Wenn einer schwangeren Frau wiederholt ohne Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde gekündigt wird, kann dies einen Entschädigungsanspruch in Geld wegen Diskriminierung auslösen. Zu diesem Ergebnis kam das Arbeitsgericht Berlin am 08.05.2015. Der beklagte Arbeitgeber wurde verurteilt, eine Entschädigung in Höhe von 1.500 Euro an die Klägerin zu zahlen.

Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Bereits während der Probezeit hatte der Beklagte - ein Rechtsanwalt - der Klägerin gekündigt. Diese Kündigung wurde durch das Arbeitsgericht in einem vorausgegangenen Verfahren gemäß § 9 Mutterschutzgesetz (MuSchG) für unwirksam erklärt.

Die Klägerin hatte dem Arbeitgeber gleich nach der Kündigung unter Vorlage ihres Mutterpasses mitgeteilt, dass sie schwanger ist und der Arbeitgeber keine Zustimmung der Arbeitsschutzbehörde eingeholt habe. Einige Monate später kündigte der Arbeitgeber erneut, ohne zuvor die Zustimmung der zuständigen Aufsichtsbehörde einzuholen.


Seine Einlassung, er sei davon ausgegangen, dass die Schwangerschaft schon beendet sei, ließ das ArbG nicht gelten. Es erklärte auch die erneute Kündigung für unwirksam und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung einer Geldentschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)


Der Arbeitgeber habe aufgrund des ersten Kündigungsschutzverfahrens und der Kenntnis des Mutterpasses mit dem Fortbestand der Schwangerschaft rechnen müssen.

Anmerkung: Unglaublich aber wahr!

Unglaublich aber wahr: Der bei einem Rechtsanwalt beschäftigten schwangeren Klägerin wurden zwei Kündigungen ausgesprochen, obwohl deren Arbeitgeber, der nach § 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) ein unabhängiges Organ der Rechtspflege sein soll, von der bestehenden Schwangerschaft wusste. Offenkundig versteht sich der beklagte Rechtsanwalt nicht nur als unabhängiges Organ der Rechtspflege, sondern auch unabhängig davon, für Schwangere geltende Schutzvorschriften zu beachten.


Es mutet schon befremdlich an, dass eine Schwangere ihren Arbeitgeber, einen Rechtsanwalt, darauf hinweisen muss, dass die erste Kündigung schon deshalb unwirksam ist, da er versäumte, die Zustimmung zu dieser Maßnahme bei der zuständigen Arbeitsschutzbehörde zu beantragen. Nachdem der beklagte Rechtsanwalt durch das Arbeitsgericht erfahren musste, dass die Kündigung unwirksam ist, kündigte er erneut seiner weiterhin schwangeren Beschäftigten ohne den Versuch zu unternehmen, die hierfür notwendige Zustimmung einzuholen. 


Nachdem auch die zweite Kündigung für unwirksam erklärt wurde, kann es nicht verwundern, dass das Gericht auch dem Antrag der Klägerin auf Geldentschädigung nach § 15 AGG stattgab. Denn wer meint, in so eklatanter Weise geltendes Recht umgehen zu können, darf sich nicht wundern, wenn er zur Zahlung einer Geldentschädigung verurteilt wird. Diese ist aus hiesiger Sicht der Höhe nach geradezu mild ausgefallen.


Nach § 15 (1) AGG ist der Arbeitgeber verpflichtet, bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat, wovon in dem vom ArbGer Berlin entschiedenen Fall mitnichten ausgegangen werden konnte.


§ 15 (2) AGG regelt, dass wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen kann. 


Im Hinblick auf die Angemessenheit der zuerkannten Entschädigung versagt sich der Autor eine Kritik, meint jedoch, dass bei einem Beklagten, dem das AGG nicht fremd sein dürfte, auch ein Entschädigung in doppelter oder dreifacher Höhe sicherlich nicht unangemessen gewesen wäre.

Link zur Pressmitteilung zum Urteil des Arbeitsgericht Berlin vom 08.05.2015, Az.: 28 Ca 18485/15