Pilot muss seine Fortbildungskosten nicht zurückzahlen, wenn er aus krankheitsbedingten Gründen selbst kündigt.
Pilot muss seine Fortbildungskosten nicht zurückzahlen, wenn er aus krankheitsbedingten Gründen selbst kündigt.


Eine Fluglinie wollte nach der Kündigung eines Arbeitnehmers von diesem rund 23.000 Euro an Weiterbildungskosten zurückhaben.

Bruchlandung des Arbeitgebers

 
Es handelte sich um die Kosten der notwendigen Schulung für einen neuen Flugzeugtyp, für den der Pilot noch nicht zertifiziert war. Die Arbeitgeberin bestand auf der Rückzahlungsklausel im Arbeitsvertrag.
 
Diese sah vor, dass der Arbeitnehmer die Ausbildungskosten zurückzahlen muss, wenn er vor Ablauf von drei Jahren selbst kündigt. Der Arbeitgeber verlor, weil der Pilot krankheitsbedingt von sich aus gekündigt hatte.
 
Die vorformulierte Klausel im Arbeitsvertrag war nach Ansicht des Gerichts nichtig, weil sie nicht den gesetzlichen Anforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) genügte.

Rückzahlungsklauseln für Ausbildungskosten

 
Übernimmt ein Arbeitgeber Fortbildungskosten für einen Arbeitnehmer, will er durch die Rückzahlungsklausel vermeiden, dass dieser sich auf seine Kosten weiterbildet und dann zur Konkurrenz geht.
 
Er will daher oft vereinbaren, dass bei einer Arbeitnehmerkündigung innerhalb einer bestimmten Zeit nach der Fortbildung, der Arbeitnehmer die ganzen bzw. anteiligen Kosten der Weiterbildung ihn zahlen muss.
 
Die Rückzahlungsvereinbarungen werden fast immer vom Arbeitgeber vorgegeben, so dass sie vorformuliert sind und der AGB- Kontrolle unterliegen. Sie dürfen damit nicht an einer versteckten Stelle im Arbeitsvertrag stehen, müssen klar formuliert sein und den Arbeitnehmer nicht unangemessen benachteiligen.

Grund der Eigenkündigung zählt

 
Die streitige Klausel benachteiligte den Arbeitnehmer unangemessen und war daher unwirksam, entschied das Gericht.
 
Wenn ein ihr Arbeitnehmer krankheitsbedingt (dauerhaft) nicht in der Lage ist, die Tätigkeit als Pilot fortzuführen und das Arbeitsverhältnis aus diesem Grunde selbst kündigt, muss er die Weiterbildungskosten nicht bezahlen. Eine Vereinbarung im Arbeitsvertrag, die generell bei einer Eigenkündigung eine Rückzahlung auslöst, ist daher unwirksam.
 
Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 22/2017 vom 02.08.2017.
 
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Urteil des Arbeitsgerichts Ulm

Das sagen wir dazu:

Mit der Entscheidung, dass eine generelle Rückzahlungsklausel ohne Ausnahmen unwirksam ist, die nicht auf den Grund für die Eigenkündigung Rücksicht nimmt, hat das Arbeitsgericht Ulm praxisnah und richtig entschieden.

Urteil mit Signalwirkung


Ist der Arbeitnehmer so krank, dass er vereinbarte die Tätigkeit selbst nicht mehr ausüben kann, trifft ihn kein Verschulden an der Kündigung. Daher darf ihn auch nicht die Rückzahlungspflicht treffen.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichtes dürfte eine nicht unerhebliche Zahl von in der Arbeitswelt verwendeten Rückzahlungsvereinbarungen betreffen. Denn Arbeitgeber machen in der Formulierung häufig keinen Unterschied, ob der Arbeitnehmer die Eigenkündigung zu vertreten hat oder nicht.

Ein Arbeitnehmer, der sich mit einer solchen unwirksamen Klausel konfrontiert sieht, sollte bei Unterschrift des Vertrages im Hinterkopf behalten, dass diese Klausel höchstwahrscheinlich unwirksam ist.

Andere Unwirksamkeitsgründe möglich


Selbst wenn eine Rückzahlungsvereinbarung die Anforderungen an Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) erfüllt, d. h. insbesondere nicht unklar oder unangemessen benachteiligend ist, kann sie aus anderen Gründen unwirksam sein.

So muss die Dauer und der Umfang der Fortbildungsmaßnahme, Bindungszeit, Höhe der Fortbildungskosten, Steigerung des Marktwertes des Arbeitnehmers durch die Fortbildung sowie das Eigeninteresse des Arbeitnehmers an der Fortbildung das Interesse des Arbeitgebers übersteigen muss.

Das ist oft nicht der Fall, so dass Arbeitgeber mit ihrer Rückzahlungsforderung unterliegen.

Rechtliche Grundlagen

§ 307 BGB

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

(2) Eine unangemessene Benachteiligung ist im Zweifel anzunehmen, wenn eine Bestimmung
1. mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist oder
2. wesentliche Rechte oder Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so einschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

(3) Die Absätze 1 und 2 sowie die §§ 308 und 309 gelten nur für Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, durch die von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden. Andere Bestimmungen können nach Absatz 1 Satz 2 in Verbindung mit Absatz 1 Satz 1 unwirksam sein.