Ein Sportlehrer kann auch Mädchen unterrichten. Copyright by Photographee.eu/Adobe Stock
Ein Sportlehrer kann auch Mädchen unterrichten. Copyright by Photographee.eu/Adobe Stock

Eine Waldorfschule aus dem Nürnberger Raum hatte verschiedene Stellen ausgeschrieben. Hierbei handelte es sich um Stellen für Lehrerinnen und Lehrer ("Fachlehrer/in Eurythmie (m/w)" und "Klassenlehrer/in (m/w). Eine weitere Stelle betraf eine Sportlehrerin ("Fachlehrerin Sport (w)". Auf diese Stelle bewarb sich ein seit 13 Jahren als Sportlehrer tätiger Pädagoge. Er erhielt von der Schule eine ausdrücklich auf sein "falsches" Geschlecht bezogene Absage. Begründet wurde diese damit, dass die Nichtberücksichtigung des Klägers nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zulässig gewesen sei. Das Schamgefühl von Schülerinnen könnte beeinträchtigt werden, wenn es bei Hilfestellungen im nach Geschlechtern getrennt durchgeführten Sportunterricht zu Berührungen der Schülerinnen durch männliche Sportlehrkräfte komme. Dies könne auch dann der Fall sein, wenn männliche Sportlehrkräfte die Umkleideräume betreten müssten, um dort für Ordnung zu sorgen.
 
Wegen der Benachteiligung seines Geschlechtes erhob der Sportlehrer Klage. Er verlangte deshalb eine Entschädigung von drei Monatsgehältern in Höhe von 13.500 Euro.
 

Erfolglos durch zwei Instanzen

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) blieb erfolglos. Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache ließ das LAG die Revision zum Bundesarbeitsgericht (BAG) zu.
 

Bundesarbeitsgericht folgt der Rechtsauffassung des Klägers

Anders als die Vorinstanzen sah es das BAG). Entgegen der Annahme der Beklagten stehe dem Kläger dem Grunde nach eine Entschädigung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) zu. Denn die beklagte Waldorfschule habe nicht darlegen können, dass für die Stelle einer Sportlehrerin das weibliche Geschlecht eine wesentliche und entscheidende sowie angemessene berufliche Anforderung im Sinne des AGG darstelle.
Über die Höhe der Entschädigung konnte das BAG aufgrund der bislang vom LAG getroffenen Feststellungen nicht selbst entscheiden. Dies führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht zur neuen Verhandlung und Entscheidung.
 
Hier finden Sie die Pressemitteilung des Bundesarbeitsgerichts vom 19.12.2019

Rechtliche Grundlagen

Auszüge aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Nach § 15 Abs. 2 AGG kann wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld verlangt werden. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.

Nach § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1*** genannten Grundes zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist.

Nach § 1 AGG ist es Ziel des Gesetzes, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.