Haben BR und Arbeitgeber einen gerichtlichen Vergleich über Besetzungsbeschränkungen bei der Einstellung von Leiharbeitnehmern getroffen, berechtigt ein Verstoß gegen den Vergleich den Betriebsrat nicht dazu, der Einstellung von (weiteren) Leiharbeitnehmern nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG die Zustimmung zu verweigern.

Im Rahmen eines arbeitsgerichtlichen Verfahrens hatten die Arbeitgeberin, einem Krankenhausbetreiber, und der Betriebsrat einen gerichtlichen Vergleich geschlossen, der unter anderem vorsah, dass die Arbeitgeberin von der Einstellung von Leiharbeitern absieht, sobald die Zahl der direkt bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer unter 215 abgesunken ist. Außerdem verpflichtete sie sich, von der Einstellung von Leiharbeitern abzusehen, sobald in einer Abteilung mindestens 50 Prozent Leiharbeiter beschäftigt sind.

Am 22. März 2010 schlossen die Beteiligten einen Interessenausgleich über die Ausgliederung von vier Betriebsteilen mit insgesamt 36 Beschäftigten. Bei der Arbeitgeberin selbst waren nach der Ausgliederung noch 197 Arbeitnehmer beschäftigt. Im Anschluss an diesen Interessenausgleich wurde der Betriebsrat ab Ende März 2010 um Zustimmung zur Einstellung von 13 Leiharbeitnehmern gebeten. Der Betriebsrat verweigerte sämtlichen Einstellungen die Zustimmung. Die Arbeitgeberin hat in allen Fällen Zustimmungsersetzungsverfahren beim Arbeitsgericht Kempten eingeleitet. In sechs Verfahren haben die Beteiligten mittlerweile übereinstimmend die Erledigung des Verfahrens erklärt.

Die Arbeitgeberin hat in sämtlichen Fällen die Auffassung vertreten, die Zustimmungsverweigerung sei unbegründet, weil sich der Betriebsrat zur Begründung seiner Zustimmungsverweigerung nicht auf die Vereinbarung vom 9. April 2008 im gerichtlichen Vergleich vor dem Arbeitsgericht berufen könne. Ab Auslaufen der Tarifverträge, die Anlass zu den dem Vergleich zugrundeliegenden Meinungsverschiedenheiten gegeben hätten, fehle dem Vergleich die Geschäftsgrundlage. Diese Vereinbarung stelle eine Betriebsvereinbarung dar, die sie zum 30.06.2010 gekündigt habe.

Das Arbeitgericht Kempten hat mit Beschluss vom 4. August 2010 die Zustimmung des Betriebsrats zu den Einstellungen der Leiharbeitnehmer ersetzt und damit begründet, dass die Geschäftsgrundlage weggefallen sei. Der Betriebsrat begründete seine Berufung gegen die Entscheidung damit, dass der Vergleich weiterhin fortgelte.

Das Arbeitgericht hat im Ergebnis zu Recht die Zustimmung des Betriebsrats zu den noch zur Entscheidung des Gerichts gestellten Einstellungen nach § 99 Abs. 4 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) ersetzt. Dem Betriebsrat steht ein Zustimmungsverweigerungsrecht nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nicht zu. Keiner der in dieser Vorschrift abschließend aufgezählten Tatbestände für die Zustimmungsverweigerung liegt vor.
 
Auf einen Verstoß gegen einen Tarifvertrag könne sich der Betriebsrat nicht berufen. Der Tarifvertrag (ZUSI) und der Konsolidierungstarifvertrag waren bereits zum 31. Dezember 2009 ausgelaufen, der Anwendungstarifvertrag war zum 31. März 2010 gekündigt
worden. Sämtliche personelle Einzelmaßnahmen, bezüglich derer in der Beschwerdeinstanz noch Zustimmungsersetzungsverfahren anhängig sind, betreffen Einstellungen nach dem 31. März 2010.
 
Einem Verstoß gegen einen gerichtlichen Vergleich könne der Betriebsrat nicht mit einer Zustimmungsverweigerung nach § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG begegnen. Ein gerichtlicher Vergleich ist mit einer gerichtlichen Entscheidung i.S. von § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG nicht gleichzusetzen. Bei den gerichtlichen Entscheidungen handelt es sich um der Rechtskraft fähige Urteile und Beschlüsse, nicht aber um zwischen Prozessbeteiligten ausgehandelte Verträge, die auch nur zwischen den Parteien wirken. Vereinbarungen ohne unmittelbare Drittwirkung sind nicht im Zustimmungsverweigerungskatalog des § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG aufgeführt, so dass der Betriebsrat nicht berechtigt war, den geplanten Einstellungen die Zustimmung zu versagen.