Was passiert, wenn auch noch eine Grippe dazukommt? Copyright by Adobe Stock/RioPatuca Images
Was passiert, wenn auch noch eine Grippe dazukommt? Copyright by Adobe Stock/RioPatuca Images

Die Antwort auf diese Frage hängt davon ab, wann Maria ihre Arbeitsfähigkeit ein weiteres Mal verliert.
 

Weitere Krankheit innerhalb der sechs Wochen Entgeltfortzahlung

Eine solche Situation könnte etwa eintreten, wenn Maria zunächst wegen
Rückenproblemen nicht arbeiten kann und sich dann auch noch ein Grippevirus einfängt.
 
Für die Entgeltfortzahlung ist von entscheidender Bedeutung, ob Marias orthopädische Beschwerden bereits vollständig ausgeheilt waren, als sie wegen der Grippe im Bett bleiben musste. Ist dies der Fall, bekommt sie ihr Entgelt für (weitere) sechs Wochen ab dem Tag, an dem sie wegen der Grippe arbeitsunfähig war. Anders sieht es aus, wenn sich die Grippe bereits zu einem Zeitpunkt bemerkbar macht, an dem die Rückenprobleme noch bestehen. In diesem Fall gehen die Arbeitsgerichte von einer „Einheit des Versicherungsfalls“ aus. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber Marias Entgelt lediglich für sechs Wochen ab dem Beginn der Rückenprobleme bezahlen muss. Geht Marias Arbeitsunfähigkeit wegen der Grippe über diesen Zeitpunkt hinaus, bekommt sie keine Entgeltfortzahlung mehr.
 

Darlegungs- und Beweislast

Kommt es wegen der Entgeltfortzahlung zu einem Prozess vor dem Arbeitsgericht, ist von entscheidender Bedeutung, wer was darlegen und beweisen muss.
 
Maria verlangt, dass ihr Arbeitgeber ihr Entgelt fortzahlt. Deshalb muss sie zunächst einmal darlegen, dass ihre Rückenprobleme bei „Grippebeginn“ vollständig ausgeheilt waren. Dazu wird sie in der Regel auf die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen ihrer Ärztin verweisen. Dann ist es am Arbeitgeber, Indizien vorzulegen, die geeignet sind, den Beweiswert der Krankschreibungen zu erschüttern.
 

Beispiel für Indizien nach der Rechtsprechung

Ein solches Indiz kann nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts  etwa sein, dass zwischen den bescheinigten Arbeitsverhinderungen lediglich ein Wochenende oder ein Tag liegt, an dem Maria ohnedies nicht hätte arbeiten müssen. Ein weiteres Indiz liegt nach dem Landesarbeitsgericht Köln vor, wenn die Arbeitsunfähigkeit in einem Jahr den absoluten Regelfall und die Arbeitsfähigkeit demgegenüber die absolute Ausnahme darstellt.
 

Erfolgreiches Vorlegen von Indizien

Gelingt es dem Arbeitgeber, den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zu erschüttern, muss Maria nachweisen, dass ihre erste Krankheit vollständig ausgeheilt war, als sich die Grippe bemerkbar machte. Dazu kann Maria beispielsweise ihre Ärztin als Zeugin benennen.
 

Weitere Krankheit nach den sechs Wochen Entgeltfortzahlung

Tritt Marias weitere Arbeitsunfähigkeit erst nach den sechs Wochen Entgeltfortzahlung auf, kommt es darauf an, ob dem die gleiche oder eine andere Krankheit zugrunde liegt.
 

Eine andere Krankheit

Dieser Fall ist unproblematisch. Bei einer anderen Krankheit ist der Arbeitgeber verpflichtet, das Entgelt für weitere sechs Wochen fortzuzahlen.
 

Die gleiche Krankheit

In diesem Fall ist die Pflicht des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung an Bedingungen geknüpft. Nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz kann Maria nur für weitere sechs Wochen Entgelt verlangen, wenn sie
 

  • vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war

 
oder
 

  • seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.

Ein Beispiel soll diese Voraussetzung erläutern: Maria ist von Januar bis einschließlich September wegen Rückenbeschwerden arbeitsunfähig. Von Oktober bis April des nächsten Jahres arbeitet sie wieder. Am 1. Juni kehren ihre Rückenbeschwerden zurück. In diesem Fall sind seit dem ersten Auftreten der Krankheit mehr als zwölf Monate verstrichen. Maria bekommt also ihr Entgelt ab Juni für weitere sechs Wochen.

BAG vom 11. Dezember 2019; AZ: 5 AZR 505/18

LAG Köln vom 15. November 2016; AZ: 12 Sa 453/16

Rechtliche Grundlagen

Entgeltfortzahlungsgesetz
§ 3 Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall
(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn
1.
er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder
2.
seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.
(2) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.
(3) Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.