Änderungskündigung! Was nun?
Änderungskündigung! Was nun?

Marias Arbeitgeber möchte einzelne Bedingungen des Arbeitsvertrages ändern. Wenn Maria nicht einverstanden ist und die Veränderungen über das Weisungsrecht der Arbeitgeberin hinausgehen, bleibt dem Arbeitgeber nur noch die Möglichkeit, eine Änderungskündigung auszusprechen.

Maria arbeitet seit 2 Jahren als Kundenberaterin bei einem Möbelhaus, das mehrere Filialen hat.
Ihr Arbeitgeber beabsichtigt, sie in einer anderen Filiale zu beschäftigen.
Dort müsste Maria 15 Minuten früher als bisher mit der Arbeit beginnen. Außerdem möchte er Marias vertraglich vereinbartes Gehalt in Zukunft um 200 Euro pro Monat kürzen.

Änderungsvertrag

Wenn Maria mit diesen Veränderungen einverstanden ist, gibt es keine Probleme. Genauso, wie man Verträge schließen kann, kann man sie auch verändern. Maria und ihr Arbeitgeber vereinbaren in diesem Fall einen Änderungsvertrag, in dem sie regeln, wie sie den ursprünglichen Arbeitsvertrag ändern wollen, sowie ab welchem Zeitpunkt und wie lange die Änderungen gelten sollen.

Ausübung des Weisungsrechtes und Einschränkungen des Weisungsrechts

Ist Maria dagegen nicht einverstanden, kann ihr Arbeitgeber versuchen, die Änderungen einseitig durchzusetzen. Er ordnet die Änderungen einfach an und verweist darauf, dass er als Chef aufgrund seiner Weisungsbefugnis schließlich bestimmen könne, was in seinem Betrieb passiert.

Tatsächlich steht ihm ein solches Weisungsrecht grundsätzlich zu. Er kann bestimmen, wann, wo und wie Maria zu arbeiten hat. Aber es gibt 3 Einschränkungen seines Weisungsrechts.

  • Zum einen ist der Arbeitgeber an das gebunden, was er mit Maria im Arbeitsvertrag vereinbart hat. Wenn also beispielsweise in Marias Arbeitsvertrag ausdrücklich geregelt ist, dass sie in einer bestimmten Filiale arbeitet, kann ihr Arbeitgeber sie nicht aufgrund seines Weisungsrechtes in eine andere Filiale versetzen. Wenn dagegen vereinbart ist, dass der Arbeitgeber Maria auch an einem anderen Ort beschäftigen darf, ist eine Versetzung aufgrund des Weisungsrechts möglich.
  • Zum anderen scheidet eine einseitige Anordnung dann aus, wenn wesentliche Bereiche des Arbeitsverhältnisses betroffen sind. Das wäre mit Sicherheit dann der Fall, wenn Maria weniger Gehalt bekäme oder in eine andere Filiale versetzt würde. Dagegen ist der Kernbereich des Arbeitsvertrages nicht berührt, wenn Maria 15 Minuten früher mit ihrer Arbeit beginnen soll.
  • Auch wenn im Arbeitsvertrag gar nichts vereinbart ist, hat der Arbeitgeber kein vollkommen unbeschränktes einseitiges Bestimmungsrecht. Vielmehr ist er dann verpflichtet, nach billigem Ermessen zu handeln.

Bestandteile einer Änderungskündigung

Will der Arbeitgeber Maria also in eine andere Filiale versetzen oder eine geringere Vergütung bezahlen, bleibt ihm also nichts anderes übrig, als eine Änderungskündigung auszusprechen. Diese hat 2 Bestandteile.

  • Zum einen ist es eine ganz normale Kündigung mit dem Ziel, das Arbeitsverhältnis zu den bisherigen Bedingungen beenden.
  • Zum anderen beinhaltet sie das Angebot, das Arbeitsverhältnis zu geänderten Bedingungen fortzusetzen.


Eine Änderungskündigung an Maria könnte deshalb etwa lauten:

Sehr geehrte Frau …
Hiermit kündige ich das zwischen Ihnen und mir bestehende Arbeitsverhältnis ordentlich
zum 31. Oktober 2016.
Gleichzeitig biete ich Ihnen die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ab dem 1. November 2016 zu folgenden Bedingungen an:

  • Sie arbeiten nicht mehr in der Filiale A, sondern in der Filiale B.
  • Die monatliche Vergütung beträgt nicht mehr 2.800 Euro brutto, sondern 2.600 Euro brutto.


