256 vom Arbeitgeber gesteuerte Beschwerdeführer*innen werden vom BAG zurückgewiesen
256 vom Arbeitgeber gesteuerte Beschwerdeführer*innen werden vom BAG zurückgewiesen

 

Mit Hilfe des gewerkschaftlichen Rechtsschutzes hat sich die ehemalige Betriebsratsvorsitzende S. des  Pharmazieunternehmens Mundipharma gegen die Versuche der Arbeitgeberseite gewehrt sie aus dem Amt und aus dem Arbeitsverhältnis zu verdrängen.

251 Arbeitnehmer*innen betreiben auf Veranlassung der Arbeitgeberin Ausschlussverfahren gegen Betriebsratsvorsitzende

2011 hatten 251 Arbeitnehmer*innen von Mundipharma beim Arbeitsgericht Wiesbaden

beantragt, die Betriebsratsvorsitzende aus dem damaligen Betriebsrat auszuschließen.

Ausschlussantrag scheitert bereits in der Tatsacheninstanz

Weil sich ein erheblicher Teil der Antragsteller*innen auf unzulässigen Druck der Arbeitgeberseite an dem Ausschließungsantrag beteiligt hatte und dadurch das notwendige Quorum von 25% der Arbeitnehmer*innen verfehlt wurde, scheiterten die 251 Arbeitnehmer*innen bereits beim Hessischen Landesarbeitsgericht, mit dem von der Arbeitgeberseite initiierten Versuch die Betriebsrätin aus dem Betriebsrat auszuschließen.

Bundesarbeitsgericht weist Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts zurück

Nach der am 18.05.2016 durchgeführten mündlichen Verhandlung vor dem 7. Senat des Bundesarbeitsgerichtes steht nun fest, dass der Ausschließungsantrag endgültig gescheitert ist.

Die Entscheidungsgründe liegen noch nicht vor. Es bleibt abzuwarten, ob die Argumentation des Landesarbeitsgerichts bestätigt wird oder der Senat darauf abstellt, dass in der Zwischenzeit ein neuer Betriebsrat – dem die Klägerin ebenfalls angehört – gewählt wurde, aus dem sie nicht wegen der Vorwürfe aus der Amtszeit des vorigen Betriebsrats ausgeschlossen werden kann.

Neuer Betriebsrat wechselt die Seiten und schließt sich dem Ausschlussantrag an

Der neugewählte Betriebsrat hatte im Verfahren die Seiten gewechselt und versuchte nun ebenfalls, mit eigenen Anträgen den Ausschluss der Klägerin durchzusetzen – erfolglos, die Anträge wurden als unzulässig verworfen.

Die 2014 durchgeführte Betriebsratswahl war vom Landesarbeitsgericht wegen massiver Einflussnahme des Arbeitgebers für unwirksam erklärt worden. Derzeit ist das Rechtsbeschwerdeverfahren beim Bundesarbeitsgericht anhängig.

Ehemalige Betriebsratsvorsitzende engagiert sich weiterhin!

Die Kollegin S. wird also weiterhin engagiert im Betriebsrat mitarbeiten – auch eine Kündigung wurde erfolgreich abgewehrt.

Anmerkung:

Geradezu absurd liest sich die Selbstdarstellung des Pharmaunternehmens Mundipharma GmbH, das auf seiner Homepage unter anderem damit wirbt, dass „Mundipharma auch bei seiner dritten Teilnahme am renommierten bundesweiten Wettbewerb „Deutschlands Beste Arbeitgeber 2015“ die fachkundige Jury überzeugte und damit zu „den 100 besten Arbeitgebern Deutschlands zählt“.

Mundipharma zu den besten 100 Arbeitgebern Deutschlands zu zählen ist schlichtweg ein Witz. Ein Unternehmen, dass nichts unversucht lässt, mit allen möglichen und auch unmöglichen, um nicht zu sagen, unredlichen Mitteln, sich eines Betriebsrats zu entledigen, der konsequent die Arbeitnehmerinteressen vertritt um einen arbeitgeberhörigen Betriebsrat zu installieren, bringt sich selbst ins Abseits.

Mit Interesse werden wir die weiteren Verfahren begleiten an denen Mundipharma beteiligt ist. Nach Einschätzung des Autors ist kaum davon auszugehen, dass das Pharmaunternehmen günstigere Ergebnisse als seither vor den bundesdeutschen Arbeitsgerichten erzielen wird. 

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Im Praxistipp: § 23 Betriebsverfassungsgesetz - Verletzung gesetzlicher Pflichten

Rechtliche Grundlagen

§ 23 Betriebsverfassungsgesetz - Verletzung gesetzlicher Pflichten

Betriebsverfassungsgesetz
§ 23 Verletzung gesetzlicher Pflichten

(1) Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.

(2) Wird der Betriebsrat aufgelöst, so setzt das Arbeitsgericht unverzüglich einen Wahlvorstand für die Neuwahl ein. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.