Gegen Mobbing am Arbeitsplatz kann man sich wehren
Gegen Mobbing am Arbeitsplatz kann man sich wehren

Maria schreckt mitten in der Nacht aus dem Schlaf auf. Sie ist schweißgebadet. Die panische Angst davor, in wenigen Stunden zur Arbeit zu müssen, lässt ihre Hände zittern. Ständig hat Karl sie in den letzten Monaten beleidigt, schikaniert, angefeindet und diskriminiert. Kann sie Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld verlangen? Und wenn ja: von wem?


Was ist Mobbing?


Es gibt keine gesetzliche Vorschrift, die ausdrücklich regelt, welche Ansprüche einem Mobbingopfer zustehen. Mehr noch: Der Ausdruck „Mobbing“ taucht in keinem einzigen Gesetz auf. Deshalb sagt das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass auch in Mobbing-Fällen allein nach den allgemeinen gesetzlichen Regeln zu beurteilen ist, ob arbeitsrechtliche Pflichten oder ein Recht bzw. Rechtsgut Marias verletzt wurden und deshalb Schadensersatz zu leisten ist.


Als Anspruchsgrundlage kommen die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Betracht.


Sind die jeweiligen Voraussetzungen erfüllt, kann Maria einen Anspruch auf Schadensersatz und/oder Schmerzensgeld nicht nur gegen Karl, sondern unter bestimmten Voraussetzungen auch gegen die Arbeitgeberin haben.


Ansprüche nach den Regelungen des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB

 

Da Karl Maria peinigt, liegt es nahe, dass sich Maria an ihn wendet. Eine Pflicht zum Schadensersatz besteht für Karl nur, wenn er systematisch und mit der Zielrichtung handelt, Marias allgemeines Persönlichkeitsrecht und/oder ihre Gesundheit zu beeinträchtigen. Es muss über einen längeren Zeitraum hin-weg eine fortgesetzte Kette von systematischen Benachteiligungen bzw. Schikanen vorliegen.


Übliche Konfliktsituationen am Arbeitsplatz lösen keine Schadensersatzpflicht aus. Was noch „üblich“ und was bereits „systematisch und zielgerichtet“ ist, kann nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls beurteilt werden. Dabei gilt, dass viele kleine, für sich genommen „harmlose“ Vorkommnisse in einer Gesamtschau zu einem Schadensersatzanspruch führen können.

Maria kann sich statt an Karl auch an ihre Arbeitgeberin wenden. Das ist sinnvoll, wenn bei Karl vermutlich nichts zu holen sein wird.


Die Arbeitgeberin könnte jedoch einwenden: „Wieso soll ich Schadensersatz leisten? Ich habe doch gar nichts gemacht!“ Dieser Einwand ist nur berechtigt, wenn Karl nicht Marias Vorgesetzter ist. Sind Maria und Karl gleichrangige Kolleginnen, kann Maria von ihrer Arbeitgeberin nach den Regeln des BGB keinen Schadensersatz verlangen.


Ersatzfähiger Schaden


Unabhängig davon, an wen Maria sich wendet, muss ihr aufgrund der Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts und/oder ihrer Gesundheit ein materieller Schaden entstanden sein.


Ein solcher Schaden kann zum Beispiel in Behandlungskosten bestehen, die von der Krankenkasse nicht übernommen werden. Aber auch eine entgangene Gehaltserhöhung oder eine niedrigere Rente wegen Frühverrentung kommt als Schadensposten in Betracht.


Maria hat jedoch zu beachten, dass sie verpflichtet ist, ihren Schaden möglichst klein zu halten. Sie kann also beispielsweise nicht die Kosten für eine extrem teure Spezialtherapie geltend machen, wenn es eine wesentlich billigere, aber gleich wirksame Behandlungsmöglichkeit gibt.


Ursächlicher Zusammenhang zwischen Handlung und Schaden


Voraussetzung für einen Schadensersatzanspruch ist weiter, dass die Rechtsverletzung den eingetretenen materiellen Schaden verursacht hat.


Das wird beispielsweise dann problematisch, wenn die aufgetretene psychische Erkrankung Ursachen haben könnte, die nichts mit Marias Arbeitsverhältnis zu tun haben. In einem solchen Fall wird es letztlich auf das Ergebnis des Gutachtens eines Facharztes für Neurologie/Psychiatrie ankommen.


