Beharrliche Verstöße gegen Arbeitszeitregelungen können fristlose Kündigung begründen.
Beharrliche Verstöße gegen Arbeitszeitregelungen können fristlose Kündigung begründen.


Der Kläger war seit 1993 als ausgebildeter Verwaltungsangestellter mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 39 Stunden beim Bezirksamt Hamburg beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien fand der Tarifvertrag für die Länder (TV-L) Anwendung. Danach kann der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis nur noch aus wichtigem Grund kündigen. 
 

Grundsätzlich 20 Minusstunden zulässig

 
Die Dienstvereinbarung, die auf das Arbeitsverhältnis des Klägers Anwendung findet, sieht vor, dass das Zeitkonto grundsätzlich kein Zeitsaldo von mehr als 20 Minusstunden aufweisen darf. Wenn es dennoch kurzfristig zu mehr Minusstunden kommt, so sind diese innerhalb eines Monats abzubauen.
 

Seit 2007 kein störungsfreies Arbeitsverhältnis mehr


Nicht mehr störungsfrei verlief das Arbeitsverhältnis der Parteien seit 2007. Der Kläger wurde mehrfach abgemahnt. Der größte Anteil Abmahnungen betraf 15 Arbeitszeitverletzungen wegen verspäteter Arbeitsaufnahmen, mehrfaches unerlaubtes Entfernen vom Dienst sowie eine Abmahnung aufgrund einer Krankmeldung wegen einer Knieverletzung, was ihn nicht hinderte eine Stunde nach der Krankmeldung an einem Fußballspiel als Torwart teilzunehmen. Unter anderem erhielt der Kläger eine Abmahnung weil er den Dienst im Trainingsanzug statt in der vorgeschriebenen Dienstkleidung antrat).
 

Kläger missachtet permanent „Minusstunden-Grenze“  - Beklagte kündigt außerordentlich fristlos

 
Seit 2013 baute der Kläger immer mehr Minusstunden auf. Die zulässige Grenze von 20 Minusstunden überschritt er um ein Mehrfaches. Als das Arbeitszeitkonto
59 Minusstunden aufwies, kündigte die Beklagte dem Kläger außerordentlich fristlos. Die Kündigung begründete sie damit, dass der Kläger wiederholt gegen seine arbeitsvertragliche Pflicht zur Einhaltung der Arbeitszeit verstoßen habe. Erstinstanzlich war die Kündigungsschutzklage noch von Erfolg gekrönt. Das Landesarbeitsgericht (LAG) wies sie jedoch ab.
 
Die Richter*innen der 5. Kammer des LAG Hamburg kamen in ihrer Entscheidung vom 2.11.2016 zu dem Ergebnis, dass die dem Kläger ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung wirksam und das Arbeitsverhältnis der Parteien beendet ist.
 

LAG geht von beharrlicher Vertragsverletzung aus  - Abmahnung vor Kündigung nicht notwendig, da nicht Erfolg versprechend

 
Bereits im Oktober 2014, so das zweitinstanzlicher Gericht, habe er mit dem Kläger ein Gespräch wegen der Überschreitung geführt und vereinbart, die Minuseinheiten abzubauen. Der Kläger habe sich jedoch nicht an die Vereinbarung gehalten, sondern die Vorschriften der Dienstvereinbarung weiterhin beharrlich verletzt, indem er seit März 2013 seine Minusstunden sogar kontinuierlich ausgebaut habe. Auch weiteren Aufforderungen, die Minusstunden abzubauen, sei er nicht nachgekommen. Somit sei festzustellen, dass der Kläger seine Arbeitsleistung nicht erbracht und die Vertragspflicht beharrlich und in schwerwiegender Weise mit steigender Tendenz verletzt habe. Eine Abmahnung als mildere Reaktion auf das Fehlverhalten der Beklagten sei nicht geeignet gewesen, den Kläger zu vertragstreuem Verhalten anzuhalten, da er sich auch in der Vergangenheit von Abmahnungen nicht positiv beeinflussen lassen habe.
 
Hier finden Sie das vollständige Urteil des LAG Hamburg vom 2.11.2016:

Rechtliche Grundlagen

§ 34 Abs. 2 TV-L, § 626 BGB

§ 34 Abs. 2 Tarifvertrag für die Länder (TV-L) lautet:

„Arbeitsverhältnisse von Beschäftigten, die das 40. Lebensjahr vollendet haben und für die die Regelungen des Tarifgebiets West Anwendung finden, können nach einer Beschäftigungszeit (Absatz 3) von mehr als 15 Jahren durch den Arbeitgeber nur aus einem wichtigen Grund gekündigt werden. Soweit Beschäftigte nach den bis zum 30. September 2005 geltenden Tarifregelungen unkündbar waren, verbleibt es dabei.

Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 626 Fristlose Kündigung aus wichtigem Grund

(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.

(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.