Mit der herabwürdigenden Bezeichnung ihrer Vorgesetzten als „Ming-Vase“ hat eine Verkäuferin viel Porzellan zerschlagen und verliert nun ihren Arbeitsplatz.
Herr Boateng und die Ming-Vase
Die Verkäuferin hatte gegenüber einer Kollegin gesagt, „Heute muss ich darauf achten, dass ich die ausgesuchten Artikel richtig abhake, sonst gibt es wieder Ärger mit der Ming-Vase“. Ein Vorgesetzter, der dies hörte fragte sie, wen sie denn damit gemeint habe. Darauf antwortete die Verkäuferin: „Na Sie wissen schon, die Ming-Vase“ und zog die Augen mit den Fingern nach hinten, um eine asiatische Augenform zu imitieren.
Der Arbeitgeber hörte sie daraufhin zu diesem Vorfall an. In dem Gespräch erklärte sie, eine Ming-Vase stehe für sie für einen schönen und wertvollen Gegenstand. Die Die asiatische Augenform habe sie imitiert, um nicht „Schlitzauge“ zu sagen.
Zudem gab die Verkäuferin zu Protokoll, schwarze Kunden mit „Herr Boateng“ zu bezeichnen, weil sie diesen toll finde. Der Arbeitgeber, ein Kaufhaus mit internationalem Publikum, betrieb daraufhin die Kündigung der Verkäuferin.
Arbeitsgericht soll Zustimmung des Betriebsrats ersetzen
Die Verkäuferin war als Ersatzmitglied in den Betriebsrat nachgerückt, so dass sie nur mit Zustimmung des Betriebsrats gekündigt werden durfte.
Der Betriebsrat verurteilte zwar Rassismus an sich aufs Schärfste, sah aber konkret in den Äußerungen der Verkäuferin kein rassistisches Gedankengut und erteilte die Zustimmung daher nicht.
Der Arbeitgeber hatte deshalb beim Arbeitsgericht beantragt, dieses möge die fehlende Zustimmung des Betriebsrats zur außerordentlichen Kündigung ersetzen.
Arbeitsgericht: Rassistische Äußerung rechtfertigt fristlose Kündigung
Das Arbeitsgericht Berlin hat die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung ersetzt. Die Bezeichnung einer Vorgesetzten als „Ming Vase“ und die zur Verstärkung der Worte verwendeten Gesten seien geeignet, Mitmenschen anderer Herkunft auszugrenzen, zu beleidigen und herabzusetzen. Eine außerordentliche Kündigung sei daher unter Berücksichtigung der Umstände des Falls gerechtfertigt.
Denn in der Gesamtbetrachtung liege eine rassistische Äußerung vor, die die Pflicht zur Rücksichtnahme auf berechtigte Interessen des Kaufhauses als Arbeitgeber verletze. Für ein Kaufhaus von internationalen Ruf sei es nicht hinnehmbar, wenn eine Verkäuferin als Aushängeschild im täglichen Kontakt mit internationalem Publikum dieses wahlweise als „Ming-Vase“ oder „Herr Boateng“ oder mit sonstigen abwertenden Formulierungen bezeichne.
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Pressemitteilung des Arbeitsgerichts Berlin
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Das sagen wir dazu:
Das Verhalten von Betriebsrat und Verkäuferin zeigt, dass im Betrieb wohl dringend eine Schulung gegen Rassismus fällig ist. Denn selbst wenn man der Verkäuferin abnimmt, dass sie dies nicht „böse gemeint“ hat, weil sie ja Ming-Vasen schön findet: Mit der Zuschreibung zu einem Gegenstand aus einem anderen Kulturkreis bringt sie automatisch zum Ausdruck, dass die Vorgesetzte nicht dazu gehört. Das ist – völlig unabhängig von der tatsächlichen Intention – ausgrenzend und damit beleidigend. Hinzu kommt, dass sie einen Menschen als Gegenstand bezeichnet, was ebenfalls nicht schmeichelhaft ist.
Ihre Aussage, sie habe zur Erläuterung die Augen nach hinten gezogen, um nicht „Schlitzauge“ sagen zu müssen, zeigt zudem eine offenkundige Nähe zu „klassischen“ rassistischen Begrifflichkeiten. Man fragt sich schon, warum die Verkäuferin so viel Mühe investiert, bei der Vorgesetzte mit Worten und Gesten einen Fremdbezug herzustellen, statt sie einfach bei ihrem Namen oder ihrer Funktion zu nennen.
Ob sie wohl ihre Kollegin aus dem nahen Brandenburg auch als „Spreewaldgurke“ und Kunden aus Baden-Württemberg als „Herr Kretschmann“ tituliert? Wohl kaum, denn da man sich ja im selben Kulturkreis wähnt, entfallen derartige Zuschreibungen als Unterscheidungsmerkmal.
Kurzum: Das Arbeitsgericht Berlin hat völlig zu Recht jede Form von Fremdzuschreibung als Rassismus klassifiziert und dem Arbeitgeber die Kündigung erlaubt. Man kann nur hoffen, dass der Arbeitgeber es nicht bei dieser Maßnahme belässt, sondern den Vorfall zum Anlass nimmt, die verbleibende Belegschaft entsprechend zu schulen.
Rechtliche Grundlagen
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Das sagen wir dazu