Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen mindestens sechs Monate tätig sind, können dort in den Betriebsrat gewählt werden.

Welcher Sachverhalt lag dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts zu Grunde?


In einem Wahlanfechtungsverfahren streiten der Wahlvorstand und eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft um die Gültigkeit einer Betriebsratswahl. Diese fand im Betrieb eines privaten Unternehmens statt, in dem neben eigenen Arbeitnehmern auch gestellte Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes tätig sind.

Das Unternehmen erbringt Dienstleistungen für ein Universitätsklinikum, das in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts geführt wird. Aufgrund eines Personalgestellungsvertrags beschäftigt das Unternehmen in seinem Betrieb neben eigenen Arbeitnehmern auch knapp 300 beim Universitätsklinikum angestellte Arbeitnehmer. Der Wahlvorstand hielt diese Arbeitnehmer nicht für den Betriebsrat wählbar und wies einen Wahlvorschlag zurück, auf dem einige dieser Arbeitnehmer kandidierten.

Wie hat das Bundesarbeitsgericht entschieden?


Der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts sah die Wahlanfechtung durch die Gewerkschaft als begründet an und erklärte die Betriebsratswahl für unwirksam. Die gestellten Arbeitnehmer besaßen in ihrem Einsatzbetrieb auch das passive Wahlrecht zum Betriebsrat.

Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 BetrVG sind für den Betriebsrat alle Wahlberechtigten wählbar, die sechs Monate dem Betrieb angehören. Wahlberechtigt sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 BetrVG alle Arbeitnehmer des Betriebs, die das 18. Lebensjahr vollendet haben. Arbeitnehmer im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes sind nach dessen § 5 Abs. 1 Satz 1 Arbeiter und Angestellte einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.

Nach dem mit Wirkung vom 4. August 2009 in das BetrVG eingefügten § 5 Abs. 1 Satz 3 gelten als Arbeitnehmer auch Beamte, Soldaten sowie Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes einschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten, die in Betrieben privatrechtlich organisierter Unternehmen tätig sind. Sie können daher, obwohl sie in keinem Arbeitsverhältnis zu diesen Unternehmen stehen, nach sechs Monaten Betriebszugehörigkeit in den Betriebsrat gewählt werden. Voraussetzung ist lediglich, dass sie in den Betrieb eingegliedert sind.

Auswirkungen der Entscheidung auf die Praxis:

Die Entscheidung betrifft eine unmittelbare Auswirkung der Gesetzesänderung. Beamte, Soldaten und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes waren, konnten in den Betrieben der Privatwirtschaft in denen sie tätig waren, weder an der Betriebsratswahl teilnehmen, noch sich als Betriebsrat wählen lassen. Auch wenn die Entscheidung ausdrücklich nur die Wählbarkeit zum Betriebsrat behandelt, steht ihnen selbstverständlich damit auch das Recht zu, als Wähler an einer Betriebsratswahl teilnehmen zu dürfen. § 5 BetrVG setzt diese Personengruppen den Arbeitnehmern des Betriebs in dem sie eingesetzt sind, gleich. Daraus kann auch gefolgert werden, dass die dreimonatige Wartezeit des § 7 BetrVG nicht gilt. Diese Wartefrist betrifft ausdrücklich nur Arbeitnehmer eines anderen Arbeitgebers, die zur Arbeitsleistung überlassen werden. Damit sind die klassischen Leiharbeitnehmer gemeint und nicht die in § 5 BetrVG genannten Personengruppen. Wahlvorstände, die künftig Betriebsratswahlen vorbereiten, müssen daher darauf achten, dass auch Beamte, Soldaten und Arbeitnehmer des öffentlichen Dienstes, die im Betrieb tätig sind, auf der Wählerliste aufgeführt sind.

Pressemitteilung des BAG vom 15.08.2012, Az: 7 ABR 34/11