Private Chatprotokolle, die auf dem PC eines Arbeitnehmers gefunden werden, können im Kündigungsschutzprozess verwertbar sein. Das gilt auch dann, wenn die Daten unter Verstoß gegen straf- oder datenschutzrechtliche Vorschriften erlangt wurden.

Welcher Sachverhalt lag dem Urteil des Landesarbeitsgerichts zu Grunde?


Der Kläger des vorliegenden Kündigungsschutzprozesses beging gegen den Arbeitgeber ein Vermögensdelikt. In der Folge wurde ihm gekündigt. Nach Ausspruch der Kündigung fand der Arbeitgeber auf dem betrieblichen PC private Chatprotokolle des Mitarbeiters. Mit den Inhalten dieser Protokolle konnte er das gegen ihn begangene Vermögensdelikt nachweisen.

Beim beklagten Arbeitgeber war nur die gelegentliche Internetnutzung erlaubt. Außerdem wurde jeder Beschäftigte darauf hingewiesen, dass der Mitarbeiter keine Vertraulichkeit erwarten darf und der Arbeitgeber die Nutzung überwachen und bei gegebener Notwendigkeit die Daten einsehen kann.

Das Gericht hatte sich nun mit Frage zu befassen, ob dieses Vorgehen des Arbeitgebers rechtmäßig war und er diese Beweise auch verwerten durfte.

Wie hat das Landesarbeitsgericht entschieden?


Der Arbeitgeber durfte auf Chatprotokolle zugreifen, entschied nun das LAG Hamm.

Stützt sich der Arbeitgeber zum Nachweis des Vorwurfs, der Arbeitnehmer habe ein gegen ihn gerichtetes Vermögensdelikt begangen, auf den Inhalt von Chatprotokollen, die auf dem Arbeitsplatzrechner des Arbeitnehmers nach Ausspruch der Kündigung vorgefunden wurden, handelt es sich nicht um ein Nachschieben von Kündigungsgründen, zu dem der Betriebsrat vorher angehört werden muss.

Auch aus einer ggf. gegen § 206 StGB, § 88 TKG. § 32 BDSG und § 87 Absatz 1 Nummer 1 und 6 BetrVG verstoßenden Erlangung der auf einem Arbeitsplatzrechner vorgefundenen abgespeicherten Chatprotokolle folgt kein Beweisverwertungsverbot.

Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmern lediglich eine gelegentliche private Nutzung elektronischer Ressourcen gestattet und zugleich darauf hinweist, dass bei einer Abwicklung persönlicher Angelegenheiten auf elektronischen Geräten und über das Netzwerk der Mitarbeiter keine Vertraulichkeit erwarten und der Arbeitgeber die Nutzung überwachen und bei gegebener Notwendigkeit die Daten einsehen kann, die der Mitarbeiter anlegt oder mit anderen austauscht. Ein Arbeitnehmer muss, wenn er illegale Aktivitäten gegen seinen Arbeitgeber entwickelt, bei einer derart eingeschränkten Vertraulichkeit der Privatnutzung damit rechnen, dass Spuren, die er durch die Nutzung von elektronischen Ressourcen des Arbeitgebers hinterlässt, in einem Prozess gegen ihn verwendet werden.

Das LAG hat die Revision zum BAG zugelassen.

Auswirkungen der Entscheidung auf die Praxis:

Entscheidend war im vorliegenden Fall, dass der Arbeitgeber bereits im Vorfeld deutlich gemacht hatte, dass er sich einen Zugriff auf die PCs der Mitarbeiter offen hält. Der Schutz der Vertraulichkeit der persönlichen Daten der Beschäftigten war daher eingeschränkt.

Anders hätte die Sache vermutlich ausgesehen, wenn der Arbeitgeber die eingeschränkte Privatnutzung der PCs erlaubt hätte und sich gleichzeitig eine Überwachung der Nutzung nicht ausdrücklich vorbehalten hätte. Dann wäre zumindest nach diesseitiger Auffassung das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers als gewichtiger zu bewerten als das Aufklärungsinteresse des Arbeitgebers.

Da hier Belange des § 87 BetrVG betroffen sind, nämlich das Verhalten der Arbeitnehmer im Betrieb und gegebenenfalls sogar eine Einführung von technischen Überwachungseinrichtungen, mag es sinnvoll sein, eine regulierende Betriebsvereinbarung abzuschließen. Hier kann dann neben dem Umfang, in dem der PC überhaupt privat genutzt werden darf, auch festgelegt werden, ob und wann der Arbeitgeber einen Zugriff auf private Daten hat.
So wäre eine Beschränkung des Arbeitgeberzugriffs auf schwerwiegende Verdachtsmomente denkbar. Im vorliegenden Fall hätte dies freilich dem Arbeitnehmer nichts genutzt, da es um den Vorwurf eines Vermögensdelikts zu Lasten des Arbeitgebers ging.

Ob das BAG sich der Abwägung der betroffenen Rechte durch das LAG anschließt und die Entscheidung bestätigt, bleibt abzuwarten.

http://www.lag-hamm.nrw.de/infos/leitsaetze/index.php