Mit freundlichen Grüßen

Gründe für eine Änderungskündigung

In jeder Änderungskündigung ist eine Beendigungskündigung enthalten. Deshalb gelten die Vorschriften des Kündigungsschutzes bei einer Änderungskündigung genau wie bei einer Beendigungskündigung. Und auch den Betriebsrat muss der Arbeitgeber vor der Änderungskündigung anhören. Tut er dies nicht, ist die Änderungskündigung unwirksam.
Wenn Maria länger als ein halbes Jahr bei ihrem Arbeitgeber mit mindestens 10 weiteren Kollegen*innen beschäftigt ist, ist das Kündigungsschutzgesetz zu beachten. In diesem Fall hängt die Wirksamkeit der Änderungskündigung im Wesentlichen ab, ob die Änderungen der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt sind.
Dies ist dann der Fall, wenn verhaltens-, personen- oder betriebsbedingte Gründe für die punktuelle Veränderung des Arbeitsverhältnisses vorliegen.

So kann beispielsweise im Bereich der

verhaltensbedingten Gründe die Versetzung in eine andere Abteilung gerechtfertigt sein, wenn Maria häufiger lautstarke Auseinandersetzungen in ihrer bisherigen Abteilung anzettelt.

Krankheits- und damit personenbedingte Gründe für eine Änderungskündigung kommen infrage, wenn ein neues Aufgabengebiet dazu führt, dass weniger krankheitsbedingte Fehlzeiten auftreten. Oder dann, wenn Maria aus sonstigen Gründen in ihrer Person - die nicht von ihr verschuldet sein müssen - zur bisherigen Arbeit ganz oder teilweise nicht mehr in der Lage ist.

Beruft sich der Arbeitgeber auf

...betriebsbedingte Gründe, muss er darlegen, aus welchen dringenden betrieblichen Gründen es nicht möglich ist, Maria weiter zu beschäftigen, wenn sie unter den bisherigen Arbeitsbedingungen arbeiten würde. Wenn es beispielsweise um eine Vergütungskürzung geht, kann eine andauernd schlechte Ertragslage ein betriebsbedingter Grund für die Kürzung der Vergütung sein. Dies gilt aber nur, wenn die finanzielle Misere nicht anders in den Griff zu bekommen ist und durch die Reduktion der Vergütung die Stilllegung des Betriebes oder Entlassungen verhindert werden können. Hier hat also die Rechtsprechung die Hürde für den Arbeitgeber verhältnismäßig hoch angesetzt.

Weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen

  • Eine Änderungskündigung muss schriftlich erfolgen. Dafür reichen weder ein Fax noch eine E-Mail aus.
  • Eine Änderungskündigung ist nur dann wirksam, wenn genau bestimmt ist, welche Bedingungen für das Arbeitsverhältnis nach Ablauf der Kündigungsfrist gelten sollen. Es reicht also zum Beispiel nicht aus, wenn das Angebot lautet: „Sie werden in eine andere Filiale versetzt.“ Erforderlich ist vielmehr, dass der Arbeitgeber die Filiale genau benennt.
  • Spricht der Arbeitgeber statt einer ordentlichen eine außerordentliche fristlose Änderungskündigung aus, muss dafür ein besonders wichtiger Grund vorliegen. Und es darf dem Arbeitgeber nicht zumutbar sein, Maria zumindest bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zu den alten Bedingungen weiter zu beschäftigen.

Marias Reaktionsmöglichkeiten

Auf ihre Änderungskündigung kann Maria unterschiedlich reagieren.

Maria tut gar nichts

Wenn Maria gar nichts unternimmt, führt das dazu, dass ihr Arbeitsverhältnis mit Ablauf 31. Oktober 2016 endet und Maria danach arbeitslos ist. Denn auch das Angebot zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses erlischt, wenn Maria es nicht innerhalb der Zeit annimmt, in der ihr Arbeitgeber üblicherweise eine Antwort erwarten darf.

Maria wehrt sich nicht gegen die Kündigung und erklärt, dass sie (jetzt doch) bereit ist, die Änderungen zu akzeptieren

In diesem Fall kann Maria nach Ablauf der Kündigungsfrist zu geänderten Bedingungen weiterarbeiten.

Maria möchte sich gegen die Kündigung wehren, ist aber unter gar keinen Umständen bereit, zu den geänderten Bedingungen zu arbeiten.

Dann muss sie innerhalb von 3 Wochen, nachdem sie die Änderungskündigung erhalten hat, eine Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben. Für Gewerkschaftsmitglieder besteht die Möglichkeit sich kostenfrei durch arbeitsrechtlich versierte Juristen*innen vor dem Arbeitsgericht vertreten zu lassen. Die Erhebung einer Kündigungsschutzklage ist auch bei der Rechtsantragsstelle eines Arbeitsgerichts möglich. Eine Beratung erfolgt dort aber nicht. Das Gericht überprüft, wenn das Kündigungsschutzgesetz anwendbar ist, nur, ob die Beendigungskündigung wirksam ist oder nicht.
Gewinnt Maria den Prozess, arbeitet sie zu den alten Bedingungen weiter. Verliert sie ihn, ist auch der Arbeitsplatz weg. Das Arbeitsverhältnis endet, wenn die Kündigungsfrist abgelaufen ist.

