Beschluss der Mitarbeiter im Teilbetrieb, ob sie an der Betriebsratswahl im Hauptbetrieb teilnehmen wollen, ist formlos möglich.
Beschluss der Mitarbeiter im Teilbetrieb, ob sie an der Betriebsratswahl im Hauptbetrieb teilnehmen wollen, ist formlos möglich.

Der Arbeitgeber hatte eine Betriebsratswahl angefochten, weil er meinte, dass gegen wesentliche Formvorschriften verstoßen worden sei. Außerdem sei der Betriebsbegriff verkannt worden. Tatsächlich ist es gar nicht so einfach, bei mehreren Betrieben und Betriebsteilen festzulegen, in welchen Betrieben die Wahl durchgeführt werden muss und ob Betriebe zusammengefasst werden können.

Eigenständiger Betrieb oder Betriebsteil?

Das Betriebsverfassungsgesetz differenziert zwischen eigenständigen Betrieben und Betriebsteilen. Betriebsteile werden dann noch mal in einfache und qualifizierte Betriebsteile unterschieden.

Vorliegend war streitig, wie die Arbeitsstätte einzuordnen sei. Der Arbeitgeber meinte, es sei ein eigenständiger Betrieb. Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, es sei lediglich ein qualifizierter Betriebsteil. 

Nur dem qualifizierten Betriebsteil steht es frei, an der Betriebsratswahl des Hauptbetriebes teilzunehmen. Da bei der angefochtenen Wahl so verfahren worden war, kam es auf die Unterscheidung an.

Wann liegt qualifizierter Betriebsteil vor?

Ein qualifizierter Betriebsteil ist definiert als eine Einheit, die zwar in die Organisation eines Hauptbetriebs eingegliedert und an dessen Zweck ausgerichtet ist, dem Hauptbetrieb gegenüber aber organisatorisch abgrenzbar und relativ verselbstständigt ist. 

Entscheidend ist der Umfang der Leitungsmacht vor Ort. Werden alle wesentlichen Funktionen des Arbeitgebers in sozialen und personellen Angelegenheiten vor Ort ausgeübt, handelt es sich um einen eigenständigen Betrieb.

Diese Frage muss stets im Einzelfall geklärt werden. Hier war das Landesarbeitsgericht (LAG) überzeugt, dass ein qualifizierter Betriebsteil vorlag. Grundsätzlich stand damit die Möglichkeit der Beteiligung an der BR-Wahl im Hauptbetrieb offen.

Formloser Beschluss möglich

Der Arbeitgeber hatte an der Wahl aber noch mehr auszusetzen: die acht Mitarbeiter des Standortes hatten beim Frühstück besprochen, ob sie sich der BR-Wahl anschließen wollen. Hierüber haben sie dann durch Handheben abgestimmt. Der Arbeitgeber hielt dies wegen formeller Mängel für nicht zulässig.

Das LAG wies diese Auffassung zurück. Das Gesetz sehe ausdrücklich einen formlosen Beschluss vor. Weder sei eine förmliche Betriebsversammlung notwendig, noch müsse die Abstimmung geheim erfolgen. Weiter reiche es aus, dass der Vorschlag von nur einem Mitarbeiter allein gekommen sei, da die anderen sich diese Initiative zu Eigen gemacht hätten, indem sie an Diskussion und Abstimmung teilgenommen hätten.

Den Mitarbeitern war allerdings insoweit ein Fehler unterlaufen, als dass sie eine wahlberechtigte studentische Hilfskraft nicht bei der Abstimmung beteiligt hatten. Weil sie aber im Übrigen einstimmig beschlossen hatten, an der Wahl teilzunehmen war dies unschädlich. Die einfache Stimmenmehrheit reicht aus. Eine Gegenstimme hätte am Ergebnis nichts geändert.

Praxistipp: Betrieb und Betriebsteil

Die Abgrenzungen von Betrieb und Betriebsteil bzw. die Unterscheidung zu qualifizierten Betriebsteilen sorgt häufig für Schwierigkeiten und muss immer im Einzelfall erfolgen.

Indikatoren für die in einem selbstständigen Betrieb erforderliche Leitungsmacht sind beispielsweise die selbständige Befugnis zur Vornahme von Einstellungen oder Kündigungen, die Lohnbestimmungen oder zu Urlaubs- und Arbeitszeitabstimmung.

Voraussetzungen für einen qualifizierten Betriebsteil in Abgrenzung zum einfachen Betriebsteil sind mindestens fünf Beschäftigte sowie entweder eine räumlich weite Entfernung zum Hauptbetrieb oder eine Eigenständigkeit in Aufgabenbereich und Organisation. 

Qualifizierter Betriebsteil kann eigenen Betriebsrat wählen

Steht fest, dass der Standort ein qualifizierter Betriebsteil ist, steht der Weg zur Beteiligung an der Betriebsratswahl im Hauptbetrieb offen. Dabei muss überlegt werden, ob ein eigener Betriebsrat am Standort sinnvoll ist.

Für die Abstimmung unter den Beschäftigten sind die Hürden – wie die Entscheidung zeigt – nicht hoch. Aber dennoch gilt: Fehler bei dem Beschluss, die das Abstimmungsergebnis beeinflussen und sich auf die BR-Wahl auswirken, führen zur Anfechtbarkeit der Wahl. 

Wäre die Entscheidung im hiesigen Fall nicht einstimmig gefallen sondern eine knappe Sache gewesen, hätte das Vergessen der studentischen Hilfskraft zur Anfechtbarkeit der Betriebsratswahl geführt.(Dieser Artikel ist zuerst erschienen in: „AiB-Newsletter, Rechtsprechung für den Betriebsrat“ des Bund-Verlags, Ausgabe 9/2016 vom 04.05.2016.)

 

Entscheidung des Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Beschluss vom 21.01.2016 - 12 TaBV 67/14 hier im Volltext

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Im Praxistipp: § 4 Betriebsverfassungsgesetz (Betriebsteile, Kleinstbetriebe)

Rechtliche Grundlagen

§ 4 Betriebsverfassungsgesetz (Betriebsteile, Kleinstbetriebe)

§ 4 Betriebsverfassungsgesetz (Betriebsteile, Kleinstbetriebe)

(1) Betriebsteile gelten als selbständige Betriebe, wenn sie die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 erfüllen und
1. räumlich weit vom Hauptbetrieb entfernt oder
2. durch Aufgabenbereich und Organisation eigenständig sind.

Die Arbeitnehmer eines Betriebsteils, in dem kein eigener Betriebsrat besteht, können mit Stimmenmehrheit formlos beschließen, an der Wahl des Betriebsrats im Hauptbetrieb teilzunehmen; § 3 Abs. 3 Satz 2 gilt entsprechend. Die Abstimmung kann auch vom Betriebsrat des Hauptbetriebs veranlasst werden. Der Beschluss ist dem Betriebsrat des Hauptbetriebs spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit mitzuteilen. Für den Widerruf des Beschlusses gelten die Sätze 2 bis 4 entsprechend.

(2) Betriebe, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Satz 1 nicht erfüllen, sind dem Hauptbetrieb zuzuordnen.