Die Anweisung, standardisierte Laufzettel zur Erfassung empfangener Arbeitsmittel und Berechtigungen zu verwenden, regelt nicht das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer, sondern das Ordnungsverhalten.

Die Beteiligten streiten über das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Einführung eines Laufzettels "Arbeitsmittel und Berechtigungen". Die Arbeitgeberin ist Teil eines Konzerns. Zum Unternehmen der Arbeitgeberin wiederum gehören verschiedene Niederlassungen. Der Betriebsrat ist für eine dieser Niederlassungen gewählt. Auf Grundlage der Konzernrichtlinie "Personelle Sicherheit" hat der Konzern eine weitere Richtlinie "Ausgabe, Verwaltung und Rücknahme von Arbeitsmitteln und Berechtigungen" vom 10.10.2009 herausgegeben.

Diese Richtlinie regelt, dass für jeden Beschäftigten ein "Laufzettel Arbeitsmittel und Berechtigungen" angelegt wird. Die Genehmigung der Arbeitsmittel, Zutrittsberechtigungen und Vollmachten wird auf dem Laufzettel durch Unterschrift des Verantwortlichen dokumentiert. Die Ausgabe der genehmigten Arbeitsmittel und Berechtigungen wird, insofern dies möglich ist, durch die ausgegebene Stelle auf dem Laufzettel dokumentiert. Nach Erhalt aller genehmigten Arbeitsmittel und Berechtigungen wird von dem Beschäftigten der Laufzettel gegengezeichnet.

Anhand der Eintragungen im Laufzettel sollen von den Verantwortlichen diverse Entscheidungen hinsichtlich der Mitarbeiter getroffen werden können, etwa, welche Arbeitsmittel und Berechtigungen bei dem Beschäftigten verbleiben, welche zurückgegeben werden sollen und ob Berechtigungen wie System- und Zutrittsberechtigungen vorläufig gesperrt werden müssen.

Der Betriebsrat hat die Ansicht vertreten, dass der Arbeitgeber in Umsetzung der Richtlinie "Ausgabe, Verwaltung und Rücknahme von Arbeitsmitteln und Berechtigungen" den Laufzettel gegenüber den Arbeitnehmern nicht verwenden dürfte, bevor seine Zustimmung vorliegt oder durch den Spruch einer Einigungsstelle ersetzt worden ist. Außerdem müssten bereist verwendete Laufzettel zurückgenommen werden.

Das Arbeitsgericht (ArbG) Elmshorn, Kammer Meldorf, hatte am 04.11.2010 (Aktenzeichen 51 BV 27 C/10) entschieden, dem Betriebsrat stehe im Zusammenhang mit den Laufzetteln kein Mitbestimmungsrecht zu. Es handele sich bei dem von der Arbeitgeberin geforderten Verhalten nicht um ein solches, das das betriebliche Zusammenleben oder das kollektive Zusammenwirken der Beschäftigten betreffe. Wenn die Arbeitgeberin die notwendigen Arbeitsmittel zur Verfügung stelle, könne sie die Ausstellung entsprechender Quittungen verlangen. Die Arbeitnehmer erfüllten also eine Verpflichtung aus § 368 BGB beziehungsweise aus dem Arbeitsvertrag.

Diese Entscheidung hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Schleswig-Holstein aufgehoben. Die Anträge des Betriebsrats waren begründet. Der Betriebsrat hat nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG bei der Einführung und Verwendung der Laufzettel "Arbeitsmittel und Berechtigungen" mitzubestimmen. Die Arbeitgeberin hat bereits veranlasst, dass die Arbeitnehmer den formularmäßig vorgegebenen Laufzettel verwenden. Damit hat sie das mitbestimmungswidrige Verhalten vollzogen. Deshalb steht dem Betriebsrat ein Beseitigungsanspruch zu. Daneben kann er verlangen, dass die Arbeitgeberin die weitere Verwendung des Laufzettels unterlässt.

