Ein Kündigungsschreiben ist bereits dann in den Machtbereich des zu kündigenden Arbeitnehmers gelangt, wenn es einer Person übergeben wurde, die mit ihm in einer Wohnung lebt und „aufgrund ihrer Reife und Fähigkeiten“ geeignet erscheint, diesem das Schreiben weiterzuleiten. Damit entschied das Bundesarbeitsgericht den Fall eines Arbeitgebers, der das Kündigungsschreiben dem Ehemann der Klägerin an seinem Arbeitsplatz übergeben hatte.
Das BAG schränkte in seiner Entscheidung die Voraussetzungen des Zugangs insoweit ein, dass dieser erst gegeben ist, wenn mit der Weitergabe der Erklärung unter gewöhnlichen Verhältnissen zu rechnen ist. Das Kündigungsschreiben wurde dem Ehemann an seinem Arbeitsplatz in einem Baumarkt am 31. Januar 2008 übergeben. Er überreichte es seiner Ehefrau allerdings erst einen Tag später – am 1. Februar 2008. Mit ihrer Klage wollte die Arbeitnehmerin die Feststellung erreichen, dass ihr Arbeitsverhältnis erst nach Ablauf der einmonatigen Kündigungsfrist mit dem 31. März 2008 beendet worden ist.
Die Erfurter Richter entschieden dagegen, dass das Schreiben der Arbeitnehmerin bereits am 31. Januar 2008 über ihren Ehemann als Empfangsboten zugegangen sei. Für das BAG war „unter normalen Umständen nach der Rückkehr des Ehemanns in die gemeinsame Wohnung mit einer Weiterleitung des Schreibens zu rechnen“ – die Kündigung war also bereits an diesem Tag zugegangen.