrats zuzuleiten.
(5) Hat der Betriebsrat einer ordentlichen Kündigung frist- und ordnungsgemäß widersprochen, und hat der Arbeitnehmer nach dem Kündigungsschutzgesetz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist, so muss der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers diesen nach Ablauf der Kündigungsfrist bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits bei unveränderten Arbeitsbedingungen weiterbeschäftigen. Auf Antrag des Arbeitgebers kann das Gericht ihn durch einstweilige Verfügung von der Verpflichtung zur Weiterbeschäftigung nach Satz 1 entbinden, wenn
1.
die Klage des Arbeitnehmers keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint oder
2.
die Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers zu einer unzumutbaren wirtschaftlichen Belastung des Arbeitgebers führen würde oder
3.
der Widerspruch des Betriebsrats offensichtlich unbegründet war.
(6) Arbeitgeber und Betriebsrat können vereinbaren, dass Kündigungen der Zustimmung des Betriebsrats bedürfen und dass bei Meinungsverschiedenheiten über die Berechtigung der Nichterteilung der Zustimmung die Einigungsstelle entscheidet.
(7) Die Vorschriften über die Beteiligung des Betriebsrats nach dem Kündigungsschutzgesetz bleiben unberührt.