Nach den Grundsätzen, die die Rechtsprechung zum Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG entwickelt hat, liegt in der von der Arbeitgeberin vorgegebenen Verwendung des Laufzettels eine Regelung der betrieblichen Ordnung. Hierüber hat der Betriebsrat mitzubestimmen. Die Anweisung, standardisierte Laufzettel zur Erfassung empfangener Arbeitsmittel und Berechtigungen zu verwenden, regelt nicht das Arbeitsverhalten der Arbeitnehmer. Das Arbeitsverhalten betrifft Maßnahmen, mit denen die Arbeitspflicht unmittelbar konkretisiert wird, also Regeln und Weisungen, die von den Arbeitnehmern bei der Erbringung der geschuldeten Arbeitsleistung zu beachten sind. Vorgegeben wird im vorliegenden Fall nicht, welche Arbeit auf welche Art und Weise auszuführen ist. Der Empfang der Arbeitsmittel und die Erteilung von Berechtigungen befähigt den Empfänger erst, die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen. Konsequenterweise werden in der Literatur auch Regelungen über die Behandlung des Werkzeugs und der Ordnung des Arbeitsplatzes dem Tatbestand des § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG zugeordnet, heißt es im Beschluss des LAG.

Indem die Arbeitgeberin die Arbeitnehmer angewiesen hat, die von ihnen empfangenen Arbeitsmittel und Berechtigungen auf dem Laufzettel  zu erfassen, hat sie eine betriebliche Verhaltensregel geschaffen. Sie lässt den Arbeitnehmern keine Wahl, wie sie den Empfang von Arbeitsmitteln oder die Erteilung von Berechtigungen quittieren. Vielmehr verlangt sie hierfür die Verwendung eines von ihr gestalteten mehrseitigen Formulars. Dadurch kann sie die Angaben der Arbeitnehmer standardisiert nach eigenen Vorgaben erheben und verarbeiten. Das Gericht sah hier keinen Grund, warum der Empfang der Arbeitsmittel und die Erteilung von Berechtigungen gerade auf die von der Arbeitgeberin vorgesehene Art und Weise erfolgen sollte. Aus § 368 BGB lasse sich eine solche Verpflichtung nicht ableiten. Nach dieser Bestimmung hat der Gläubiger gegen Empfang der Leistung auf Verlangen ein schriftliches Empfangsbekenntnis (Quittung) zu erteilen. Selbst wenn die Arbeitgeberin bei Ausgabe von Arbeitsmitteln einen Anspruch auf eine Quittung des Arbeitnehmers haben sollte, reicht zur Erfüllung dieser Pflicht das schriftliche Bekenntnis, dass die Leistung empfangen worden ist. Ein Anspruch auf eine Zusammenfassung sämtlicher Quittungen in einem Laufzettel besteht dagegen nicht. Zweifelhaft ist auch, ob der Arbeitnehmer überhaupt eine Quittung erteilen muss, wenn ihm Unterschrifts-/Zeichnungsberechtigungen, Postvollmachten, Handlungsvollmachten oder Prokura erteilt werden. Auch diese Punkte sind im Laufzettel aufgeführt.

Im Ergebnis besteht der mitbestimmungspflichtige Sachverhalt darin, dass die Arbeitgeberin kraft ihres Direktionsrechts ein standardisiertes Vorgehen der Arbeitnehmer erreichen will, das weder durch arbeitsvertragliche Nebenpflichten noch durch gesetzliche Vorschriften (§ 368 BGB) zwingend vorgegeben wird. Der Arbeitgeberin kommt es ganz wesentlich auf die Form der Erklärung an. Sie will, dass alle Arbeitnehmer den gleichen, von ihr vorgegebenen Laufzettel benutzen.

Weil die Arbeitgeberin die Laufzettel bereits eingesetzt hat, konnte der Betriebsrat verlangen, dass die ausgefüllten Laufzettel an die jeweiligen Arbeitnehmer herausgegeben werden. Dadurch werden die Folgen des mitbestimmungswidrigen Verhaltens beseitigt.

Der Betriebsrat kann auch verlangen, dass die Arbeitgeberin den Laufzettel nicht mehr verwendet, bis der Betriebsrat mitbestimmt hat. Der Betriebsrat hat Anspruch auf Unterlassung mitbestimmungswidrigen Verhaltens.

Entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin stand auch nicht dem Konzernbetriebsrat, sondern dem örtlichen Betriebsrat das Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrvG bei Einführung und Verwendung der Laufzettel zu. Die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats ergibt sich weder originär aus § 58 Abs. 1 BetrVG noch abgeleitet aus einer Beauftragung nach § 58 Abs. 2 BetrVG.