Das zweite Sozialgesetzbuch regelt einen Leistungsausschluss für Unionsbürger, die sich allein zum Zwecke der Arbeitssuche in Deutschland aufhalten. Diese Regelung ist umstritten. Das Sozialgericht Leipzig hatte dem EuGH deshalb die Rechtsfrage vorgelegt, ob die Regelung diskriminierend ist und damit gegen Europarecht verstößt. Das hat Generalanwalt Melchior Wathelet in seinen Schlussanträgen zum Vorabentscheidungsersuchen des Sozialgerichts Leipzig nun verneint. 

 

Übermäßige Belastung der Sozialsysteme im Blick

Für den Generalanwalt kommt es auf das Kriterium für den Leistungsausschluss an. Das SGB II stellt auf den  Grund für die Einreise des Antragstellers in das Staatsgebiet ab. Wenn das Fehlen einer tatsächlichen Verbindung mit diesem Staat durch das herangezogene Kriterium nachgewiesen werden könne und so eine übermäßige Belastung für das Sozialhilfesystem verhindert werden soll, verwehre es das Unionsrecht nicht, dass Staatsangehörige anderer Mitgliedstaaten von Leistungen ausgeschlossen werden. Die Leistungen der deutschen Grundsicherung für Arbeitssuchende ordnete er rechtlich dabei als besondere beitragsunabhängige Leistungen ein. Auch das ist nicht unumstritten.

 

Zustimmung zum Leistungsausschluss überraschend

Die Einschätzung des Generalanwalts dürfte so manchen überrascht haben. In der deutschen Rechtsprechung waren Zweifel aufgekommen, ob der  Leistungsausschluss aus § 7 SGB II europarechtskonform ist. Denn diese Regelung knüpft ausschließlich an die Staatsangehörigkeit an. Vereinzelt hatten Sozialgerichte bereits entgegen der gesetzlichen Norm Leistungen bewilligt. So auch das Sozialgericht Dortmund. Über den Fall einer spanischen Familie hatten wir berichtet.

 

Auf dem rechtspolitischen Kongress in Berlin wurde die Frage auch diskutiert. Die Prognosen für die anstehende Entscheidung des EuGH gingen in die Richtung, dass dieser eine Einzelfallentscheidung fordern wird statt einem pauschalen Ausschluss zuzustimmen. Auch das Bundessozialgericht hat seine Zweifel, ob der Leistungsausschluss für Ausländer bei Aufenthalt zur Arbeitssuche mit Europäischem Recht vereinbar ist. Es hatte deshalb schon in einer Entscheidung aus Dezember 2013 dem Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Fragen in diesem Zusammenhang zur Vorabentscheidung vorgelegt. Ob diese Fragen nunmehr alle beantwortet sind, kann noch nicht abgeschätzt werden.

 

Silke Clasvorbeck - Bielefeld

Link zur Pressemitteilung des EuGH:
Link zu den Schlussanträgen des Generalanwalts:
Link zum Artikel Hartz IV für spanische Familie trotz gesetzlichem Leistungsausschluss:
Link zur Nachricht Rechtspolitischer Kongress in Berlin, 25. und 26. März 2014 Sozialversicherungssysteme und Grundsicherung: