Der Betriebsrat kann nach § 15 Abs. 2  des Tarifvertrags Vertrieb Nr. 64 der Deutschen Post AG vom 11. Juni 1999 in der Fassung vom 1. Januar 2007 nicht die Einrichtung eines Online-Zugriffs auf Leistungsdaten der Arbeitnehmer iSd. § 15 Abs. 1 TV 64 verlangen.

Die Beteiligten streiten über einen Online-Zugriff des Betriebsrats auf Leistungsdaten von Arbeitnehmern, die für die Kontrolle der Zielvereinbarungen erforderlich sind. Im Tarifvertrag Vertrieb Nr. 64 der Deutschen Post AG vom 11. Juni 1999 in der Fassung vom 1. Januar 2007 (TV 64) ist sind die Zugriffsrechte auf die gespeicherten Mitarbeiterdaten geregelt. Berechtigt ist unter anderem der Betriebsrat. Die Arbeitgeberin teilte dem Betriebsrat jeweils am Ende der Zielvereinbarungsperiode die Leistungsdaten der Arbeitnehmer durch Übermittlung eines EDV-Ausdrucks mit. Der Betriebsrat verlangte, ihm während der jeweiligen Zielvereinbarungsperioden einen Online-Zugriff auf die unmittelbaren Leistungsdaten der einzelnen Arbeitnehmer zu eröffnen oder hilfsweise ihm diese Daten in Papierform zu überlassen.
    
Der Betriebsrat hat die Auffassung vertreten, die Arbeitgeberin sei verpflichtet, ihm einen lesenden Zugriff auf die unmittelbaren Leistungsdaten der Arbeitnehmer zu gewähren. Dieser Anspruch ergebe sich aus § 15 Abs. 2 TV 64 sowie aus § 80 Abs. 2 iVm. § 2 Abs. 1 BetrVG.

Das Bundesarbeitsgericht hat entschieden, dass dem Betriebsrat kein zeitlich unbeschränkter Zugriff auf die von ihm begehrten Daten zusteht.
    
Bei § 15 TV 64 handelt es sich um eine datenschutzrechtliche Bestimmung. Die Verarbeitung der unmittelbaren Leistungsdaten dient ausschließlich der Berechnung der Höhe des variablen Entgelts. Diese Zweckbestimmung erfordert es aber nicht, dass der Betriebsrat jederzeit auf die von der Arbeitgeberin in elektronischer Form gespeicherten Daten zugreifen kann.
    
Der Anspruch auf einen in zeitlicher Hinsicht uneingeschränkten lesenden Zugriff auf die in den IT-Systemen der Arbeitgeberin gespeicherten Daten zur Berechnung des variablen Entgelts folgt auch nicht aus § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG. Der vom Betriebsrat beanspruchte Zugriff auf die unmittelbaren Leistungsdaten ist zur Sicherung seines gesetzlichen Überwachungsrechts nicht erforderlich. Dieses beschränkt sich auf ein Nachrechnen der von der Arbeitgeberin berücksichtigten Einzelparameter für die Berechnung der Höhe des vom Arbeitnehmer zu beanspruchenden variablen Entgelts. . Die Aufgabe fällt lediglich stichtagsbezogen zum Ende des Abrechnungszeitraums an und kann vom Betriebsrat auf der Grundlage des ihm von der Arbeitgeberin überlassenen schriftlichen Ausdrucks durchgeführt werden. Gründe, die darüber hinaus einen zeitlich uneingeschränkt lesenden Zugriff auf die Daten erforderlich iSd § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG machten, hatte der Betriebsrat nicht dargelegt.

Matthias Bauer:

Herrschender Rechtsauffassung nach ist die  Zielvereinbarung eine individuelle Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber, die sich als solche der Mitbestimmung entzieht. Die Betriebs- und Personalräte können ihre Mitbestimmungsrechte aber dann einfordern, wenn der Arbeitgeber eine allgemeine Reglung im Betrieb einführt (vgl. § 87 Abs. 1 Nr. 1,10 u.11 BetrVG). Enthält die Reglung Grundsätze über das Verfahren zur Zielerreichung, dann erstreckt sich die Mitbestimmung auf diese Verfahrensgrundsätze (§ 94 Abs. 2 Alt. 2 BetrVG; Stichwort Beurteilungsrichtlinien). Die Auskunftsrechte nach § 80 Abs. 2 BetrVG gelten dann darüber hinaus zur Sicherung eines für den Betriebsrat ausreichenden Informationsstands während des Verfahrens.
 
Die Besonderheit des vorliegenden Falles besteht darin, dass die Einführung und das Verfahren durch Tarifvertrag geregelt sind, welcher eventuellen Betriebsvereinbarungen vorgeht. Der Betriebsrat hat daraus abgeleitete Rechte, wie die nach § 15 TV auf die Daten für die Berechnung des Entgelts. Hier hatte das BAG zu prüfen, ob das aus dem TV abgeleitete Recht dem Betriebsrat einen ständigen digitalen Blick auf die Zahlen für die Entgeltberechnung gestattet oder der Betriebsrat das aus eigenem Recht verlangen kann.

Auf den beiden Prüfungsebenen konnte das BAG dem Begehren des Betriebsrats nicht entsprechen. Der TV ließ eine solch weitgehende Interpretation nicht zu, weil die Kontrolle durch den Betriebsrat am Ende des Abrechnungszeitraums gesichert ist und der Text keine Anhaltspunkte dafür liefert, diese Kontrolle auf  den gesamten Verfahrensablauf zu erstrecken. Zum andern betont das BAG, dass der Betriebsrat aus eigenem Informationsrecht nach § 80 BetrVG nichts herleiten kann, weil er nicht darlegen konnte, wo die besonderen Gründe dafür liegen.

Die Entscheidung lässt sich für die Fälle nutzbar machen, wo die permanente Beobachtung der Datenentwicklung während der Durchführung der Zielvereinbarungen notwendig und deshalb auch begründbar erscheint. Zu denken ist an die Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers übersteigende ausbeuterische und/oder selbstausbeuterische Tendenzen durch das vereinbarte Verfahren.