Das war Maßarbeit. Vier Tage vor der geplanten Betriebsversammlung lag der Beschluss des Arbeitsgerichts Stuttgart vor – und dieser war eindeutig: Der Arbeitgeber, ein Metallbetrieb im Kreis Göppingen, darf den vom Betriebsrat eingeladenen IG Metall-Sekretär Mehmet Altunkas nicht daran hindern, an der Betriebsversammlung teilzunehmen. „Dass ein Arbeitgeber so störrisch versucht, die Gewerkschaftsarbeit zu behindern, ist relativ selten“, sagt Hans-Martin Wischnath, Teamleiter der Arbeitseinheit Göppingen, der den Beschluss erwirkt hat.

Da die Zeit drängte – bis zur Betriebsversammlung waren es nur wenige Tage – stellt Hans-Martin Wischnath Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung. „Anders hätten wir den Rechtsanspruch nicht mehr durchsetzen können.“ Dann ging es schnell: Am Freitag sandte Wischnath die Unterlagen ans Gericht. Am Montag lag der Beschluss vor. Dass das Gericht auf eine mündliche Anhörung verzichtete und der Vorsitzende Richter keine ehrenamtlichen Richter hinzuzog, so der Teamleiter, habe einen einfachen Grund: „Die Sache war eindeutig.“

Wiederholt hatten der Betriebsrat des 65-Mitarbeiter-Unternehmens und die
IG Metall-Verwaltungsstelle Göppingen-Geislingen zuvor versucht, den Streit außergerichtlich beizulegen – ohne Erfolg. Nachdem die Arbeitnehmervertreter die Geschäftsführung darüber informiert hatten, dass der Gewerkschaftssekretär zu der Betriebsversammlung eingeladen sei, hatte diese in einem Schreiben mitgeteilt, dass „die Teilnahme der IG Metall nicht erwünscht“ sei. Unter anderem hatte sie darauf verwiesen, dass das Unternehmen nicht mehr Mitglied des Arbeitgeberverbandes sei.

 

Zugang per Gerichtsbeschluss

 

Der Beschluss des Gerichts fiel ebenso knapp wie eindeutig aus: „Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund bestehen.“ Für jeden Fall der Zuwiderhandlung wurde dem Arbeitgeber ein Ordnungsgeld von 10.000 Euro angedroht, ersatzweise ein Tag Ordnungshaft, zu vollziehen an dem Geschäftsführer. In seinem Antrag hatte Wischnath ausführlich dargelegt, warum der IG Metall-Sekretär an dem Besuch der Versammlung nicht gehindert werden dürfe: Nach dem Betriebsverfassungsgesetz habe die Gewerkschaft, die im Betrieb vertreten ist, das Recht, Beauftragte zu entsenden. Wenn diesen der Zugang verweigert werde, dürfe sie die Durchsetzung dieses Rechts bei Gericht beantragen. Da eine Entscheidung in einem Hauptsacheverfahren aus zeitlichen Gründen nicht möglich sei, könne der Rechtsschutz in diesem Fall nur durch einstweilige Verfügung gewährleistet werden.

 

Unterstützung für den Betriebsrat

 

IG Metall-Sekretär Mehmet Altunkas betreut seit mehr als zehn Jahren den betreffenden Betrieb. Da es auf der Betriebsversammlung um Arbeitszeitfragen, ausstehende Urlaubsgeld-Zahlungen und ums Weihnachtsgeld gehen sollte, hatten die Arbeitnehmervertreter den Gewerkschaftssekretär eingeladen, „zumal der neue Betriebsrat noch an keiner Schulung teilgenommen hat und somit nicht in der Lage ist, die Rechtsfragen der Belegschaft konkret zu erläutern“, wie Wischnath in seinem Antrag ausführte. „In dem Unternehmen gibt es langjährige Mitarbeiter, für die im Rahmen der Nachwirkung noch tarifliche Vorschriften gelten, und andere, bei denen das nicht der Fall ist – dieser Arbeitgeber möchte alle Mitarbeiter gleich schlecht behandeln“, schildert Hans-Martin Wischnath die Hintergründe der Auseinandersetzung. „Ziel des Betriebsrats und der IG Metall“, ergänzt Mehmet Altunkas, „ist die Durchsetzung eines Anerkennungstarifvertrags, der notfalls durch Streik erzwungen werden muss.“