Anspruch auf Schmerzensgeld


Der Schadensersatz soll einen materiellen Schaden ausgleichen, also einen eingetretenen Vermögensschaden wieder beseitigen. Dem gegenüber dient Schmerzensgeld dem Ausgleich von immateriellen Schäden, wie zum Beispiel dafür, dass Maria körperliche oder seelische Schmerzen erdulden muss.


Voraussetzung von Schmerzensgeld ist immer, dass Maria einen Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung hat. Es müssen also zusätzlich zum immateriellen Schaden die oben dargestellten Voraussetzungen vorliegen.


Die Höhe des Schmerzensgeldes legt das Gericht nach billigem Ermessen fest. Maria sollte bei einer Klage auf Schmerzensgeld also beantragen: „Die Beklagte wird zur Zahlung eines Schmerzensgeldes verurteilt, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, das aber nicht

unter … Euro liegen sollte.“


Wer muss was beweisen?


Das Hauptproblem bei der gerichtlichen Durchsetzung von Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüchen ist, dass Maria - egal, gegen wen sie Ansprüche geltend macht - behaupten und beweisen muss, dass Karl sie beleidigt, schikaniert oder diskriminiert hat. Maria muss die einzelnen Mobbingaktivitäten konkret nach Zeit, Ort und beteiligten Personen darlegen. Dabei reicht es nicht aus, wenn Maria etwa pauschal behauptet: „Ich wurde ständig beleidigt“ oder „Karl hat mich sexuell belästigt“. Erforderlich ist vielmehr: „Am 2.7.2013 hat Karl um 10.32 Uhr in Halle B zu mir gesagt: ‚Du Schlampe!’“ oder „Am 6.7.2013 hat Karl mich um 16.46 Uhr hinter den Getränkeautomat gedrängt und versucht, mich zu küssen“.


So ein detaillierter Vortrag ist vor allem bei länger zurückliegenden Vorfällen sehr schwierig. Er kann nur gelingen, wenn Maria sich jeden einzelnen Vorfall sorgfältig notiert, um eventuell auch nach Jahren noch darauf zurückgreifen zu können. Außerdem wird Karl oder Marias Arbeitgeberin im Prozess die Vorfälle sehr wahrscheinlich entweder ganz bestreiten oder sie zumindest bagatellisieren. In diesem Fall muss Maria das Gegenteil beweisen. Deshalb sollte Maria sich unmittelbar nach dem eigentlichen Vorfall zusätzlich gleich notieren, wer das Geschehen möglicherweise vor Gericht bezeugen könnte.


Aber selbst wenn Maria alle einzelnen Vorfälle sauber dokumentiert und im Prozess vorgetragen hat, ist sie immer noch nicht am Ziel. Sie muss zusätzlich eine systematische und zielgerichtete Verletzung ihrer Rechtsgüter darlegen und beweisen.

Die Latte, die die Gerichte bei Schadensersatzansprüchen wegen Mobbings aufgebaut haben, liegt also mehr als hoch.


Achtung: Ausschlussfristen!


In vielen Tarif- und Arbeitsverträgen sind Ausschlussfristen vereinbart. Das bedeutet, dass Ansprüche innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden müssen. Geschieht dies nicht, verfällt der Anspruch endgültig.


In einem Urteil aus dem Jahre 2007 hat das BAG für einen bestimmten Tarifvertrag entschieden, dass auch Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche wegen Mobbing unter die vereinbarten Ausschlussfristen fallen. Dieser Tarifvertrag verwendet absolut gängige Formulierungen. Das bedeutet, dass das Ergebnis des BAG auf die meisten Vereinbarungen von Ausschlussfristen anwendbar ist.


Doch wann beginnen diese Ausschlussfristen zu laufen? Das BAG beantwortet diese Frage in derselben Entscheidung. Die Frist beginnt „… in Mobbingfällen regelmäßig mit Abschluss der zeitlich letzten vorgetragenen ‚Mobbing-Handlung’“. Das bedeutet, dass auch Schadensersatz und Schmerzensgeld verlangt werden kann, wenn einzelne Vorfälle bereits jahrelang zurückliegen. Falls die Mobbinghandlungen aufhören, etwa, weil Karl den Betrieb verlässt, kann Maria den Anspruch nur noch bis zum Ablauf der Ausschlussfrist geltend machen.


