Eine Vermögens- und Rechtsfähigkeit des Betriebsrats ist auch im Verhältnis zu Dritten (hier: einem vom Betriebsrat beauftragten Beratungsunternehmen) anzunehmen, soweit die mit dem Dritten getroffene Vereinbarung innerhalb des gesetzlichen Wirkungskreises des Betriebsrats liegt. Fehlt es an der Erforderlichkeit des Auftrags für die Betriebsratsarbeit, kann der Betriebsratsvorsitzende wie ein Vertreter ohne Vertretungsmacht persönlich haften.

Welcher Sachverhalt lag dem Urteil des Bundesgerichtshofs zu Grunde?

Nachdem der Betriebsrat eines an mehreren Standorten tätigen Unternehmens mit mehr als 300 Arbeitnehmern den Beschluss gefasst hatte, sich im Verfahren über einen Interessenausgleich gemäß § 111 Satz 2 des Betriebsverfassungsgesetzes (BetrVG) von der Klägerin betriebswirtschaftlich beraten zu lassen, erteilte der Betriebsratsvorsitzende der Klägerin einen Beratungsauftrag. Die Klägerin verlangt nun sowohl von dem Betriebsrat als Gremium als auch von dem Betriebsratsvorsitzenden und der stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden die Zahlung von Honorar für die von ihr erbrachten Beratungsleistungen, deren genauer Umfang und Gegenstand zwischen den Parteien streitig ist.

Die Vorinstanzen haben die gegen den Betriebsratsvorsitzenden und die stellvertretende Betriebsratsvorsitzende gerichtete Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die gegen den Betriebsrat als Gremium gerichtete Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses als unzulässig verworfen.

Wie hat der Bundesgerichtshof entschieden?


Der III. Zivilsenat hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Aufbauend auf der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Vermögens- und Rechtsfähigkeit des Betriebsrats im Verhältnis zum Arbeitgeber ist eine Vermögens- und - daraus folgend - eine Rechtsfähigkeit des Betriebsrats auch im Verhältnis zu Dritten (hier: dem Beratungsunternehmen) anzunehmen, soweit die mit dem Dritten getroffene Vereinbarung innerhalb des gesetzlichen Wirkungskreises des Betriebsrats liegt. Der gegen den Arbeitgeber gerichtete Anspruch des Betriebsrats gemäß § 40 Absatz 1 BetrVG auf Befreiung von der gegenüber dem Berater bestehenden Verbindlichkeit setzt notwendig das Bestehen einer eigenen Verpflichtung des Betriebsrats gegenüber dem Dritten voraus. Ohne wirksame vertragliche Grundlage würde der Dritte auch kaum den Betriebsrat beraten.

Ein Vertrag, den der Betriebsrat zu seiner Unterstützung gemäß § 111 Satz 2 BetrVG mit einem Beratungsunternehmen schließt, ist indes nur insoweit wirksam, als die vereinbarte Beratung zur Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich sowie das versprochene Entgelt marktüblich ist und der Betriebsrat daher einen Kostenerstattungs- und Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber gemäß § 40 Absatz 1 BetrVG hat. Denn nur in diesem Umfang ist der Betriebsrat vermögens- und daher auch rechtsfähig. Schutzwürdige Interessen des Beraters stehen einer solchen Begrenzung der Vertragswirksamkeit nicht entgegen, da eine weitergehende rechtsgeschäftliche Verpflichtung des Betriebsrats für den Berater mangels eines über den Kostenerstattungs- und Freistellungsanspruch hinaus gehenden Vermögens des Betriebsrats regelmäßig wertlos ist.

Die Grenzen des dem Betriebsrat bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Beratung zustehenden Spielraums sind im Interesse seiner Funktions- und Handlungsfähigkeit nicht zu eng zu ziehen. Soweit sie von dem Betriebsratsvorsitzenden bei der Beauftragung des Beratungsunternehmens dennoch überschritten werden, ist der von ihm für den Betriebsrat geschlossene Vertrag nicht wirksam. Der Betriebsratsvorsitzende kann insoweit gegenüber dem Beratungsunternehmen entsprechend den Grundsätzen des Vertreters ohne Vertretungsmacht (§ 179 des Bürgerlichen Gesetzbuches) haften, es sei denn das Beratungsunternehmen kannte die mangelnde Erforderlichkeit der Beratung oder musste sie kennen.

Auswirkungen der Entscheidung auf die Praxis:

Die Fallgestaltung, in der ein Sachverständiger den Betriebsrat auf Zahlung seiner Kosten verklagt, ist ungewöhnlich. Der Betriebsrat ist zwar theoretisch verpflichtet, die von ihm verursachten Kosten zu tragen. Diese theoretische Verpflichtung ist auch notwendig, weil er ansonsten im Rechtsverkehr handlungsunfähig wäre. Der Betriebsrat hat aber den Kostenfreistellungsanspruch gegen seinen Arbeitgeber, so dass dieser letztlich einzustehen hat. Im Normalfall tritt er diesen Freistellungsanspruch an den Sachverständigen ab (siehe hierzu auch AiB Informationsdienst Nr. 17-2011). Auf diese Art hat der Sachverständige dann die Möglichkeit, den Arbeitgeber auf Zahlung zu verklagen.
Weil die Mitglieder für derartige Verbindlichkeiten grundsätzlich nicht persönlich haften, hatte die Vorinstanz deshalb auch festgestellt, dass die Klage gegen das Gremium unzulässig sei, wenn der Betriebsrat angeboten hat, die Forderung an den Sachverständigen abzutreten.

In der bislang lediglich vorliegenden Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs ist aber angedeutet, dass der Betriebsrat seine Befugnisse zum Umfang der Beauftragung überschritten haben könnte. In einem solchen Falle hält der BGH eine Haftung für möglich. Eine praktische Gefahr für eine persönlichen Haftung des Betriebsrats sieht der BGH aber offenbar selber nicht, denn er unterstreicht, dass die Grenzen für eine Beurteilung der Erforderlichkeit der Beauftragung nicht eng gezogen sind und eine Haftung dann nicht in Betracht kommt, wenn der Sachverständige die Überschreitung der Grenzen kannte oder kennen musste. Davon wird aber regelmäßig auszugehen sein, denn der Sachverständige wird zur Bewertung einer Sachlage beauftragt, die der Betriebsrat selber nicht einschätzen kann. Überschreitet der Sachverständige daher die Grenzen des Notwendigen, wird das in der Regel auf sein eigenes Verschulden zurückzuführen sein.

Pressemitteilung des Bundesgerichtshof zum Urteil vom 25.10.2012, Az: III ZR 266/11