Der Freistellungsanspruch für Personalratsmitglieder erstreckt sich auch auf Kosten der Stornierung einer Schulung. Copyright by Adobe Stock/insta_photos
Der Freistellungsanspruch für Personalratsmitglieder erstreckt sich auch auf Kosten der Stornierung einer Schulung. Copyright by Adobe Stock/insta_photos

Clara ist Mitglied des Personalrates einer Dienststelle der US-Streitkräfte in Rheinland-Pfalz. Nach einem Beschluss der Betriebsvertretung von Mitte September meldete sie sich zu einem Seminar über psychische Belastungen am Arbeitsplatz an. Es handelte sich dabei um eine Veranstaltung, in der Grundlagenwissen vermittelt werden sollte. Anmeldeschluss war bereits wenige Tage später.
 

Bei kurzfristiger Abmeldung fielen Stornierungskosten an

Der Veranstalter bat in den Tagungsunterlagen darum, sich im Fall der Verhinderung schriftlich abzumelden. Er wies ausdrücklich darauf hin, dass bei kurzfristigen Absagen eine Ausfallgebühr in Rechnung gestellt werde. Auf Kosten einer Stornierung des Hotels wies die Ausschreibung ebenfalls hin.
 
Unmittelbar nach ihrer Anmeldung beantragte Clara bei ihrem Vorgesetzten die Übernahme der Kosten für das Seminar und die Unterkunft. Der Vorgesetzte selbst war nicht berechtigt, hierüber zu entscheiden. Dennoch war Clara dazu verpflichtet, sich an diesen zu wenden. Das sahen die internen Regeln vor, an die Clara sich halten musste. Das letzte Wort hatte der Kommandant.
 

Clara musste warten

Der Kommandant brauchte fast einen Monat, bis er Clara informierte, dass er die beantragten Kosten nicht übernehme. Clara sagte ihre Teilnahme ab. Das Seminar sollte schon vier Tage später montags beginnen.
 
Der Veranstalter stellte Clara daraufhin 70 Prozent der Hotelkosten zuzüglich Mahngebühren in Rechnung. Clara hatte zunächst nicht gezahlt. Ihr Arbeitgeber weigerte sich nun, die Kosten für die Stornierung zu übernehmen.
 

Clara sollte die Hälfte der Kosten selbst tragen

Clara nahm die Hilfe des DGB Rechtsschutzbüros in Bad Kreuznach in Anspruch. Vor dem dortigen Arbeitsgericht erreichte sie, dass ihr Arbeitgeber zumindest die Hälfte der angefallenen Kosten übernehmen muss. Clara habe zu kurzfristig abgesagt und trage daher einen Teil der Mitschuld für die angefallenen Kosten, so das Gericht.
 
Das sah das Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz anders. Vertreten durch das DGB Rechtsschutzbüro Mainz hatte Clara Berufung eingelegt. Auch der Arbeitgeber war in Berufung gegangen. Während Clara die Übernahme der vollen Kosten forderte, wollte ihr Arbeitgeber erreichen, überhaupt nichts zahlen zu müssen.
 

Der Arbeitgeber ist selbst schuld

Nun muss der Arbeitgeber alles zahlen. Denn er war Schuld an der Verzögerung im internen Entscheidungsprozess. Fast einen Monat zu benötigen, bis abschließend entschieden ist, ob die Kosten für die Schulung übernommen werden, erachtete das Landesarbeitsgericht für zu lang.
 
Nach dem Gesetz trage die Dienststelle die durch die Tätigkeit des Personalrates entstandenen Kosten, so das Landesarbeitsgericht. Personalratsmitglieder seien für die Teilnahme an Schulungsveranstaltungen vom Dienst freizustellen, soweit die Schulungen Kenntnisse vermittelten, die für die Tätigkeit im Personalrat erforderlich sei. Die Entscheidung, welche Kenntnisse erforderlich sind, treffe der Personalrat selbst.
 

Personalräte sind von Verbindlichkeiten freizustellen

Sei ein Mitglied des Personalrats eine Verbindlichkeit eingegangen, indem es sich beispielsweise zu einer Schulung angemeldet hat, habe es gegen den Arbeitgeber Anspruch auf Freistellung von dieser Verbindlichkeit. Dieser Freistellungsanspruch umfasse auch Stornokosten für die Absage der Schulungsveranstaltung.
 
Das gelte immer, wenn die Schulungskosten bei einer tatsächlichen Teilnahme auch erstattungspflichtig gewesen wären. Das Seminar, an dem Clara teilnehmen wollte, habe die Vermittlung von Grundwissen zum Gegenstand gehabt. Der Arbeitgeber hätte hierfür die Kosten übernehmen müssen.
 