Ansprüche aus Allgemeinem Gleichbehandlungsgesetz


Das Allgemeine Gleichstellungsgesetz (AGG) regelt ebenfalls Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche. Dafür muss ein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegen. Das ist dann der Fall, wenn Maria aus einem oder mehreren der folgenden Gründe benachteiligt wurde:


  • wegen ihrer Rasse
  • wegen ihrer ethnischen Herkunft
  • wegen ihres Geschlechts
  • wegen ihrer Religion/Weltanschauung
  • wegen einer Behinderung
  • wegen ihres Alters oder
  • wegen ihrer sexuellen Identität.


Eine Benachteiligung liegt bereits vor, wenn eine Person wegen eines oder mehrerer der oben genannten Gründe „eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde.“ Das Gesetz fasst den Benachteiligungsbegriff also außerordentlich weit.


Sehr häufig entstehen Ansprüche nach dem BGB und nach dem AGG aufgrund derselben Sachverhalte. Trotzdem bestehen ganz erhebliche Unterschiede hinsichtlich der Voraussetzungen und hinsichtlich der Rechtsfolgen.


Besonderheiten des AGG-Verfahrens (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz - AGG)


Im Rahmen des AGG kann sich Maria ausschließlich an ihre Arbeitgeberin richten. Ein Anspruch gegen Karl wie bei den Regelungen des BGB ist nicht möglich.


Es ist nicht erforderlich, dass ein systematisches und zielgerichtetes Handeln zu Marias Schädigung vorliegt. Theoretisch kann für einen Schadensersatzanspruch eine einzige Mobbinghandlung ausreichen. In der Praxis wirkt sich dieser Unterschied aber allenfalls in ganz besonderen Extremfällen aus. Voraussetzung bleibt nämlich, dass ein materieller Schaden entstanden ist. Das dürfte bei einem einmaligen Mobbingverhalten kaum jemals der Fall sein.


Wie bei Ansprüchen nach dem BGB kann die Arbeitgeberin auch nach dem AGG schadensersatzpflichtig sein, wenn das Mobbing von ihr selbst oder von Marias Vorgesetzten ausgeht. Darüber hinaus kommt im Bereich des AGG eine Haftung der Arbeitgeberin auch für Dritte in Betracht. So zum Beispiel für das Verhalten von Lieferanten und Kunden des Betriebs.



Muss der Arbeitgeber „schuld“ sein?


Eine Schadensersatzpflicht besteht jedoch nur, wenn Marias Arbeitgeberin die Rechts- oder Rechtsgutsverletzung „vertreten“ muss. Das ist der Fall, wenn sie in irgendeiner Weise “etwas dafür kann“. Für die Rechtsprechung widerspricht dieses gesetzliche Vertreten-Müssen nicht der europäischen Richtlinie, deren Ausfluss das AGG ist; BAG vom 18.06.2015 8 AZR 848/13 sowie Bundesverwaltungsgericht vom 25.07.2013 2 C 12/11.


Viele andere Juristen sind dagegen der Auffassung, dass für einen Schadensersatzanspruch kein Verschulden der Arbeitgeberin erforderlich sei. Dieser Meinungsstreit ist von Belang, weil es für Maria einfacher wäre, Schadensersatz zu bekommen, wenn sich die anderen Juristen gegen die Rechtsprechung durchsetzen könnten.


Bis dahin werden die Gerichte weiterhin prüfen, ob die Arbeitgeberin die Rechts- oder Rechtsgutsverletzung zu vertreten hat. Das ist auch dann der Fall, wenn die Arbeitgeberin ein so genanntes Organisationsverschulden trifft, wenn sie also ihren Verpflichtungen aus § 12 AGG nicht nachgekommen ist. Danach muss sie die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen treffen und ihre Mitarbeiter*innen schulen, damit Benachteiligungen gar nicht erst auftreten.


Bei Ansprüchen auf Ersatz eines immatriellen Schadens sind sich alle einig: Ein Verschulden der Arbeitgeberin ist nicht erforderlich. Einigkeit besteht auch darüber, dass bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot immer ein immaterieller Schaden vorliegt.


Ausschlussfristen nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)


Schadensersatzansprüche nach dem AGG müssen nach innerhalb einer Frist von zwei Monaten der Arbeitgeberin gegenüber schriftlich geltend gemacht werden. Die Frist beginnt zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung erfährt.


Darüber hinaus muss der Anspruch auf Ersatz eines immateriellen Schadens „innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden war“ beim Arbeitsgericht eingeklagt werden. Für eine Klage auf Ersatz eines materiellen Schadens gilt dies jedoch nicht.


Wer muss was beweisen


Im Bereich des BGB muss Maria darlegen und im Fall des Bestreitens beweisen, dass Karl sie beleidigt, diskriminiert oder schikaniert hat, und ihr gerade deshalb ein materieller Schaden entstanden ist. Das gilt für einen AGG-Anspruch genauso.


