Aber nur, wenn die Rechte des Betriebsrates gewahrt sind! Copyright by Adobe Stock/Marina Andrejchenko
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Auch wenn das Schlagwort „Home Office“ derzeit in aller Munde ist, beschreibt es lediglich einen Teilbereich neuer Arbeitsformen. „Home Office“ im engeren Sinn bedeutet, dass Arbeitnehmer*innen ganz oder fast ausschließlich zu Hause arbeiten. Dabei ist die Arbeitszeit vorgegeben.

Möglich ist aber auch, dass sie ihre Arbeit teils im Betrieb und teils zu Hause erledigen. Eine weitere Spielart ist, dass Arbeitnehmer*innen frei darüber entscheiden können, wann und an welchem Ort sie arbeiten.

Für alle diese Arten der Arbeit außerhalb des Betriebes steht im Folgenden der Ausdruck „Telearbeit“.

Telearbeiter sind Arbeitnehmer

Nach der Definition des Betriebsverfassungsgesetzes sind Arbeitnehmer unter anderem Arbeiter und Angestellte, die „. . . . mit Telearbeit beschäftigt werden.“

Daraus folgt, dass der Betriebsrat seine Rechte und Pflichten auch im Hinblick auf Tele-Arbeitsverhältnisse ausübt.

Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates

Im Zusammenhang mit der Ein- und Durchführung von Telearbeit hat der Betriebsrat sowohl Mitwirkungs- als auch Mitbestimmungsrechte. Dies gilt allerdings nur, soweit es um eine kollektive Ein- oder Durchführung geht. Vereinbart ein einzelner Arbeitnehmer mit dem Arbeitgeber Telearbeit, ist der Betriebsrat nicht zu beteiligen.

Mitwirkungsrechte des Betriebsrates

Dem Betriebsrat stehen unterschiedliche Mitwirkungsrechte zu.

  • Bereits in der Planungsphase vor Einführung von Telearbeit hat der Arbeitgeber den Betriebsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz rechtzeitig und unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen zu unterrichten. Außerdem muss er mit dem Betriebsrat die Auswirkungen der vorgesehenen Maßnahmen so rechtzeitig beraten, „ . . . dass Vorschläge und Bedenken des Betriebsrates bei der Planung berücksichtigt werden können.“

  • Der Betriebsrat hat nach dem Betriebsverfassungsgesetz unter anderem die Aufgabe, „ . . . darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden . . ."

    Damit der Betriebsrat diese Aufgabe wahrnehmen kann, muss der Arbeitgeber ihn rechtzeitig und umfassend unterrichten. Dies gilt insbesondere für den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer.

  • Ein weiteres Mitwirkungsrecht hat der Betriebsrat, wenn der Arbeitgeber Telearbeit gegen den Willen des Arbeitnehmers anordnen will. Die Anordnung von Telearbeit ist nicht durch das Direktionsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Kommt also keine Einigung mit dem Arbeitnehmer zustande, bleibt dem Arbeitgeber nichts anderes übrig, als eine Änderungskündigung auszusprechen. In diesem Fall muss er den Betriebsrat vor der Kündigung anhören. Der Betriebsrat kann auf jeden Fall Bedenken äußern und sogar widersprechen, wenn es sich um eine ordentliche Kündigung handelt. Ein solcher Widerspruch ist in erster Linie wegen des damit verbundenen Weiterbeschäftigungsanspruchs von entscheidender Bedeutung.

 

Mitwirkungsrechte des Wirtschaftsausschusses

Besteht im Betrieb oder im Unternehmen ein Wirtschaftsausschuss, muss ihn der Arbeitgeber „ . . . rechtzeitig und umfassend über die wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen . . . unterrichten, soweit dadurch nicht die Betriebs-und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden . . .“

Zu den „wirtschaftlichen Angelegenheiten des Unternehmens“ gehören unter anderem die Fabrikations- und Arbeitsmethoden, die Änderung der Betriebsorganisation sowie sonstige Vorgänge und Vorhaben, welche die Interessen der Arbeitnehmer der und des Unternehmens wesentlich berühren können. Deshalb ist auch der Wirtschaftsausschuss im Hinblick auf eine geplante Telearbeit rechtzeitig und umfassend zu informieren.

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates

Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates sieht das Betriebsverfassungsgesetz in mehreren Regelungen vor.

Mitbestimmung nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz

Die Ein- und Durchführung von Telearbeit berührt sowohl Fragen zur Ordnung des Betriebs als auch zum Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen. Bei diesen Fragen hat der Betriebsrat nach dem Betriebsverfassungsgesetz ein Mitbestimmungsrecht. Im Gegensatz zu den Mitwirkungsrechten kann der Betriebsrat eine Einigungsstelle anrufen, deren Spruch die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat ersetzt, wenn ein Mitbestimmungsrecht besteht.


Darüber hinaus besteht ein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrates, wenn es um die Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen geht, „ . . . Die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen . . .“.

Eine technische Einrichtung ist nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes zur Überwachung der Arbeitnehmer*innen bestimmt, wenn sie Daten zum Verhalten oder zur Leistung von ihnen erhebt und aufzeichnet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber die Daten auch zur Kontrolle und Überwachung auswerten und verwenden will.


Vergleiche zu einem ähnlichen Themenkomplex:

Mitbestimmung des Betriebsrats bei Einführung von Standard-Software?


Betriebsvereinbarung

Angesichts dieser Mitbestimmungsrechte sollte der Betriebsrat auf eine Betriebsvereinbarung zur Telearbeit dringen. Eine solche Vereinbarung kann etwa regeln:

  • Telearbeitsort und -Arbeitszeit,
  • Arbeitsmittel,
  • Bereitstellung von Hard- und Software
  • Haftung z.B. bei Beschädigung oder Verlust der technischen Einrichtung im häuslichen Büro,
  • Zutrittsrecht des Arbeitgebers,
  • Kostenerfassung und -erstattung,
  • Private Nutzung von Telearbeit-Arbeitsplätzen,
  • Rückkehrregelungen
  • . . .

Mitbestimmung nach § 99 Betriebsverfassungsgesetz

Die Einführung von Telearbeit stellt in aller Regel eine Versetzung im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes dar.

Vergleiche dazu:

Corona und Mitbestimmung des Betriebsrates
Eine solche Versetzung ist nach dem Betriebsverfassungsgesetz nur mit der Zustimmung des Betriebsrates möglich. Allerdings kann der Arbeitgeber die fehlende Zustimmung des Betriebsrates durch das Arbeitsgericht ersetzen lassen.

Vergleiche dazu im Einzelnen:

Mitbestimmung bei personellen Einzelmaßnahmen


Telearbeit als Betriebsänderung

Die Einführung von Telearbeit kann eine Betriebsänderung sein, wenn sie eine Verlegung eines Betriebsteils beinhaltet. Aber auch eine Änderung der Betriebsorganisation kommt als Betriebsänderung in Betracht. Der Betriebsrat kann dann über einen Interessenausgleich und Sozialplan verhandeln.