Wer als Schwangere vom besonderen Kündigungsschutz profitieren will, muss den Arbeitgeber rechtzeitig über die Schwangerschaft informieren.
Wer als Schwangere vom besonderen Kündigungsschutz profitieren will, muss den Arbeitgeber rechtzeitig über die Schwangerschaft informieren.

Das Büro der DGB Rechtsschutz GmbH in Halberstadt hat eine Kollegin vertreten, der im Wege künstlicher Befruchtung zwei Embryonen eingesetzt worden waren.
 

Kündigung nach künstlicher Befruchtung

 
Zwei Tage später erhielt sie die Kündigung von ihrem Arbeitgeber, einem Hotel, in dem sie als Zimmermädchen beschäftigt war.
 
Zu diesem Zeitpunkt wussten weder der Arbeitgeber noch sie selbst, dass die Einsetzung der Embryonen erfolgreich war. Erst zwei Wochen nach der Kündigung erfuhr die Arbeitnehmerin durch einen Hormontest, dass eine Frühschwangerschaft bestand. Das teilte sie ihrem Arbeitgeber dann fünf Tage später mit.
 
Reichte das aus, um sich auf den Kündigungsschutz für Schwangere zu berufen?
 

Wann beginnt die Schwangerschaft?

 
Nach der gesetzlichen Regelung im Mutterschutzgesetz ist die Kündigung einer Schwangeren unzulässig. Das heißt, die Arbeitnehmerin muss dafür zum Zeitpunkt der Kündigung bereits schwanger sein.
 
Bei einer natürlichen Befruchtung beginnt die Schwangerschaft in diesem Sinne mit dem rechnerisch frühestmöglichen Tag: Die Rechtsprechung rechnet dabei vom ärztlich bestimmten mutmaßlichen Geburtstermin 280 Tage zurück.
 
Bei einer künstlichen (in vitro-) Befruchtung wird als Beginn der Schwangerschaft demgegenüber der Tag der Einsetzung der Embryonen in die Gebärmutter angesehen.
 
Die Arbeitnehmerin war in dem geschilderten Fall somit bei Zugang der Kündigung bereits schwanger, da die Embryonen nachweislich zwei Tage zuvor eingesetzt worden waren.
 

Wann muss ich den Arbeitgeber informieren?

 
Voraussetzung für den Kündigungsschutz ist aber außerdem, dass die Schwangerschaft dem Arbeitgeber spätestens zwei Wochen nach der Kündigung mitgeteilt wird.
 
Wenn die schwangere Arbeitnehmerin diese 2-Wochen-Frist unverschuldet nicht einhalten kann, muss sie die Mitteilung nach der gesetzlichen Regelung umgehend nachholen. Und zwar „unverzüglich“.
 
Im Fall der Hotelangestellten aus Halberstadt war die 2-Wochen Frist verstrichen, da sie erst zwei Wochen nach der Kündigung erfahren hatte, dass eine mögliche Schwangerschaft bestand. Es war deshalb nicht ihre Schuld, dass sie die Frist nicht einhalten konnte.
 
Aber war die Mitteilung an der Arbeitgeber dann fünf Tage später auch noch „unverzüglich“?
 

Was heißt „unverzüglich“?

 
Das Arbeitsgericht Halberstadt hat entschieden, dass die Mitteilung noch rechtzeitig war. „Unverzüglich“ heißt im Sinne des Gesetzes „ohne schuldhaftes Zögern“. Natürlich hätte die Arbeitnehmerin hier ihren Arbeitgeber auch gleich am nächsten Tag nach dem Hormontest über die Schwangerschaft informieren können, und nicht erst fünf Tage später.
 
Das Gericht hat aber berücksichtigt, dass das Mutterschutzgesetz in erster Linie dem Schutz werdender Mütter dienen soll. Deshalb ist auch auf die spezielle Situation einer schwangeren Arbeitnehmerin besondere Rücksicht zu nehmen.
 
Der Hormontest hatte lediglich Hinweise auf eine Frühschwangerschaft ergeben, eine gesicherte Schwangerschaft lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor. Auch aus diesem Grund hat das Arbeitsgericht den Zeitraum von fünf Tagen bis zur Information des Arbeitgebers noch als rechtzeitig angesehen.
 
Die Arbeitnehmerin konnte sich damit auf das Kündigungsverbot im Mutterschutzgesetz berufen, so dass diese Kündigung nach der Entscheidung des Arbeitsgerichts Halberstadt unwirksam ist.



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Das sagen wir dazu:

Schwangerschaft ist in der Regel ein absoluter Unwirksamkeitsgrund für eine Kündigung des Arbeitgebers. Dadurch haben schwangere Arbeitnehmerinnen auch eine gewisse soziale Absicherung - zumindest bis zum Ende des vierten Monats nach der Geburt.
 
Darauf sollte man nicht unnötig verzichten. Deshalb ist es wichtig, die gesetzliche Frist im Kopf zu haben: Spätestens zwei Wochen nach der Kündigung muss dem Arbeitgeber die Schwangerschaft mitgeteilt werden.
 
Wenn diese Frist - ohne eigene Schuld - nicht eingehalten werden kann, dann muss die Information so schnell wie möglich nachgeholt werden. Durch zu langes Zögern kann der besondere Kündigungsschutz verloren gehen.

Rechtliche Grundlagen

§ 9 MuSchG

Kündigungsverbot

(1) Die Kündigung gegenüber einer Frau während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung ist unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zur Zeit der Kündigung die Schwangerschaft oder Entbindung bekannt war oder innerhalb zweier Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt wird; das Überschreiten dieser Frist ist unschädlich, wenn es auf einem von der Frau nicht zu vertretenden Grund beruht und die Mitteilung unverzüglich nachgeholt wird. Die Vorschrift des Satzes 1 gilt für Frauen, die den in Heimarbeit Beschäftigten gleichgestellt sind, nur, wenn sich die Gleichstellung auch auf den Neunten Abschnitt - Kündigung - des Heimarbeitsgesetzes vom 14. März 1951 (BGBl. I S. 191) erstreckt.

(2) Kündigt eine schwangere Frau, gilt § 5 Abs. 1 Satz 3 entsprechend.

(3) Die für den Arbeitsschutz zuständige oberste Landesbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle kann in besonderen Fällen, die nicht mit dem Zustand einer Frau während der Schwangerschaft oder ihrer Lage bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung in Zusammenhang stehen, ausnahmsweise die Kündigung für zulässig erklären. Die Kündigung bedarf der schriftlichen Form und sie muss den zulässigen Kündigungsgrund angeben.

(4) In Heimarbeit Beschäftigte und ihnen Gleichgestellte dürfen während der Schwangerschaft und bis zum Ablauf von vier Monaten nach der Entbindung nicht gegen ihren Willen bei der Ausgabe von Heimarbeit ausgeschlossen werden; die Vorschriften der §§ 3, 4, 6 und 8 Abs. 5 bleiben unberührt.