Zusätzlich muss Maria hier aber behaupten und nachweisen, dass die Benachteiligung gerade wegen ihres Geschlechts, ihrer ethnischen Herkunft oder anderer gesetzlicher Merkmale erfolgt ist. Kommt Maria beispielsweise ursprünglich aus einem afrikanischen Land und Karl sagt „Du Schlampe!“ zu ihr, müsste Maria vortragen und beweisen, dass Karl sie gerade wegen ihrer ethnischen Herkunft beleidigt hat.


Dies dürfte im Einzelfall sehr schwer werden. Deshalb sieht das Gesetz eine Erleichterung für Maria vor. Gelingt es ihr, darzulegen und zu beweisen, dass Karl für die AfD im Gemeinderat sitzt oder sich in Leserbriefen fremdenfeindlich geäußert hat, muss Marias Arbeitgeberin beweisen, dass kein Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot vorliegt.

 


Alle erwähnten gesetzlichen Normen/Grundlagen haben wir hier zusammengestellt

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 16.05.2007, Az.: 8 AZR 709/06 gibt es hier im Volltext

Das Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 18.06.2015, Az.: 8 AZR 848/13 hier im Volltext

Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 25.07.2013, Az.: 2 C 12/11 hier im Volltext

Rechtliche Grundlagen

§ 253
Immaterieller Schaden

(1) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann Entschädigung in Geld nur in den durch das Gesetz bestimmten Fällen gefordert werden.

(2) Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.

§ 61b
Klage wegen Benachteiligung

(1) Eine Klage auf Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes muss innerhalb von drei Monaten, nachdem der Anspruch schriftlich geltend gemacht worden ist, erhoben werden.

(2) Machen mehrere Bewerber wegen Benachteiligung bei der Begründung eines Arbeitsverhältnisses oder beim beruflichen Aufstieg eine Entschädigung nach § 15 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes gerichtlich geltend, so wird auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsgericht, bei dem die erste Klage erhoben ist, auch für die übrigen Klagen ausschließlich zuständig. Die Rechtsstreitigkeiten sind von Amts wegen an dieses Arbeitsgericht zu verweisen; die Prozesse sind zur gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden.

(3) Auf Antrag des Arbeitgebers findet die mündliche Verhandlung nicht vor Ablauf von sechs Monaten seit Erhebung der ersten Klage statt.

§ 1
Ziel des Gesetzes

Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.

§ 3
Begriffsbestimmungen

(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund in Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.

§ 12
Maßnahmen und Pflichten des Arbeitgebers

(1) Der Arbeitgeber ist verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz vor Benachteiligungen wegen eines in § 1 genannten Grundes zu treffen. Dieser Schutz umfasst auch vorbeugende Maßnahmen.

(2) Der Arbeitgeber soll in geeigneter Art und Weise, insbesondere im Rahmen der beruflichen Aus- und Fortbildung, auf die Unzulässigkeit solcher Benachteiligungen hinweisen und darauf hinwirken, dass diese unterbleiben. Hat der Arbeitgeber seine Beschäftigten in geeigneter Weise zum Zwecke der Verhinderung von Benachteiligung geschult, gilt dies als Erfüllung seiner Pflichten nach Absatz 1.

(3) Verstoßen Beschäftigte gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1, so hat der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung wie Abmahnung, Umsetzung, Versetzung oder Kündigung zu ergreifen.

(4) Werden Beschäftigte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit durch Dritte nach § 7 Abs. 1 benachteiligt, so hat der Arbeitgeber die im Einzelfall geeigneten, erforderlichen und angemessenen Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten zu ergreifen.

(5) Dieses Gesetz und § 61b des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie Informationen über die für die Behandlung von Beschwerden nach § 13 zuständigen Stellen sind im Betrieb oder in der Dienststelle bekannt zu machen. Die Bekanntmachung kann durch Aushang oder Auslegung an geeigneter Stelle oder den Einsatz der im Betrieb oder der Dienststelle üblichen Informations- und Kommunikationstechnik erfolgen.

§ 15
Entschädigung und Schadensersatz

(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.

(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.

(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.

(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.

§ 22
Beweislast

Wenn im Streitfall die eine Partei Indizien beweist, die eine Benachteiligung wegen eines in § 1 genannten Grundes vermuten lassen, trägt die andere Partei die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligung vorgelegen hat.