Clara hatte einen Freistellungsanspruch

Habe das Personalratsmitglied die Ansprüche des Trägers der Schulung selbst erfüllt, wandele sich der Freistellungsanspruch in einen Zahlungsanspruch um. Clara habe ursprünglich einen Freistellungsanspruch gehabt. Ihr Arbeitgeber habe bestätigt, dass die Schulung im konkreten Fall erforderlich gewesen sei.
 
Etwas anderes könne allenfalls gelten, wenn Clara es versäumt hätte, das Seminar rechtzeitig kostenfrei zu stornieren. Clara habe aber nicht früher absagen können. Die ablehnende Entscheidung des Arbeitgebers sei ihr erst wenige Tage vor Beginn des Seminars zugegangen.
 

Der Anmeldeschluss hatte unmittelbar bevor gestanden

Clara habe sich auch ohne Kostenzusage verbindlich zu dem Seminar anmelden dürfen, hielt das Landesarbeitsgericht den Einwendungen des Arbeitgebers entgegen. Der Anmeldeschluss für die Veranstaltung habe nämlich unmittelbar bevor gestanden.
 
Clara habe zu diesem Zeitpunkt erst wenige Tage über die Einladung des Seminarveranstalters verfügt und im Anschluss an ihre Anmeldung unverzüglich beim Arbeitgeber einen Antrag auf Übernahme der Kosten gestellt. Sie habe sich dabei an den vorgeschriebenen Weg gehalten.
 

Der Arbeitgeber trägt das Risiko für den langen Entscheidungsprozess

Dass die Übermittlung ihres Antrages vom unmittelbaren Vorgesetzten an den Kommandanten so lange gedauert habe, müsse Clara nicht vertreten. Eine nachvollziehbare Erklärung dafür habe der Arbeitgeber nicht vorgebracht.
 
Grundsätzlich sei es Sache des Arbeitgebers, durch entsprechende organisatorische Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass über den Antrag auf Kostenübernahme für ein Seminar zeitnah entschieden wird.
 

Ein Eilverfahren wäre nicht erfolgversprechend gewesen

Clara habe das Seminar nicht mehr kostenfrei stornieren können. Ein gerichtliches Eilverfahren zur Durchsetzung ihrer Teilnahme sei ihr nicht zuzumuten gewesen. Dieses Verfahren hätte bis zu dem kurz bevorstehenden Seminarbeginn keine Entscheidung bringen können.
 
Die Beklagte trage bei der kurzfristig erfolgten Ablehnung des Antrags das Risiko, dass Clara infolge der versagten Freistellung an dem Seminar nicht teilnimmt und hierdurch Stornierungskosten entstehen. Ein Mitverschulden könne Clara nicht vorgeworfen werden. Sie müsse daher auch nicht die Hälfte der Kosten selbst tragen.
 

Der Arbeitgeber muss zahlen

Der Arbeitgeber sei verpflichtet, die Klägerin von den Gesamtkosten inklusive Mahngebühr vollumfänglich freizustellen.

Hier geht es zum Urteil
 
Grundsätzliches zur Übernahme der Kosten von Betriebsratsschulungen lesen Sie hier

Das sagen wir dazu:

Die Entscheidung ist richtig. Betriebs- und Personalräte darf in ihrer Arbeit kein Druck dahingehend entstehen, im Zweifel Kosten selbst übernehmen zu müssen. Das würde sie in ihrer Arbeit und vor allem in ihren Entscheidungen einschränken. Deshalb gibt das Gesetz auch klar und deutlich vor, dass sämtliche Kosten der Betriebs- und Personalratstätigkeit vom Arbeitgeber übernommen werden müssen.

Halten Betroffene intern vorgegebene Entscheidungswege ein und braucht der Arbeitgeber unverhältnismäßig lang für einen Entscheidungsprozess, darf das die Arbeit von Betriebs- und Personalräten nicht beeinflussen.

In diesem Zusammenhang sei an das Gebot der vertrauensvollen Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Betriebs- bzw. Personalrat erinnert.
Lesen Sie dazu eine weitere Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz

Rechtliche Grundlagen

§ 44 BPersVG

(1) Die durch die Tätigkeit des Personalrates entstehenden Kosten trägt die Dienststelle. Mitglieder des Personalrates erhalten bei Reisen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind, Reisekostenvergütungen nach dem Bundesreisekostengesetz.

(2) Für die Sitzungen, die Sprechstunden und die laufende Geschäftsführung hat die Dienststelle in erforderlichem Umfang Räume, den Geschäftsbedarf und Büropersonal zur Verfügung zu stellen.

(3) Dem Personalrat werden in allen Dienststellen geeignete Plätze für Bekanntmachungen und Anschläge zur Verfügung gestellt.