Leitsatz der Redaktion

 

Will der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer wegen Diebstahls oder wegen eines Verdachts auf Diebstahl kündigen, muss er den Betriebsrat bei der Anhörung auch über den Verlauf des Arbeitsverhältnisses und die von ihm vorgenommene Interessenabwägung unterrichten.
Auch entlastende Umstände wie einen langen ungestörten Verlauf des Arbeitsverhältnisses darf er nicht verschweigen.

Anmerkung von Margit Körlings:

Die Klägerin ist 41 Jahre alt und seit 11 Jahren im Stadtbad als Reinigungskraft/Aufsicht beschäftigt. Ihr wird vorgeworfen fremde Gegenstände aus dem Fundsachen regal mitgenommen zu haben. Tatsächlich hat sie das Fundsachenregel nach einem Tauchring durchsucht, welcher ihrem Sohn gehören soll. Gefunden hat sie diesen nicht. Die Klägerin hat aber mit mehreren Kleidungsstücken das Bad verlassen.
Der Arbeitgeber kündigte fristlos, hilfsweise ordentlich.
Vorangegangen waren eine Abmahnung wegen Zuspätkommens und eine Ermahnung wegen eines Telefonates in der Arbeitszeit ohne die Kennzeichnung „privat“.
Dem Betriebsrat wurde der Sachverhalt geschildert. Die Interessenabwägung weshalb die fristlose Kündigung ausgesprochen wurde fehlte. Auch über die vorangegangenen Verfehlungen erhielt der Betriebsrat keine Mitteilung. Der Arbeitgeber hat auf diese Gründe aber seine Entscheidung gestützt.
Der Betriebsrat ist umfassend zu unterrichten. Dazu gehören alle Erwägungen, die kündigungsrelevant sind und daher zur Entscheidung des Arbeitgebers beigetragen haben. Der Betriebsrat muss den Sachverhalt nicht selbst erforschen. Selbst die Kenntnis des Betriebsrates von der Abmahnung und der Ermahnung genügt nicht. Der Arbeitgeber hätte den Betriebsrat darüber informieren müssen.
Dieses Versäumnis geht zu Lasten des Arbeitgebers. Die Kündigungen waren wegen nicht ordnungsgemäßer Betriebsratsanhörung unwirksam.

Das Urteil des LAG Schleswig-Holstein vom 10.01.2012, 2 Sa 305/11