DURA Automotive lässt 300 portugiesische „Wochenendarbeiter“ einfliegen. Unternehmerische Freiheit oder unternehmerische Frechheit?
DURA Automotive lässt 300 portugiesische „Wochenendarbeiter“ einfliegen. Unternehmerische Freiheit oder unternehmerische Frechheit?

Die DURA Automotive Plettenberg betreibt einen Betrieb der Automobilzulieferindustrie. Sie beschäftigt etwa 880 Arbeitnehmer*innen.

Betriebsrat stimmt weiterer Mehrarbeit an Wochenenden nicht zu

Im Betrieb der DURA Automotive wird üblicher Weise von montags bis freitags gearbeitet. Wochenendarbeiten werden im Rahmen von Mehrarbeit geleistet, die durch den Betriebsrat zu genehmigen ist. Zunächst bestand eine Betriebsvereinbarung, aufgrund der die Mitarbeiter an Wochenenden Mehrarbeit ableisten durften. Nachdem diese ausgelaufen war, erteilte der Betriebsrat keine Zustimmung zur Mehrarbeit mehr.

DURA Automotive lässt 300 portugiesische „Wochenendarbeiter“ einfliegen

Da der Betriebsrat weiterer Mehrarbeit an Wochenenden die Zustimmung versagt, lässt die Arbeitgeberin ca. 300 Arbeitnehmer einer Konzerntochter aus Portugal einfliegen, die die Wochenendarbeit ab dem 08.10.2016 übernehmen sollen. Die DURA Automotive legt dem Gericht einen Werkvertrag vor, der den Einsatz von portugiesischen Arbeitnehmern bis zum 31.12.2016 umfasst.

Betriebsrat beantragt Erlass einer einstweiligen Verfügung um Mehrarbeit an Wochenenden durch portugiesische Arbeitnehmer zu verhindern

Am 06.10.2016 beantragt der Betriebsrat beim Arbeitsgericht (ArbGer) den Erlass einer einstweiligen Verfügung, um die Sonntagsarbeit verbieten zu lassen. Am 07.10.2016 weist das Arbeitsgericht den Antrag zurück. Noch am gleichen Abend verhandelt das LAG über die vom Betriebsrat eingelegte Beschwerde.
In der mündlichen Verhandlung nimmt der Betriebsrat die Beschwerde zurück, da die Beschlussfassung des Betriebsrats zur Einleitung des Verfahrens auf Erlass einer einstweiligen Verfügung möglicherweise an formalen Mängeln leidet.

Arbeits- und Landesarbeitsgericht weisen Antrag des Betriebsrats zurück

Gegen die negative Entscheidung des Arbeitsgerichts vom 07.10.2016 legt der Betriebsrat am 11.10.2016 erneut Beschwerde beim LAG ein. Da die portugiesischen Arbeitnehmer am Samstag, den 08.10.2016 sowie in der Nachtschicht von Sonntag auf Montag (09./10.10.2016) eingesetzt worden sind, geht es dem Betriebsrat nunmehr darum, den Einsatz für die folgenden Wochenenden im Oktober zu verhindern. Die Beschwerde bleibt erfolglos.

Im Wesentlichen begründet das Landesarbeitsgericht Hamm die Entscheidung wie folgt:

"Dem Betriebsrat stehen keine Beteiligungsrechte zur Seite, den Einsatz der portugiesischen Arbeitnehmer am Wochenende zu verhindern. Insbesondere bedarf es seiner Zustimmung nicht.
Der Betriebsrat sei zuständig für den Regelbetrieb, der den Einsatz der Arbeitnehmer in der Woche umfasst. Durch die unternehmerische Entscheidung der Arbeitgeberin, die Betriebsanlagen am Wochenende durch Mitarbeiter einer Konzerntochter auf Werkvertragsbasis nutzen zu lassen, entstehe ein neuer Betrieb mit anderen Arbeitnehmern, für die der gewählte Betriebsrat nicht zuständig sei und die auch keine Betriebsänderung darstelle.
Das Landesarbeitsgericht konnte auch nicht feststellen, dass Arbeitnehmer des Plettenberger Betriebes in einer Art und Weise mit den portugiesischen Arbeitnehmern am vergangenen Wochenende zusammengearbeitet haben oder in Zukunft zusammenarbeiten sollen, dass eine Eingliederung der portugiesischen Arbeitnehmer in den Plettenberger Betrieb angenommen werden könnte. Es liege auch keine Umgehung rechtlicher Beteiligungstatbestände vor, da die Firma DURA Automotive Plettenberg sich durch den Abschluss des Werkvertrages im Rahmen unternehmerischer Freiheit legal verhalten habe".

Lesen Sie auch unseren Beitrag:

Die 10 wichtigsten Fragen und Antworten zu "Werkverträgen"
Hier geht es zur Pressemitteilung des Landesarbeitsgericht Hamm vom 20.10.2016 zum Urteil vom14.10.2016, Az.: 13 TaBVGa 8/16

Hier können Sie das vollständige Urteil des Landesarbeitsgerichts einsehen
 

Das sagen wir dazu:

Was ist ein Werkvertrag?

Bei einem Werkvertrag verpflichten sich der Auftragnehmer (Hersteller) ein Werk gegen Zahlung (Werklohn) durch den Auftraggeber (Besteller) herzustellen. Im Werkvertrag wird die Arbeit nach dem Ergebnis (Werk) beurteilt und nicht nach dem Aufwand der geleisteten Arbeit.

Bei einem Werkvertrag beauftragt der Auftraggeber den Auftragnehmer, in der Regel eine Firma, mit der Erstellung eines Werks. Die Werkvertragsfirma ist verpflichtet, das zugesagte Werk zum vereinbarten Preis mit dem Besteller herzustellen (§ 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)). Das Herstellen oder Verändern einer Sache kann ebenfalls ein Werk umfassen.

Die beauftragte Werkvertragsfirma handelt dabei unternehmerisch selbstständig. Sie entscheidet selbst, wie, mit wie vielen Leuten und mit welchem Zeitaufwand
sie die Arbeit erledigt. Sie verwendet dabei eigene Arbeitsmittel. Und sie ist auch allein verantwortlich und somit haftbar für das Endergebnis. Der Auftraggeber zahlt am Ende den vereinbarten Preis für das vereinbarte Ergebnis - und nicht für Arbeitskräfte oder Arbeitszeit.

Rechtliche Grundlagen

§ 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

§ 631 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
Vertragstypische Pflichten beim Werkvertrag
(1) Durch den Werkvertrag wird der Unternehmer zur Herstellung des versprochenen Werkes, der Besteller zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.
(2) Gegenstand des Werkvertrags kann sowohl die Herstellung oder Veränderung einer Sache als auch ein anderer durch Arbeit oder Dienstleistung herbeizuführender Erfolg sein.