Wer Gespräche heimlich aufzeichnet, verletzt das Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners.
Wer Gespräche heimlich aufzeichnet, verletzt das Persönlichkeitsrecht des Gesprächspartners.

Die Verwaltungsangestellte einer Familienkasse befand sich nach längerer Krankheit in der stufenweisen Wiedereingliederung. Währenddessen kam es zu einem Personalgespräch zwischen der Angestellten und ihrem Vorgesetzten.

Der Arbeitgeber kündigt zunächst wegen Krankheit

Dieses Gespräch nahm die Angestellte jedenfalls teilweise mit ihrem Smartphone auf. Der Vorgesetzte wusste davon nichts.
Die Familienkasse kündigte der Angestellten krankheitsbedingt, nachdem die Eingliederung abgebrochen wurde und auch ein BEM nicht zu Stande kam. Die die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage hatte vor dem Arbeitsgericht zwar Erfolg.
Allerdings legte die Klägerin in der Verhandlung ein Protokoll ihres heimlichen Mitschnitts vor. Das sollte beweisen, dass die Familienkasse die Eingliederung einseitig abgebrochen hatte.

Familienkasse kündigt erneut – diesmal verhaltensbedingt

Das nahm die Familienkasse zum Anlass, erneut zu kündigen. Erneut klagte auch die Angestellte. Sie vertrat die Auffassung, dass Gespräch habe aufgezeichnet werden müssen. Nur so hätte Sie beweisen können, dass ihr Arbeitgeber ihre Wiedereingliederung eigentlich verhindern und sie loswerden wolle.

Nun sahen das Arbeitsgericht und letztlich auch das Landesarbeitsgericht die Sache anders und gaben dem Arbeitgeber Recht. Das Verhalten der Angestellten verletze das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Vorgesetzten. Hiervon ist auch der Schutz des gesprochenen Wortes umfasst.

Mit dieser Verletzung habe sie wiederum ihre arbeitsvertragliche Pflicht verletzt, auf die Interessen ihres Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Mit der Vorlage des Protokolls in der Gerichtsverhandlung habe sie dann erneut ihre Rücksichtnahmepflicht verletzt. Dieses Verhalten sei letztlich auch nicht durch die schwierige Situation der Arbeitnehmerin zu rechtfertigen.

Praxistipp: Betriebsrat hinzuziehen

Die Angestellte war hier entweder schlecht (durch ihren Anwalt) oder gar nicht (von ihrem Personalrat) beraten. Dabei war sie aufgrund ihrer Erkrankung eigentlich in einer schützenswerten Position. Die heimliche und rechtswidrige Aufzeichnung wäre nicht nötig gewesen.

Der Arbeitnehmer hat in vielen Fällen die Möglichkeit, sich einen Beistand zu holen: Entweder er bedient sich eines Gewerkschaftsvertreters oder Anwalts. Oder bittet ein Mitglied der Arbeitnehmervetretung, also den Betriebsrat oder Personalrat um Begleitung. Auf die Hinzuziehung eines Anwalts besteht kein genereller Anspruch.

Allerdings gebietet der Grundsatz der Waffengleichheit, dass der Arbeitnehmer einen Anwalt mitnehmen kann, wenn auch der Arbeitgeber einen Anwalt oder Verbandsvertreter beim Gespräch dabei hat.

Anspruch auf Beiziehung eines Betriebsratsmitglieds

In diesen Fällen ordnet das Betriebsverfassungsgesetz ausdrücklich an, dass der Arbeitnehmer im Personalgrespräch ein Betriebsratsmitglied hinzuziehen darf:

  • Änderung der Tätigkeit des Arbeitnehmers, § 81 Abs. 4 BetrVG
  • Zusammensetzung des Arbeitsentgelts und beruflichen Perspektiven, § 82 Abs. 2 S. 2 BetrVG
  • Einsicht in die Personalakte, § 83 Abs. 1 S. 2 BetrVG
  • Beschwerde des Arbeitnehmers, § 84 Abs. 1 S. 2 BetrVG
  • Wichtig ist § 82 S. 1 BetrVG: Hier darf der Betriebsrat auf Wunsch des Arbeitnehmers dabei sein, wenn es um die »Möglichkeiten der beruflichen Entwicklung des Arbeitnehmers« geht. Mit dieser sehr allgemeinen gehaltenen Formulierung, hat man als Arbeitnehmer praktisch immer einen Anspruch. Zur Not lässt sich dieses Thema auch auf die Agenda des Gesprächs setzen.


Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 19/2016 vom 27.07.2016.


Das Urteil des Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz vom 03.02.2016 - Az.: 7 Sa 220/15 hier im Volltext

Rechtliche Grundlagen

§ 82 Abs. 2 S. 2 BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZ (BetrVG)

§ 82 Abs. 2 S. 2 BETRIEBSVERFASSUNGSGESETZ (BetrVG)

(1) Der Arbeitnehmer hat das Recht, in betrieblichen Angelegenheiten, die seine Person betreffen, von den nach Maßgabe des organisatorischen Aufbaus des Betriebs hierfür zuständigen Personen gehört zu werden. Er ist berechtigt, zu Maßnahmen des Arbeitgebers, die ihn betreffen, Stellung zu nehmen sowie Vorschläge für die Gestaltung des Arbeitsplatzes und des Arbeitsablaufs zu machen.

(2) Der Arbeitnehmer kann verlangen, dass ihm die Berechnung und Zusammensetzung seines Arbeitsentgelts erläutert und dass mit ihm die Beurteilung seiner Leistungen sowie die Möglichkeiten seiner beruflichen Entwicklung im Betrieb erörtert werden. Er kann ein Mitglied des Betriebsrats hinzuziehen. Das Mitglied des Betriebsrats hat über den Inhalt dieser Verhandlungen Stillschweigen zu bewahren, soweit es vom Arbeitnehmer im Einzelfall nicht von dieser Verpflichtung entbunden wird.