Maria möchte sich gegen die Kündigung wehren, will aber lieber die neuen Bedingungen akzeptieren als auf der Straße zu stehen, wenn sie den Prozess verliert.

Unter diesen Voraussetzungen hat Maria die Möglichkeit, das Änderungsangebot unter der Bedingung anzunehmen, dass sie vor Gericht mit ihrer Klage scheitert. Dies muss sie ihrem Arbeitgeber gegenüber erklären. Ganz wichtig ist dabei, dass Maria es rechtzeitig tut.

Sie muss das Änderungsangebot innerhalb ihrer Kündigungsfrist annehmen, spätestens aber 3 Wochen, nachdem ihr die Änderungskündigung zugegangen ist. Wenn Maria also zum Beispiel nur eine zweiwöchige Kündigungsfrist hat, hat sie auch nur diese zwei Wochen Zeit, das Angebot anzunehmen. Ist ihre Kündigungsfrist länger als 3 Wochen, spielt sie keine Rolle mehr, weil dann auf jeden Fall die 3-Wochen-Frist ab Zugang der Änderungskündigung einzuhalten ist.

Wenn Maria den Prozess gewinnt, kommt es nicht mehr darauf an, ob sie das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen hat. Denn dann kann sie ja ohne Veränderungen weiterarbeiten. Verliert sie aber vor Gericht und hat erklärt, dass sie das Angebot unter Vorbehalt annimmt, kann sie nach Ablauf der Kündigungsfrist zu geänderten Bedingungen weiterarbeiten, verliert also ihren Arbeitsplatz nicht.

Deshalb sollte Maria es sich wirklich ganz genau überlegen, ob sie das Risiko eines Arbeitsplatzverlustes wirklich eingehen will, oder ob sie nicht doch das Angebot ihres Arbeitgebers unter Vorbehalt annehmen möchte. Entscheidet sie sich für diese Vorgehensweise, überprüft das Gericht auch, ob Maria die vom Arbeitgeber gewünschten Änderungen zumutbar sind. Dafür kommt es auf eine Abwägung der beiderseitigen Interessen an. So haben zum Beispiel Gerichte eine Wegstrecke von bis zu 2 Stunden bis zur neuen Filiale grundsätzlich für zumutbar gehalten. Das könnte sich aber möglicherweise dann ändern, wenn Maria ihre an Alzheimer erkrankte Mutter pflegen muss.


Im Praxistipp: Zu berücksichtigende gesetzliche Vorschriften bei Änderungskündigung:
§ 2 (Änderungskündigung) und Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
§ 4 (Anrufung des Arbeitsgerichts) Kündigungsschutzgesetz (KSchG) sowie
§ 147 (Annahmefrist) Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)


 

 

 

Rechtliche Grundlagen

Zu berücksichtigende gesetzliche Vorschriften bei Änderungskündigung

Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
§ 2 Änderungskündigung

Kündigt der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis und bietet er dem Arbeitnehmer im Zusammenhang mit der Kündigung die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses zu geänderten Arbeitsbedingungen an, so kann der Arbeitnehmer dieses Angebot unter dem Vorbehalt annehmen, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 2 Satz 1 bis 3, Abs. 3 Satz 1 und 2). Diesen Vorbehalt muß der Arbeitnehmer dem Arbeitgeber innerhalb der Kündigungsfrist, spätestens jedoch innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung erklären.
---------------------------------------------------------------------------------------
Kündigungsschutzgesetz (KSchG)
§ 4 Anrufung des Arbeitsgerichts

Will ein Arbeitnehmer geltend machen, dass eine Kündigung sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist, so muss er innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung Klage beim Arbeitsgericht auf Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung nicht aufgelöst ist. Im Falle des § 2 ist die Klage auf Feststellung zu erheben, daß die Änderung der Arbeitsbedingungen sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam ist. Hat der Arbeitnehmer Einspruch beim Betriebsrat eingelegt (§ 3), so soll er der Klage die Stellungnahme des Betriebsrats beifügen. Soweit die Kündigung der Zustimmung einer Behörde bedarf, läuft die Frist zur Anrufung des Arbeitsgerichts erst von der Bekanntgabe der Entscheidung der Behörde an den Arbeitnehmer ab.
-------------------------------------------------------------------------------------
Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
§ 147 Annahmefrist

(1) Der einem Anwesenden gemachte Antrag kann nur sofort angenommen werden. Dies gilt auch von einem mittels Fernsprechers oder einer sonstigen technischen Einrichtung von Person zu Person gemachten Antrag.
(2) Der einem Abwesenden gemachte Antrag kann nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf.