Wirksamer Vergleichsabschluss durch Rechtsschutzsekretär? © Adobe Stock - Von fotofabrika
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Ein Rechtsschutzsekretär, der Gewerkschaftsmitglieder u.a.vor den Arbeitsgerichten vertritt, klagte als Prozessbevollmächtigter eines Gewerkschaftsmitglieds Ansprüche auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall beim Arbeitsgericht Stuttgart ein.

Das Gericht unterbreitete den streitenden Parteien einen schriftlichen Vergleichsvorschlag. Der Rechtsschutzsekretär nahm den Vergleich, zuerst per Fax und nachfolgend durch postalisch übersandten Schriftsatz, an. Unterzeichnet wurden beide Schreiben des Klägervertreters mit „A., Rechtsschutzsekretär“. Auch durch den Prozessbevollmächtigten der beklagten Partei wurde der Vergleich angenommen.

Rechtsschutzsekretär verfügt über Zulassung als Rechtsanwalt

Der Rechtsschutzsekretär verfügt über eine Zulassung als Rechtsanwalt, die er im Rahmen einer selbstständigen Nebentätigkeit für die Betreuung einzelner eigener Mandate insbesondere auf dem Gebiet des Betreuungsrechts nutzt. Im Rahmen seiner Tätigkeit bei der DGB Rechtsschutz GmbH (www.dgbrechtsschutz.de), die für Mitglieder von DGB Gewerkschaften Rechtsberatung und Prozessvertretung übernimmt, tritt er nicht als Rechtsanwalt auf.

Erklärungen durch Rechtsanwälte, die nicht als elektronisches Dokument eingereicht werden, sind unwirksam

Nach § 46g Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) sind bestimmende Schriftsätze, Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt nicht als elektronisches Dokument eingereicht werden, unwirksam. Umstritten ist allerdings, ob das Tatbestandsmerkmal „durch einen Rechtsanwalt“ rollen- oder statusbezogen zu verstehen ist.

Die 4. Kammer des Stuttgarter Arbeitsgericht kam zu dem Ergebnis, dass es sich um ein rollenbezogenes Verständnis handelt.

Lange Übergangszeiträume für Verbände

Für Arbeitgeberverbände, Gewerkschaften und die DGB Rechtsschutz GmbH habe, so das Gericht, der Gesetzgeber als Beginn für die verpflichtende Nutzung des elektronischen Rechtsverkehrs gestaffelte Termine ab dem Jahr 2024 vorgesehen. Dies sind für die Verbände lange Übergangszeiträume, die „aus Sicht der arbeitsgerichtlichen Praxis“ eventuell bedauert werden. Es stehe daher zu hoffen, „dass angesichts der mannigfaltigen Vorteile des elektronischen Rechtsverkehrs diese Fristen nicht ausgereizt werden.“

Wille des Gesetzgebers ist zu respektieren

Auch wenn das Gericht anklingen lässt, dass die den Verbänden eingeräumten langen Übergangszeiträume zu bedauern sind, stellt die 4. Kammer des Arbeitsgerichts Stuttgart in ihrem Beschluss fest, „dass der Wille des Gesetzgebers zur Einräumung langer Übergangszeiträume zu respektieren und nicht über den Umweg der Nutzungspflicht von Mitarbeitern der Verbände in einem von der Verbandstätigkeit völlig unabhängigen Nebenberuf zu konterkarieren ist.“

Vergleichsannahme wirksam

Da der Prozessbevollmächtigte des Klägers ausdrücklich als Rechtsschutzsekretär auftrat, so das Gericht, sei er für das Verfahren nicht als Rechtsanwalt i. S. v. § 46g ArbGG anzusehen. Somit sei der Vergleich wirksam erfolgt.

Hier geht es zum Beschluss des Arbeitsgericht Stuttgart vom 18.07.2022. 4 Ca 1688/22_

 

 

Rechtliche Grundlagen

§ 46g Arbeitsgerichtsgesetz

§ 46g Arbeitsgerichtsgesetz
Nutzungspflicht für Rechtsanwälte, Behörden und vertretungsberechtigte Personen

Vorbereitende Schriftsätze und deren Anlagen sowie schriftlich einzureichende Anträge und Erklärungen, die durch einen Rechtsanwalt, durch eine Behörde oder durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihr zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse eingereicht werden, sind als elektronisches Dokument zu übermitteln. Gleiches gilt für die nach diesem Gesetz vertretungsberechtigten Personen, für die ein sicherer Übermittlungsweg nach § 46c Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 zur Verfügung steht. Ist eine Übermittlung aus technischen Gründen vorübergehend nicht möglich, bleibt die Übermittlung nach den allgemeinen Vorschriften zulässig. Die vorübergehende Unmöglichkeit ist bei der Ersatzeinreichung oder unverzüglich danach glaubhaft zu machen; auf Anforderung ist ein elektronisches Dokument nachzureichen.