Der Arbeitgeber engagiert Überwacher und der Überwachte muss das zahlen? Das Bundesarbeitsgericht setzt klare Maßstäbe. Copyright by Adobe Stock/Andrey Popov
Der Arbeitgeber engagiert Überwacher und der Überwachte muss das zahlen? Das Bundesarbeitsgericht setzt klare Maßstäbe. Copyright by Adobe Stock/Andrey Popov

Ein nicht alltäglicher Fall: Das Bundesarbeitsgericht hatte zu entscheiden, ob ein Arbeitgeber von seinem ehemaligen Beschäftigten den Ersatz von Überwachungskosten verlangen kann.
 

Verdacht von Compliance-Verstößen für zu Ermittlungen

Der Beschäftigte war Leiter des Zentralbereichs Einkauf und Mitglied der Führungsebene. Sein Jahresgehalt betrug zuletzt ca. 450.000 €.
 
Nachdem das Unternehmen mehrere anonyme Verdachtsmeldungen erhalten hatte, in denen dem Beschäftigten Compliance-Verstößen vorgeworfen wurden, entschied es, die Vorwürfe zu untersuchen und engagierte dafür eine auf die Durchführung von Compliance-Ermittlungen spezialisierte Anwaltskanzlei.
 
Diese legte einen Untersuchungsbericht vor, aus dem sich ergab, dass der Mitarbeiter:

  • auf Kosten der Arbeitgeberin ohne dienstliche Veranlassung Personen zum Essen eingeladen hat,
  • gegenüber der Arbeitgeberin Reisekosten für seine Fahrten zu Champions-League-Spielen des FC Bayern München abgerechnet hat und
  • die Tickets für die Spiele auf Anforderung von Geschäftspartnern der Arbeitgeberin erhalten hat.

 
Die Anwaltskanzlei stellte für ihre Tätigkeit ca. 210.000 € in Rechnung  - ausgehend von einem Stundenhonorar von 350 €.
 

Streit um Kündigung und Ersatz von Ermittlungskosten

Die Arbeitgeberin kündigte ihrem Mitarbeiter daraufhin fristlos, hilfsweise ordentlich. Sie berief sich auf Verstöße gegen das sogenannte Schmiergeldverbot, Abrechnung privater Auslagen und mehrfachen Spesenbetrug. Die Klage des Arbeitnehmers hiergegen hatte keinen Erfolg.
 
Darüber hinaus wollte die Arbeitgeberin nun von ihrem ehemaligen Mitarbeiter die Ermittlungskosten ersetzt bekommen.
 
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg dieses Urteil teilweise abgeändert und der Arbeitgeberin 66.500 € zugesprochen. Dies entspricht den Kosten bis zum Ausspruch der Kündigung.
 

Kosten müssen erforderlich sein

Der ehemalige Einkaufsleiter wollte auch diese Kosten nicht tragen und hatte damit jetzt vor dem Bundesarbeitsgericht Erfolg.
 
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts kann ein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer den Ersatz für Überwachungsmaßnahmen verlangen, wenn:

  • der konkrete Verdacht einer erheblichen Verfehlung besteht,
  • dieser Verdacht sich später bestätigt und
  • die Kosten erforderlich waren.

 
Am letzten Punkt nimmt das Bundesarbeitsgericht Anstoß: Die Arbeitgeberin habe nicht dargelegt, dass die von ihr geltend gemachten Kosten erforderlich waren. Es fehle an einer substantiierten Darlegung, welche konkreten Tätigkeiten bzw. Ermittlungen wann und in welchem zeitlichen Umfang wegen welchen konkreten Verdachts die Anwaltskanzlei ausgeführt hat.
 
Links
Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts
 
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Rechtliche Grundlagen

§ 249 BGB

Art und Umfang des Schadensersatzes
(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.
(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.