Mitglieder der im Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) vereinigten Gewerkschaften sind verpflichtet, einen Teil ihrer eingenommenen Aufsichtsratstantiemen satzungsgemäß an die gewerkschaftseigenen Stiftungen abzuführen.
IG Metall Mitglied kandidiert auf eigener Liste
Der Beklagte war Mitglied der klagenden IG Metall (IGM).
Nach § 3 der IGM-Satzung müssen Gewerkschaftsmitglieder, die Funktionen in einem übergeordneten Überwachungs- und Entscheidungsgremium (z.B. als Aufsichtsratsmitglied) wahrnehmen, einen Teil der dafür erhaltenen Vergütung an die gewerkschaftseigene Hans-Böckler-Stiftung abführen. Die Regelung setzt einen Beschluss über die Abführungsregelungen des Bundesausschusses des DGB um. Der Beklagte, der auf einer nicht von der IGM aufgestellten Liste, sondern eigenständig kandidierte, war drei Jahre lang Mitglied im Aufsichtsrat einer GmbH.
Beklagter verweigert anteilige Abführung der Aufsichtsratsvergütung
Die IGM forderte den Beklagten auf, seiner Verpflichtung auf Abführung anteiliger Aufsichtsratsvergütung nachzukommen.
Der Beklagte vertrat die Auffassung, dass er schon deshalb nicht dazu verpflichtet sei, weil er nicht über eine Liste der IGM in den Aufsichtsrat gewählt worden sei. Im Übrigen haben die auf der Liste der Gewerkschaft kandidierenden Mitglieder versucht, seine Kandidatur zu verhindern.
Landgericht gibt Klage statt. Berufung erfolglos.
Bereits erstinstanzlich war die Klage der IGM erfolgreich. Die gegen die Entscheidung des Landgerichts (LG) gerichtete Berufung des Beklagten hatte vor dem Oberlandesgericht (OLG) keinen Erfolg.
Fehlverhalten einzelner Gewerkschaftsmitglieder kann der IGM nicht zugerechnet werden
Das von dem Beklagten behauptete unangemessene Verhalten einzelner Gewerkschaftsmitglieder ihm gegenüber könne, so das OLG, der IGM nicht zugerechnet werden. Insbesondere könne mit dieser Begründung der von der Klägerin verfolgte Abführungsanspruch nicht abgewehrt werden.
Die von dem Beklagten in das Verfahren eingebrachten Vorkommnisse im Vorfeld der Aufsichtsratswahlen widersprechen dem Willen des Gewerkschaftsvorstands und der Satzung. Das Fehlverhalten einzelner Mitglieder rechtfertige es nicht, dass der Beklagte im Gegenzug nicht die Verpflichtungen der Satzung einhalten müsse. Der Beklagte könne sich vielmehr mit den satzungsgemäßen Mitteln oder unter Zuhilfenahme staatlichen Rechtsschutzes gegen das Fehlverhalten einzelner Mitglieder zur Wehr setzen.
Aufsichtsratskandidatur darf nicht aufgrund gezahlter Vergütung erfolgen
Das OLG betonte, dass es aus Gründen der Gleichbehandlung geboten sei, dass sämtliche Mitglieder der IGM mit einem entsprechenden Mandat verpflichtet seien, die in der Richtlinie geregelten Anteile ihrer Bezüge an die Hans-Böckler-Stiftung abzuführen. Dies sei unabhängig davon, ob ihre jeweilige Kandidatur von der IGM unterstützt wurde oder nicht. Durch die Regelung sollen "generelle Fehlanreize" für eine Kandidatur verhindert werden, Andernfalls würden sich Gewerkschaftsmitglieder deutlich besser stellen, wenn sie sich nicht auf Gewerkschaftslisten setzen oder in sonstiger Weise unterstützen lassen würden.
Einerseits gehe es darum zu verhindern, dass sich Kandidaten für den Aufsichtsrat wegen der dort gezahlten Vergütung bewerben, und andererseits die Mitbestimmung durch die Unterstützung der Hans-Böckler-Stiftung zu fördern, so das OLG.
Hier geht es zur Pressemitteilung des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main vom 15.01.2019
Für Interessierte:
Vollständige Entscheidung des OLG Frankfurt am Main, 07.12.2017 - 3 U 167/14
Das sagen wir dazu:
Eine vom Vorstand der IG Metall erlassene Richtlinie sieht vor, dass Aufsichtsratsmitglieder von den Bezügen bis 3.500,-- 10 % und von allen darüber hinausgehenden Beträgen 90% an die Hans-Böckler-Stiftung abzuführen haben.
Weitergehende Informationen zur Abführungspflicht von Aufsichtsratsvergütungen von Gewerkschaftsmitgliedern können dem Rechtsgutachten von Professor Dr. Dres. h.c. Peter Hanau „Die Verpflichtung zur Abführung von Aufsichtsratsvergütungen an die Hans-Böckler-Stiftung“ entnommen werden:
Das sagen wir dazu